1. Samuel

1Sam 18,10 J.Kroeker Von Saul und seinem Fall.

"Am folgenden Tage geriet der böse Geist von Gott über Saul und er schoss den Spieß und gedachte: Ich will David an die Wand spießen. David aber wich zweimal vor ihm aus." 1.Sam. 18,10 f.

Das war der erste offene Durchbruch der Feindschaft Sauls. Zunächst scheute Saul noch das Licht der Öffentlichkeit. Denn unmöglich konnte er sich vor der Öffentlichkeit die Blöße geben, dass er David hasse, während doch das ganze Volk ihn segnete. "Denn ganz Juda und Israel hatte David lieb." Allein die Gegenwart des Geistes wird dem Fleische immer unerträglicher werden. Auch Saul konnte auf die Dauer in seiner nächsten Umgebung den David nicht gut ertragen. Er setzte ihn daher zum Fürsten über tausend Mann und sprach zu ihm: "Sei nur tapfer und führe des Herrn Kriege!" Saul gedachte aber: "Meine Hand soll nicht an ihm sein, sondern die Hand der Philister."

Das ist die Falschheit Verworfener: sie heucheln Liebe und hassen doch bis zum Tod! Sie sprechen die Sprache eines Engels und nähren doch in ihrer Seele das Gift Belials. Sie erhöhen die Träger neuen Lebens, weil sie in dieser Erhöhung einen kommenden Zusammenbruch von deren Kraft erhoffen. Wäre David tatsächlich in einem der späteren Philisterkämpfe gefallen, dann hätte nie ein Mensch die Hässlichkeit der Seele Sauls zu sehen bekommen. Vielmehr hätte man den Eindruck gehabt, als ob auch Saul sich völlig eins gewusst hätte mit David, dem Träger jenes neuen Lebens, das dem Volke mit reinem Herzen diente. Allein, wenn auch der König lange versuchte, sein eigentliches Wesen zu verbergen, er konnte nicht dauernd verdecken, was er in Wirklichkeit bereits war. Es kam doch die Stunde, wo nicht nur in seinen Blicken zu lesen, sondern auch in seinen Handlungen zu erkennen war, welch tödlicher Hass seine Seele gegen David füllte.

Nie ist aber jemand innerlich fürs Gericht ausgereift, der nicht auf dem Wege zum Gericht die warnende Stimme Gottes gehört hätte. Auch Saul hörte sie in der Stimme seines Sohnes Jonathan. Denn Jonathan sah klarer als sein Vater und urteilte selbstloser, als Saul es zu tun vermochte. "Und Jonathan redete das Beste von David mit seinem Vater Saul und sprach zu ihm: Es versündige sich der König nicht an seinem Knechte David." Zwar hatte es danach den Anschein, als ob auch Saul jede Feindschaft in seiner Seele überwunden hätte. Saul bot David seine Tochter zur Frau an. Allein dieses Angebot ward bereits getragen von unlauteren Beweggründen. Es wurde von Saul gemacht, nicht weil er David liebte, er hoffte vielmehr, dass David bei der Einbringung der von ihm verlangten Morgengabe durch die Hand der Philister würde geschlagen werden. Geheuchelte Freundschaft muss aber immer zu offener Feindschaft führen.