5Mo 32,29
Ch.Spurgeon
"Wenn sie weise wären, so würden sie das beherzigen, sie
würden an ihr Ende denken." 5. Mose 32,29
Der Mensch denkt nicht gern an den Tod. Leichentuch, Bahre
und Grab sucht er sich stets aus dem Bewußtsein zu verbannen.
Wenn er könnte, so würde er am liebsten immer auf der Erde
bleiben. Aber weil das nicht möglich ist, so hält er alles,
was ihn an das Sterben erinnern könnte, so weit wie möglich
von sich fern. Aber es gibt keinen so wichtigen Gegenstand,
an den man zugleich so wenig denkt. Ein bekanntes Wort
drückt unsere Gedanken in dieser Beziehung sehr treffend aus:
"Man muß leben." Wenn wir aber weiser wären, so würden wir
sagen: "Man muß sterben."
Die alten Ägypter waren weiser als wir. Wir lesen von ihnen,
daß bei jedem ihrer Feste ein ganz ungewöhnlicher Gast den
Ehrenplatz an ihrer Tafel einnahm. Er aß nicht, er trank
nicht, er redete nicht, er war dicht verhüllt. Es war ein
Totengerippe, das sie als Mahnung dort hingesetzt hatten.
Sie wollten auch bei ihren Feiern nie vergessen, daß es mit
ihnen einmal zu Ende ginge.
Eine ernste Betrachtung über den Tod würde für unsere Seelen
sehr heilsam sein. Sie würde jenes Feuer der Habsucht, jenes
Fieber des Geizes abkühlen, das sich immer nur nach
Reichtümern sehnt und die Hände danach ausstreckt.
Vielleicht würde es uns veranlassen, unsere Liebe höheren
Gütern zuzuwenden und nicht den verweslichen Scheingütern
dieser Welt. Jedenfalls würden uns Gedanken an den Tod bei
der Versuchung zur Sünde oft heilsam erschrecken. Wenn wir
die Sünde beim Schein der Totengräberlaterne betrachteten,
so könnten wir die Hohlheit der sündigen Vergnügungen und
die Leere der weltlichen Eitelkeit deutlicher erkennen.
Möge der Heilige Geist eure Gedanken mehr auf das Ende aller
Dinge lenken. Möge er euch zum Grab führen, damit ihr dort
das Ende aller irdischen Hoffnungen, aller weltlichen Pracht
und alles zeitlichen Glanzes erblickt. Gewiß würden wir von
manchem Bösen abstehen, wenn wir daran dächten, daß wir alle
einst vor dem Richterstuhl Christi erscheinen müssen.