1. Könige

1Kö 8,22 J.Kroeker Von der Erkenntnis Gottes.

"Salomo trat vor den Altar des Herrn angesichts der ganzen Gemeinde Israels und breitete seine Hände aus gen Himmel und sprach: Herr Gott Israels: Dir, o Gott ist niemand gleich, weder oben im Himmel noch unten auf Erden, der Du den Bund und die Gnade bewahrst Deinen Knechten, die vor Dir wandeln ... Aber wohnst Du, Gott, wirklich auf Erden? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können Dich nicht fassen, wie sollte es denn dieses Haus tun, das ich gebaut habe?" 1.Kön. 8,22-27.

Es war nicht nur einst in Israel so, sondern auch in der Geschichte der Kirche Jesu Christi, dass es Augenblicke im Erleben des Volkes gab, in denen man sich über sich selbst hinausgehoben sah und Worte der Anbetung, der Hingabe, der Glaubenszuversicht und der Heilsperspektiven fand, wie man sie in gewöhnlicher Stunde nie gefunden hätte. Den Eindruck gewinnt man auch bei Salomos Weihgebet.

In dieser Anbetung kam selten stark zum Ausdruck, wie auch Salomo alles Heil für sich und sein Volk allein von Gott erwartete. Dieses zeugt auch die herzbewegende Bitte und die umfassende Fürbitte, die er unmittelbar mit seiner Anbetung verband.

Wahrlich, es ist in der Geschichte wohl kaum ein zweites Heiligtum mit solch einer Innigkeit, Anbetung und Glaubenssprache geweiht worden wie der salomonische Tempel zu Jerusalem. Auf dieser geistlichen Grundlage musste er als Offenbarungsstätte des lebendigen Gottes jener einzige Mittelpunkt des ganzen religiösen Lebens in Israel werden, durch welchen das Volk sich in Zukunft auch in den schwersten Weltstürmen verbunden sah. Aber auch dieses Heiligtum zerfiel, als das Volk als solch es erst aufhörte, das eigentliche lebendige Heiligtum zu sein. Bereits Jesus bezeichnete es als eine Mördergrube und reinigte das Bethaus seines Vaters vom Krämergeist seines Volkes. Gottes Herrlichkeit zeltet nicht in Tempeln mit Händen gemacht, sondern allein in einem Volke, das in seiner Glaubenshingabe Raum für seine Gegenwart hat.

Anstatt dass Salomo später in seinem Leben seine glänzende Stellung ausnützte, um Gottes Offenbarung und dessen Altäre unter die Nachbarvölker zu tragen, da trugen die Völker durch ihre Prinzessinnen die Altäre ihrer Gottheiten mitten in das Herz des öffentlichen und zentralen Lebens Israels. Es war mithin damals so, wie es auch gegenwärtig im Zeitalter der Kirche Christi ist: Entweder erschließt die Kirche durch ihre Botschaft sich die Welt und zieht sie mit in ihre Offenbarung und in ihr Heil hinein, oder sie erschließt sich der Welt und diese zieht sie durch ihre Propaganda in ihre heidnische Frömmigkeit und ihre mythische Gottesvorstellung hinein. Und auf manchen Kathedern und manchen Kanzeln der christlichen Jahrhunderte loderte nicht nur das Feuer des Herrn, sondern opferte man auch den Götzen modernen Heidentums.