Ps 3,4
S.Keller
Psalm 3, 4: «Ich rufe an mit meiner Stimme den Herrn,
so erhört er mich von seinem heiligen Berge.»
Unter dem Eindruck dieses Wortes muß ich nachdenken über
viele kleine und große Erfahrungen meines Lebens, wo es
mir mit meinem Gebet gerade so ergangen ist. Von meiner
Seite nichts als das Erheben meiner Stimme, d.h. das
vertrauensvolle Rufen, Klagen, Bitten, das Anrufen des Herrn,
als sähe mein Auge ihn, als müßte er mich hören. Bisweilen
kam die Erhörung fast buchstäblich, wie ich gebeten hatte,
sofort; bisweilen nach Monaten oder Jahren. Aber es kam auch
anders: es gab Gelegenheiten, wo der Verlauf sich so
gestaltete, daß ich ein ,,Nein!" herauszuhören meinte. Jetzt
galt es, sich in diese Absage zu finden und sich bis dahin
durchzukämpfen, daß man ihn auch trotz der Absage herzlich,
fröhlich lieb hatte. Kaum war dieser Friedensstand erreicht,
brach das Licht der Erhörung überraschend und beschämend
hindurch, und das Ende konnte demütiges, tief bewegtes Loben
und Danken sein. Manche Gebete wurden mir innerlich
gleichsam verboten (wie Paulus 2. Korinther 12, 9), aber
statt der Erhörung eine andere Gnade geschenkt. In ganz
seltenen Fällen der Nichterhörung kam es nach Jahren heraus,
warum die Erhörung mir schädlich gewesen wäre. So muß ich
über meinem Beten doch das Psalmwort stehen lassen: Ich rufe
- Er erhört!
Lieber Heiland, du kannst nicht anders als königlich mit
deinem Knechte umgehn, nicht anders als väterlich mit deinem
Kinde! Ich danke dir und preise dich immerdar! Amen.