Ri 6,24
S.Keller
Richter 6, 24: «Der Herr ist der Friede.»
Ja, aber wir sind der Streit! Das ist die stets wieder
demütigende Erkenntnis, daß unsere Streitsucht das
Gegengewicht gegen seine Friedensabsichten bildete. Wie
anders hätte unser Leben und Arbeiten verlaufen können, wenn
keine andere Kraft sich darin durchgesetzt hätte als der
starke Friede, der in der Person Jesu zu uns kam. So aber
schuf unsere Selbstsucht, unsere Empfindlichkeit, unsere
Eitelkeit für den Umgang mit andern Menschen stets wieder
neue Reibeflächen, an denen sich der Arger oder Zorn
entzünden konnte. Jesus kam immer wieder, wenn wir müde und
nervös, wie heißgelaufene Maschinen, nicht mehr weiter
konnten, vergab das Unrecht, besänftigte die Glut, schenkte
neue Friedenstropfen, die zwischen die heißen Räder
geträufelt, lindernd wirkten, aber wir müssen uns doch
schämen, daß so viel Schwung und Kraft seiner Hilfe zuerst
verbraucht werden mußte, um unsern Schaden wett zu machen.
Hätten wir alles, was er gab, gleich zur Ausbreitung seines
Reiches benutzen können - gleich dem Strahl seines Friedens
auf die friedlose Welt verwenden können - wie viel reicher
und gesegneter wäre unsere Arbeit gewesen! Wann wird's
heißen: Ihr seid der Friede?
Darum bitten wir dich, Herr Jesu, vergib uns unsere
Streitsucht und reiße die alten bittern Wurzeln aus dem
Untergrund unseres Wesens heraus, daß der Feind an uns nichts
mehr zu entzünden finden kann. Hülle uns in deinen Frieden
wie in ein Feierkleid! Amen.