1Kö 11,1
J.Kroeker
Von Salomo und seinem Fall.
"Aber der König Salomo liebte viele ausländische Frauen
neben der Tochter Pharaos. Und zwar von solchen Völkern,
von welchen der Herr den Kindern Israel gesagt hatte:
Gehet nicht zu ihnen." 1.Kön. 11,1 f.
Simson ging einst an einer Delila zugrunde, an deren Busen
er das Geheimnis seiner Kraft verriet. Zur gegebenen Stunde
schor sie ihm seine Locken und gab ihn den Feinden preis.
Delilas Freundschaft kann nur mit schwersten Opfern erkauft
werden und endet immer mit einem Verrat.
Auch Salomo hatte seine Delila. Die seinige unterschied
sich von der Simsons nur darin, dass sie ein ganzer
Harem von Frauen darstellte. Hier verlor Salomo seine
religiös-moralische Kraft und das Opfer seiner falschen Liebe
war das israelitische Volk. Es gibt auch im Staatsleben
Liebschaften und Geistesehen, die in ihren Folgen für das
gesamte Volk ungemein hart sein können. Und in Salomos
Staatsaufbau gab es trotz seiner Genialität manche solche
Liebschaften, die ihm und seinem Volke zum Fallstrick werden
mussten.
Als berufenes Gottesvolk, dem allein die Gottesherrschaft
auch sein staatliches Leben geben und erhalten konnte, stand
Israel dauernd vor einer Entscheidung. Entweder erwählte es
das Königtum der anderen Völker und schuf sich damit seinen
Untergang, oder es entschied sich für die Herrschaft Gottes
und erfüllte unter derselben seine ihm gewordene Weltmission.
Israel konnte mithin durch die Erfüllung seiner Berufung von
Fall zu Fall seine Auferstehung erleben, oder es musste an
der Nichterfüllung derselben zerbrechen.
Bei allem glanzvollen Aufstieg und bei der erfolgreichen
Außen- und Handelspolitik wirft die biblische Überlieferung
nun ein helles Licht in Salomos Privat- und Hofleben: "Aber
der König liebte viele ausländische Frauen neben der Tochter
Pharaos." "An diesen hing Salomo mit Liebe."
War manche Tochter eines fremden Fürsten auch von Salomo
mit politischer Berechnung und zur Befestigung der eigenen
Machtstellung genommen worden, eines Tages stand die
ausländische Welt mit ihrer unterdrückten Feindschaft nicht
mehr an den Grenzen, sie stand im Zentrum des staatlichen
Lebens. Denn jede fremde Prinzessin brachte auch den Kult
ihrer Landesgottheit mit. So entstand allmählich neben dem
Tempel Gottes auf dem Berge Zion, auf dem gegenüberliegenden
Ölberg, eine ganze Kolonie fremder Götzentempel. Hier
huldigten nicht nur die ausländischen Frauen ihren
Landesgottheiten, sondern ihrem Beispiel folgten auch alle
fremden Arbeiter und Händler, die dauernd oder vorübergehend
in Jerusalem lebten. Dadurch wurde aber der Götzendienst der
Nachbarvölker in die Stadt Gottes getragen. Als aber erst
das Volk in seinem Leben Raum für die Götter der Heiden
hatte, da teilte es eines Tages auch das Gericht dieser
Götter.