Jos 7,6
A.Christlieb
Josuas Gebet bei Ai
»Josua aber zerriß seine Kleider und fiel auf sein Angesicht
zur Erde vor der Lade des Herrn bis auf den Abend, samt den
Ältesten Israels, und sie warfen Staub auf ihre Häupter. Und
Josua sprach: ,,Ach Herr Herr, warum hast du dies Volk über
den Jordan geführt, daß du uns in die Hände der Amoriter
gäbest, uns umzubringen? O, daß wir es uns hätten gefallen
lassen, jenseits des Jordan zu bleiben! Ach, mein Herr, was
soll ich sagen, weil Israel seinen Feinden den Rücken kehrt?
Wenn das die Kanaaniter und alle Einwohner des Landes hören,
so werden sie uns umbringen und auch unsern Namen ausrotten
von der Erde. Was willst du denn für deinen großen Namen
tun?« (Jos. 7, 6-9).
Als Israel bei Ai geschlagen war, wählte Josua das richtige
Mittel, um die Niederlage wieder wettzumachen. Mit den
Ältesten des Volkes vereinigt, beugte er sich in den Staub,
um im gemeinsamen, demütigen, anhaltenden Gebet von Gott
Hilfe zu erlangen.
Wenn wir den Inhalt von Josuas Gebet näher betrachten, so
finden wir, daß er drei Stützpunkte hat für den Glauben, er
dürfe im Gebet fernere Niederlagen abwenden.
1. Die Niederlage widersprach der Führung Gottes
»Ach, Herr, warum hast du dies Volk über den Jordan geführt?«
So lautet die Frage, die Josua Gott vorlegt. Er will damit
sagen: Es ist unmöglich, daß eine klare, göttliche Leitung
in bleibendes Unglück hinein führt.
Das ist für Josua eine wichtige Handhabe. Er weiß: Gott
hat uns über den Jordan geführt. In seinem Namen haben wir
dieses Land betreten. Sollte es nun möglich sein, daß die
göttliche Führung sich als falsch erweist? Nimmermehr!
Darum darf Josua beten um Abwendung weiterer Niederlagen;
denn der Sieg der Feinde stände im klaren Gegensatz zur
göttlichen Führung.
2. Die Niederlage widersprach dem Wort Gottes
Josua betet: »Ach, mein Herr, was soll ich sagen, weil Israel
seinen Feinden den Rücken kehrt?« Josua sieht als weitere
Folge der Schlappe bei Ai die Vernichtung Israels durch die
Feinde. Das aber widerspricht dem Wort, das Gott ihm gegeben
hatte. Wenn Josua dieses Wort Gottes auch nicht ausdrücklich
nennt, so liegt doch in der ganzen Frage das eine: Wie reimt
sich dieser Sieg der Feinde mit der mir gegebenen Verheißung,
daß mir niemand widerstehen soll (Jos. 1, 5)?
Josua hält glaubend fest an der Verheißung Gottes, die
ihm das Land Kanaan zugesagt hatte. Als nun ein Ereignis
eintritt, das in Widerspruch mit dem göttlichen Versprechen
zu stehen scheint, bleibt er liegen vor Gott, bis dieser
Widerspruch gelöst ist.
3. Die Niederlage stand im Widerspruch zur Ehre Gottes
Das liegt in Josuas Schlußsatz: »Was willst du denn für
deinen großen Namen tun?« Hier bringt der Beter eine Sache
vor, mit der er zum Ziel kommt. Er sagt gleichsam: »Es ist
doch unmöglich, daß du, Gott, deinen großen Namen durch eine
Niederlage Israels unter den Völkern Kanaans zum Gespött
machen läßt. Deine Ehre, o Gott, macht eine Änderung dieser
ungünstigen Kriegslage unbedingt nötig.«
So haben wir in diesem Gebet Josuas drei Antworten auf die
Frage: Welche Zustände dürfen wir aufgrund der Schrift im
Glauben wegbeten?
Antwort: Alles, was in offenbarem Widerspruch zu Gottes
deutlicher Leitung, zu Gottes klarem Wort und zu Gottes Ehre
steht. Was diesen Stücken entgegensteht, das dürfen wir in
trotzigem Glauben fortbeten, sei es, was es sei.