5Mo 34,8
A.Christlieb
Und die Kinder Israel beweinten Mose im Gefilde der Moabiter
dreißig Tage. 5. Mose 34, 8
Als einst die gottlose Königin Athalja tot war, ,,f r e u t e
sich alles Volk im Lande". Wie betrüblich, wenn ein Mensch
so lebt, daß alles erleichtert aufatmet, wenn er endlich tot
ist. Bei Moses Abscheiden finden wir das Gegenteil. Das
ganze Volk beweint seinen Verlust dreißig Tage lang. Bei
Samuels Ende heißt es (1. Sam. 25, 1): ,,Das ganze Israel
trug Leid um ihn". Bei Josias Begräbnis (2. Chron. 35, 24)
lesen wir: ,,Ganz Juda und Jerusalem trugen Leid um Josia".
Den Stephanus bestatteten gottesfürchtige Männer und
hielten eine große Klage über ihn" (Apg. 8, 2). -
Manchen Gottesknechten ergeht es so, daß sie bei Lebzeiten
von vielen verkannt und oft getadelt, nach ihrem Heimgang
aber beweint und von allen anerkannt werden. Es geht ihnen
nach dem Wort Sprüche 20, 14: ,,Böse, böse spricht man, wenn
man's hat; aber wenn's weg ist, so rühmet man es dann". Dem
Gottesmanne Moses ist es auch oft ähnlich ergangen. Man
hätte manchem Israeliten, der sich an der dreißigtägigen
Trauerfeier eifrig beteiligte, den Vorwurf machen können,
er hätte besser dem Mose bei Lebzeiten seine Wertschätzung
beweisen sollen. - Israel hat jedenfalls alle Ursache
gehabt, Moses Verlust zu beweinen. Mit ihm hatte es einen
treuen Beter, ein priesterliches Herz verloren. Wie oft war
er fürbittend eingetreten für das von Gottes Zorn bedrohte
Volk. Wie selbstlos hatte er sich um das wahre Wohl Israels
bemüht. - Manchmal wird in einer Familie, einem Dorf, einer
Gemeinschaft oder einer Gemeinde alles anders, wenn ein
treuer Beter gestorben ist. - Der Volksmund sagt: ,,Als du
geboren wurdest, da hast du geweint, die andern haben sich
gefreut. Nun sorge, wenn du einst stirbst, du dich kannst
freuen, und die andern weinen." Bei Mose ist es so gewesen.