Jos 2,21
C.H.Spurgeon
,,Sie knüpfte das rote Seil ins Fenster."
Jos. 2, 21.
Rahab verließ sich wegen ihrer und ihres Hauses Errettung auf
das Versprechen der Kundschafter, welche sie als Gesandte des
Gottes Israel betrachtete. Ihr Glaube war einfältig und fest,
aber er war gehorsam. Das rote Seil ans Fenster zu befestigen,
war an und für sich eine sehr gleichgültige Sache, aber Rahab
wagt es nicht, dies zu unterlassen. Komm, meine Seele, und lerne
hier etwas. Bist du recht achtsam gewesen auf deines Herrn
ganzen Willen, selbst wenn etliche Gebote dir unwesentlich
erscheinen sollten? Hast du allezeit die tiefe Bedeutung der
beiden von Gott geordneten Sakramente, Taufe und Abendmahl, vor
Augen und im Herzen, und bleibst du in dem, was sie dir als
Gottes Willen bezeugen? Wenn du hierin gleichgültig bist, dann
urteile, wieviel liebloser Ungehorsam noch in deinem Herzen
wohnt. Darum tut Fleiß, daß ihr forthin unsträflich erfunden
werdet in allem, was euch befohlen ist, und wär's auch nur das
Anbinden eines roten Fadens.
Diese Tat der Rahab stellt uns eine noch weit wichtigere Lehre
vor Augen. Habe ich ganz und gar mein Vertrauen auf das teure
Blut Jesu gesetzt? Habe ich das rote Seil mit einem
unauflöslichen Knoten in meinem Fenster festgeknüpft, so daß
mein Vertrauen nimmer wanken kann? Oder kann ich hinausschauen
auf das Tote Meer meiner Sünden, oder auf das Jerusalem meiner
Hoffnung, ohne daß ich das Blut und seine Segensmacht an allem,
was damit in Berührung kommt, vor Augen habe? Der Vorübergehende
muß ein Seil von so auffallender Färbung notwendig bemerken,
wenn es im Fenster hängt; und so wird's gut sein, wenn mein
Leben die Kraft des Versöhnungsbluts allen, die auf mich sehen,
recht sichtbar zeigt. Was ist sich hier zu schämen? Menschen
oder Teufel sollen darüber zischen, so bleibt dennoch dies Blut
mein Rühmen und mein Reigen. Meine Seele, es ist Einer, der
sieht dies rote Seil, auch wenn dein schwaches Glaubensauge es
nicht erkennt; Jehovah der Rächer sieht es, und gehet vor dir
vorüber. Jerichos Mauern fielen; das Haus der Rahab war in der
Mauer, aber es blieb unerschüttert; meine Natur ist mit in die
Mauer der Menschheit verbaut; aber wenn auch das Verderben über
dies Geschlecht hereinbricht, so werde ich dennoch geborgen sein.
Meine Seele, knüpfe die rote Schnur aufs neue ins Fenster, so
wird die Zerstörung an dir vorübergehen und du wirst im Frieden
wohnen.
A.Christlieb
Und Rahab knüpfte das rote Seil an das Fenster. Josua 2, 21
An einem roten Seil hatte Rahab die Kundschafter über die
Mauer gelassen. Die beiden Männer hatten ihr geschworen,
sie soll samt ihrer ganzen Familie im Haus verschont werden,
unter der Bedingung, daß das rote Seil weithin sichtbar von
ihrem Haus herabhing. Würde das Seil fehlen, dann wollten
sie ihres Eides entbunden sein. Rahab hatte nichts Eiligeres
zu tun, als sofort das rote Seil an ihr Fenster zu knüpfen.
Nie wäre es ihr in den Sinn gekommen, damit zu warten, bis
etwa die Israeliten vor den Toren der Festung stünden. - Wir
armen Menschen gehen einem Tag des Gerichtes entgegen, der
alles in Trümmer legen wird, worauf Menschen sich verlassen.
Im Zorngericht des heiligen Gottes werden auch die
Granitfelsen der eigenen Bravheit, Frömmigkeit und
Gerechtigkeit vergehen wie Sandhaufen, in welche eine
Wasserflut hineinfährt. Nur eins rettet uns im letzten
Gericht: Christi Blutgerechtigkeit! Sie ist für uns, was
das rote Seil für Rahab war. Wir dürfen uns nicht erst
in der Todesstunde darum kümmern, ob dies Geheimnis der
rettenden Gnade Gottes unlösbar mit uns verbunden ist. Der
württembergische Katechismus hat als erste Frage: Was soll
eines jeden Menschen hier auf Erden vornehmste Sorge sein?
Antwort: Daß er möge haben eine gewisse Hoffnung des ewigen
Lebens. - Ja, das ist recht. Alles andere wird zuletzt
bedeutungslos. Was nützten den festesten Palästen in Jericho
ihre Fundamente aus Quadersteinen? Das ,,rote Seil" fehlte.
Sie wurden zerstört, und ihre Bewohner büßten ihr Leben ein.
So gibt es auch für uns am Tage des Zornes keine andere
Rettung als die eine, daß die von Gott selber uns
zugesprochene Gerechtigkeit Jesu Christi so unauflösbar mit
uns verbunden ist, wie das rote Seil fest an dem Fenster der
Rahab angeknüpft war.