2. Könige

2Kö 5,14 A.Christlieb Da stieg er ab und taufte sich im Jordan und wurde rein. 2. Könige 5, 14

Naeman ändert seinen Sinn. Es fällt ihm wie Schuppen von den Augen. Er steigt herunter von seinem Wagen. Leicht ist ihm der Entschluß nicht geworden. Wie durch dicke Mauern mußte er hindurchbrechen. Da stand sein Stolz. Eben hat er, der General, vor seinen Untergebenen getobt: So ein Unsinn! Nie steige ich in das elende Jordanwasser! Und nun - vor den Augen der gleichen Leute hübsch gehorsam hinein in den Jordan! Weiter stand wie eine Festungsmauer vor ihm der Zweifel: Alle Heilbäder haben mir nicht geholfen und nun soll dies trübe, jämmerliche Jordanwasser die unheilbare Krankheit wegnehmen? Eine dicke Festungsmauer fällt leichter als so ein Bollwerk des Zweifels. Aber - Naeman stieg ab und tauchte unter im Jordan und - wurde rein! O, der Jubel! ,,Wie konnte ich nur so ein Narr sein und zweifeln? Habt Dank, Leute, daß ihr mir gut zugeredet habt, Dank, tausend Dank!" Und dann hin zu dem Propheten, auf den er eben noch schwer geschimpft hatte, und Dank und Liebe ausgeströmt in vielen lobpreisenden Worten. - Und wir mit unserem Sündenaussatz, denen die Mauern des Hochmuts und Zweifels den Weg versperren zu der heilenden Flut, die von Golgatha fließt, laßt uns gründlich das Wörtlein studieren: ,,Da stieg er ab!" Auch wir müssen herunter von unserem Generalswagen. Was nützt uns unser guter Ruf, unsere Tüchtigkeit, unser Besitz? Unsere Sünden verdammen uns vor Gott! Menschenkunst und Kraft hilft uns nicht. Wir können nichts dazu tun, rein zu werden von unserer Sünde. Wir können aber durch Eigensinn und Unglauben alles tun, um krank und unrein zu bleiben. Darum noch einmal: Steig herab von deinem Generalswagen! Verachte nicht die demütig vorgetragene Bitte: ,,Erbarme dich über dich selber! Werde dem Wort Gottes gehorsam! Du wirst wie Naeman jubeln lernen.





C.Eichhorn Erst hinab, dann empor! (III) Da stieg Naeman ab. 2. Kön. 5, 14

Dies Absteigen vom Roß und Wagen bildet den großen Wendepunkt in der Rettungsgeschichte des Naeman. Es war zugleich ein inneres Heruntersteigen. Er war noch zu hoch droben. Darum wurde er auch unwillig, als Elisa sich anscheinend so wenig um ihn kümmerte und ihm durch einen andern sagen ließ: Tauche dich siebenmal im Jordan unter! Er hatte mehr Beachtung und ein ganz anderes Heilverfahren erwartet. Sein Hochmut lehnte sich gegen ein solches Mittel auf, das ihm ganz verächtlich und kindisch erschien. Aber eben vom Hochmut sollte er vor allem kuriert werden. Darum schickte ihm Gott das demütigende Leiden des Aussatzes, der ihn zum Abscheu für seine Umgebung machte. Darum mußte ihm eine junge Sklavin den Weg weisen. Darum kam ihm Elisa so gar nicht mit Komplimenten entgegen und wies ihm ein so demütigendes Heilmittel an.

Vom hohen Roß müssen auch wir herunter, wenn wir vom Aussatz unserer Sünde rein und heil werden wollen: vom hohen Roß, auf das uns Stand, Auszeichnungen und ehrenvolle Stellung, Geld und Besitz gesetzt haben; vom hohen Roß, auf das wir uns im Bewußtsein unserer Tüchtigkeit und Leistungen oder auch unserer Bravheit und Unbescholtenheit geschwungen haben; vom hohen Roß der Gelehrsamkeit, des Scharfsinns und wirklicher oder eingebildeter Geistesgaben. Der selbstgerechte Mensch muß zum armen Sünder werden, muß herunter von der Höhe auf die Anklage- und Schuldbank, muß in seinen Augen nichts, gar nichts werden als ein verlorener, verdammter Mensch. Der Wille, die Empfindlichkeit und Empörung über demütigende Wahrheiten, die man hört, und die schnöde Behandlung, die man erfährt, zeigen den Hochmut an. Er ist die Quelle des Zorns und der Erregung. Der Kopf, den man im Unwillen und Trotz aufsetzt, muß herunter, sonst kommt es zu keiner Erfahrung der Barmherzigkeit. Es gibt ein Zusammentreffen mit Jesu nur im Tal der Selbsterniedrigung.

Wie in den Augen Naemans das dargebotene Heilmittel sehr verächtlich war, so ist es bei dem Heilmittel, das uns jetzt angeboten wird zur Befreiung vom Aussatz der Sünde. Das Rettungsmittel des Kreuzes, die Besprengung mit dem Blute Christi war den bildungsstolzen Griechen eine Torheit, den tugendstolzen und selbstgerechten Juden ein Ärgernis. Und so ist es bis heute. Der Verbrechertod des Sohnes Gottes am Kreuz ist nur denen ein willkommenes Rettungsmittel, die sich selbst als Verbrecher erkennen, die mit Recht ans Kreuz gehören. Nur die Gedemütigten und Gebeugten, die hilflos am Boden liegen, wie jener, der unter die Mörder gefallen war, nur diese greifen begierig danach und werden durch die Wunden des Herrn Jesu heil und rein "zu derselbigen Stunde".

Naeman wurde nicht nur vom Aussatz völlig rein, er kam auch zur Erkenntnis Jehovas, des wahren Gottes, und kehrte heim, nicht mehr in heidnischer Finsternis, sondern im Licht der Wahrheit, das ihm aufgegangen war.