Ps 23,4
C.H.Spurgeon
,,Kein Unglück fürchte ich; denn Du bist bei mir."
Ps. 23, 4.
Siehe, wie unabhängig von allen äußeren Umständen und
Verhältnissen der Heilige Geist einen Jünger Christi machen
kann! Welch ein herrliches Licht kann in uns scheinen, wenn um
uns her alles dunkel ist! Wie sicher, wie selig, wie ruhig, wie
reich an Frieden können wir sein, wenn die Welt erzittert und
die Grundfesten der Erde sich bewegen! Ja, der Tod selbst mit
all seinen furchtbaren Schrecken ist ohnmächtig, die freudige
Stimmung eines Christenherzens zu zerstören; vielmehr ertönt die
himmlische Musik im Herzen nur umso süßer, heller und seliger,
bis die letzte Wohltat, die uns der Tod erweisen kann, uns zuteil
wird, und der irdische Gesang mit den himmlischen Chören
verschmilzt, und die zeitliche Freude sich auflöst in ewige
Wonne! O, darum laßt uns zuversichtlich hoffen auf die Macht des
hochgelobten Heiligen Geistes, der uns tröstet. Liebe Seele,
siehst du etwa Mangel und Armut voraus? Fürchte dich nicht, der
göttliche Geist kann dir in all deinem Mangel eine größere Fülle
wahrer Güter schenken, als die Reichen in ihrem Überfluß
besitzen. Du weißt nicht, was für Freuden dir zugedacht sind in
deiner Hütte, welche Gnade mit Rosen der Genügsamkeit umpflanzt.
Fühlst du, daß deine Körperkräfte mehr und mehr abnehmen.
Blickst du langen, leidensvollen Nächten und schweren
Schmerzenstagen entgegen? Ach, werde nicht traurig! Dein
Tränenlager wird dir zum Throne werden. Was weißt du doch, wie
jeder stechende Schmerz, der deinen Körper durchzuckt, zu einem
Läuterungsfeuer werden mag, das deine Schlacken verzehrt, zu
einem Strahl der Herrlichkeit, der die geheimen Falten deines
Herzens durchleuchtet? Werden deine Augen dunkel? Der Herr Jesus
will dein Licht sein. Verläßt dich dein Gehör? Der Name deines
Jesu wird deiner Seele schönster Gesang sein und seine Person
deine teuerste Wonne. Sokrates pflegte zu sagen: ,,Weise können
auch ohne Gesang glücklich sein;" aber Christen können noch
glücklicher sein als alle Weisen, wenn schon alle äußeren
Freudenquellen versiegt sind. In Dir, mein Gott, soll mein Herz
frohlocken, mag auch von außen Übels kommen, was da will! Durch
Deine Güte, o Heiliger Geist, wird mein Herz unnennbar fröhlich
sein, ob mir hienieden auch alles mangle.
Ch.Spurgeon
"Und ob ich schon wanderte im Tale des Todesschattens,
fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir." Psalm 23,4
Dieser unvergleichlich köstliche Vers ist schon an unzähligen
Sterbebetten gesungen worden und hat dazu beigetragen, das
finstere Tal licht zu machen.
Jedes Wort birgt einen Reichtum tiefer Bedeutung in sich.
"Und ob ich schon wanderte" - es ist, als beschleunige der
Gläubige seinen Schritt nicht im mindesten in Hast und
Unruhe, wenn es zum Sterben geht, sondern als setze er ganz
ruhig seine Wanderschaft an Gottes Hand fort.
Wandern bezeichnet den gemessenen Schritt einer Seele, die
ihren Weg kennt und weiß, wohin er führt. Das sterbende
Gotteskind ist nicht in Aufregung, es rennt nicht, als wäre
es in Schrecken, noch steht es still, als wollte es nicht
weiter. Es ist weder bestürzt noch beschämt, und darum
behält es den gewohnten Schritt bei. Es geht ja nur durchs
finstere Tal; wir bleiben nicht darin. Wir wandern durch die
dunkle Stunde des Todes und treten plötzlich in das helle
Licht der Unsterblichkeit. Wir sterben nicht, sondern wir
legen uns schlafen, um in der Herrlichkeit zu erwachen. Der
Tod ist nicht das Ziel, sondern der Durchgang, der zu diesem
Ziel führt.
Das Sterben wird hier ein Wandern durch ein Tal genannt. Auf
den Bergen bricht der Sturm los, aber das Tal ist der Ort
der Stille. So sind oft die letzten Tage und Stunden des
Christen die friedevollsten seines ganzen Lebens.
Es heißt auch nicht "das Tal des Todes", sondern "das Tal des
Todesschattens" - das ist uns köstlich; denn wir wissen, daß
der Tod in der Tat seinem Wesen nach abgetan und nur noch
sein Schatten übriggeblieben ist.
Es hat einmal jemand gesagt, wo Schatten sei, da müsse es
auch Licht geben. Und so ist es hier. Kein Mensch fürchtet
sich vor einem Schatten, denn ein Schatten kann niemand auch
nur einen Augenblick den Weg versperren. Der Schatten eines
Hundes kann nicht beißen; der Schatten eines Schwertes kann
nicht töten; der Schatten des Todes kann uns nicht verderben.
Darum laßt uns vor ihm keine Furcht haben!