Jos 2,9
C.H.Spurgeon
,,Und Rahab sprach zu ihnen: Ich weiß, daß der HErr euch das
Land gegeben hat." Jos. 2, 9.
Der Glaube der Rahab war ein hoher und besonderer Glaube. Die
Stadt Jericho sollte angegriffen werden; in ihren Mauern war
eine Masse von Menschen aller Alters- und Rangstufen. Sie
wußten wohl, daß sie bei Erstürmung der Stadt getötet werden
sollten; und doch - sonderbar genug - da war nicht einer, der
seine Sünde bereute oder um Gnade bat, außer der Hure Rahab.
Sie, und sie allein, wurde gerettet, als die einzige unter der
großen Menge. Nun ist es etwas Leichtes, so zu glauben, wie
alle Welt glaubt, aber es ist eine schwere Sache, etwas allein
zu glauben, was niemand sonst glaubt und woran niemand sonst
denkt, es ist schwer, allein eine gerechte Sache zu
verteidigen, während der Feind Tausende zu seinen Streitern
zählt. Nun, genau so war es bei dem Glauben der Rahab: Sie
hatte nicht einen einzigen, der fühlte wie sie, und der glaubte
wie sie. Sie stand ganz allein.
Gewiß, es ist eine edle Sache, wenn einer allein der Wahrheit
nachfolgt, die allgemein verachtet wird. Es hat Zeiten gegeben,
wo die alte Welt Ströme von Schmach und Lästerung über solche
Wahrheitszeugen ergossen hat. Sie schwammen allein gegen den
Strom und wurden durch Gnade stark in der Schwachheit; sie
behaupteten ihren Grund, bis der Strom sich wandte und bis sie
durch den Erfolg Preis und Ehre erhielten gerade von denen,
welche sie vorher verspottet hatten. Die Welt hat nachher
solche Leute "Groß" genannt. Aber worin bestand ihre Größe?
Darin, daß sie im Sturm ebensofest standen wie im ruhigen
Wetter. Darin, daß sie allein ebensogerne Gott dienten, wie
wenn Tausende ihnen nachfolgten.
Um gut zu werden, muß man ein Sonderling sein. Christen müssen
gegen den Strom schwimmen. Tote Fische schwimmen immer mit dem
Strom, aber lebende Fische nehmen ihren Weg gegen den Strom.
Die Weltreligion handelt immer, wie jedermann handelt. Aber ein
wahrer und entschiedener Christ handelt den Weltgrundsätzen
entgegen, er steht allein, wie Elias, wenn er sagte: "Ich bin
allein übriggeblieben, und sie stehen mir nach meinem Leben."
Ein wahrer Christ, obgleich allein und ein Sonderling, muß sich
in der Wahrheit so stark fühlen, wie wenn er tausend Zeugen auf
seiner Seite hätte. O, wie viele Menschen fürchten sich vor
ihren Brüdern und Schwestern und Nachbarn und Freunden, und
wollen nicht von den hergebrachten Welt-Sitten und Gebräuchen
abweichen, die doch der Wahrheit des Evangeliums zuwider sind.
Sie wollen ihr Leben erhalten, werden es aber bei Gott
verlieren. Seht den Glauben der Rahab an. Sie war eine große
Sünderin, sie stand allein unter der großen Sündermasse, aber
sie glaubte an den Namen des Herrn, und deswegen ging sie nicht
zugrunde mit den Ungläubigen.