Rt 1,14
C.H.Spurgeon
,,Arpa küßte ihre Schwieger, Ruth aber blieb bei ihr."
Ruth 1, 14.
Beide Schwiegertöchter waren von Liebe zu Naemi erfüllt, und
machten sich darum mit ihr auf den Weg, als sie ins Land Juda
zurückkehrte. Aber es kam die Stunde der Prüfung und
Entscheidung; Naemi stellte jeder von ihnen höchst uneigennützig
alle die Nöten vor, die ihrer warteten, und bat sie, umzukehren
in ihrer Mutter Haus und zu ihrer Freundschaft, damit ihnen dort
ein neues, liebliches Los erblühen könnte. Zuerst erklärten
beide, sie wollten mit ihr zu ihrem Volke gehen und ihr Los
teilen; aber auf fernere Vorstellungen hin verließ Arpa
schmerzlich bewegt und mit ehrerbietigem Abschiedskuß ihre
Schwiegermutter, ihr Volk, ihren Gott, während Ruth sich von
ganzem Herzen dem Gott ihrer Schwiegermutter zu eigen gab. Es
ist etwas andres, die Wege des Herrn zu lieben, wenn sie
gemächlich durch liebliche Gefilde führen, und etwas andres,
mitten unter Leiden und entmutigenden Schwierigkeiten auf dem
Pfad der Frommen auszuharren. Der ehrerbietige Kuß des
äußerlichen Bekenntnisses ist wohlfeil und leicht, aber das
treue Festhalten am Herrn, das sich im heiligen Ernst für
Wahrheit und Heiligkeit bewähren muß, ist keine so geringfügige
Sache. Wie steht's in dieser Hinsicht mit uns? Ist unser Herz
auf Jesum gerichtet, ist unser Opfer mit Seilen unsrer Liebe an
die Hörner des Altars befestigt? Haben wir die Kosten
überschlagen, und sind wir ernstlich bereit, um des Meisters
willen einen irdischen Verlust auf uns zu nehmen? Die Belohnung,
die nachher folgt, ist ein unermeßlicher Gewinn, denn die
Schätze Ägyptens können den Vergleich mit der Herrlichkeit nicht
aushalten, die hernach an uns soll offenbar werden. Von Arpa
verlautet nichts mehr; in bequemer Ruhe und götzendienerischer
Freude welkt ihr Leben dahin in den Tod; Ruth aber lebt fort in
der heiligen Geschichte und im Himmel, denn die Gnade hat sie
eingepflanzt in den edlen Stammbaum, aus dem der König der
Könige entsproßte. Selig sind unter den Weibern, die um Christi
willen allem entsagen können; aber vergessen und ärger als
vergessen sollen die sein, die in der Stunde der Versuchung
ihrem Gewissen Gewalt antun und umkehren zur Lust dieser Welt.
Begnügen wir uns doch nie mit dem bloßen Kuß der äußerlichen
Andacht, sondern möge der Heilige Geist in uns also wirken, daß
wir von ganzem Herzen unserm Herrn und Heiland anhangen.