Ri 10,10
A.Christlieb
Unlautere Beter
»Da schrien die Kinder Israel zu dem Herrn und sprachen: Wir
haben an dir gesündigt; denn wir haben unsern Gott verlassen
und den Baalim gedient. Aber der Herr sprach zu den Kindern
Israel: Haben euch nicht auch gezwungen die Ägypter, die
Amoriter, die Kinder Ammon, die Philister, die Sidonier, die
Amalekiter und Maoniter, und ich half euch aus ihren Händen,
da ihr zu mir schriet? Und doch habt ihr mich verlassen und
andern Göttern gedient; darum will ich euch nicht mehr
helfen. Geht hin und schreit die Götter an, die ihr erwählt
habt; laßt euch dieselben helfen zur Zeit eurer Trübsal.
Aber die Kinder Israel sprachen zu dem Herrn: Wir haben
gesündigt, mache es nur du mit uns, wie dir's gefällt; allein
errette uns zu dieser Zeit. Und sie taten von sich die
fremden Götter und dienten dem Herrn. Und es jammerte ihn,
daß Israel so geplagt ward« (Richt. 10, 10-16).
Hier können wir einen Blick in die Tücke des menschlichen
Herzens tun. Israel rief Gott an um Errettung aus dem schon
achtzehn Jahre dauernden Druck von seiten der Philister und
Ammoniter. Ja, noch mehr: Israel beugte sich und bekannte,
daß es an Gott gesündigt habe. Es nannte offen seine Sünde,
den Baalsdienst (V. 10).
Da hätte jeder denken können: Das sind doch wahrhaft
bußfertige Leute! Über die sollte Gott sich erbarmen!
Denen sollte er doch gleich aus der Not helfen!
Aber was zeigt der folgende Abschnitt des Textes? Er zeigt,
daß das Israel, das so schön zu beten verstand, das seine
Sünde so wehmütig bekennen konnte, daß gerade dieses Israel
bei all seinem Beten und Bekennen seine fremden Götter ruhig
stehen ließ. Erst als man sah, daß solches Beten nicht half,
daß Gott alles Klagen und Jammern über die Sünde nicht
achtete, da erst ging man einen Schritt weiter, tat die
fremden Götter weg und diente dem lebendigen Gott. Jetzt
wurde das Gebet erhört (V.16).
Diese Geschichte wiederholt sich oft mitten in der
Christenheit. Wie manches Herz ist bereit zu weinen und zu
flehen, mit dem Mund Sünden zu bekennen - aber noch nicht
bereit, die fremden Götter wegzutun! Solche Leute gleichen
den Juden zu Gideons Zeiten, die wegen der Midianiter zu Gott
schrien, aber rasend wurden vor Wut, als Gideon ihnen des
Nachts ihre Götzen umwarf (Richter 6, 25-32).
Wenn Gott unsere Gebete nicht erhört, dann laßt uns prüfen,
ob wir nicht Hindernisse wegzuschaffen haben, um deretwillen
Gott mit seiner Hilfe zurückhält!