5Mo 32,18
J.Kroeker
Von Israel und seinem Fall.
"Den Fels, der dich, Israel, gezeugt hat, ließest du außer
Acht, und du vergaßest des Gottes, der dich gemacht hat.
Und als es der Herr sah, verwarf Er sie, und sprach: Ich
will Mein Angesicht vor ihnen verbergen." 5.Mose 32,18 f.
Selten klar und scharf war Gottes Botschaft an Pharao
gewesen: "Mein Sohn, mein Erstgeborener ist Israel ... Gib
nun meinen Sohn frei, dass er Mir diene!" Keine Weltmacht,
auch nicht Ägypten, hatte einen Rechtsanspruch auf Israels
Stämme und Geschlechter. Es gab nur einen, der auf Israels
Liebe und Hingabe, auf Israels Leben und Dienst rechtlichen
Anspruch erheben durfte. Dieser eine war Israels Schöpfer
und Retter. In seiner Verblendung wendet Israel dieses Recht
aber den Fremden zu. Es huldigt in seinen Opfern Dämonen,
Nichtgöttern und Gottheiten, die in den abscheulichsten
Ausschweifungen ihre höchste Verehrung sahen und damit an
ihren Heiligtümern die Pflege der niedrigsten Sinnlichkeit
kanonisierten.
Diesen Abfall "sah der Herr und wandte sich wegwerfend ab vor
Verdruss vor seinen Söhnen und Töchtern. Er sagte: Ich will
ihnen mein Angesicht verbergen; will sehen, was ihr Ende sein
wird." Wer erst der Natur und ihren Gütern huldigt, hört auf,
ein Herr aller Dinge zu sein. Er wird zum Sklaven ihres
Wechsels und ihrer Launen. Und wenn Gottes Eigentumsvolk,
seine prophetische Mission verleugnend, erst buhlerisch zu
den Völkern geht, und sich um den Preis seiner Berufung und
Erwählung verschenkt, dann sieht es sich in alle Kämpfe,
Katastrophen und Gerichte der Völkerwelt hineingezogen. Es
wird blind dafür, dass sowohl das Versagen der Erde, das
Auftreten der Seuchen, das Hinweggerafftwerden durch Hunger
und Krankheit, als auch die Leidenschaften der Völker, die
Machtgelüste der Starken und das Wüten der Feinde Pfeile in
der Hand Gottes sind, durch die es verwundet und heimgesucht
wird. Alles entwickelt sich so nach natürlichen Gesetzen,
alles ergibt sich so aus dem Zusammenhang der Dinge und der
Geschichte, alles kommt so plötzlich und überraschend, dass
man hinter all dem entsetzlichen Geschehen nicht mehr die
richtende und heimsuchende Hand des Retters sieht. Aus
Furcht vor dem Kommenden und unter dem Druck des Geschehens
bricht man verzweifelnd zusammen. Das ist ja die große
Tragik in allen Weltgerichten, dass der Mensch blind der Hand
Gottes gegenüber ist, die retten könnte, und die innere
Gesinnung nicht findet, die dem Herrn die Rettung möglich
machen würde. Daher wurden Israels Propheten nicht müde, ihr
Volk zur Buße zu rufen, damit es in bewusster Herzensbeugung
seine Zuflucht zu dem nehme, der auch aus Gericht zu erretten
vermag.