4Mo 22,34
D.Rappard
Bileam sprach: Ich habe gesündigt; denn ich habe es
nicht gewußt.
4. Mos. 22,34.
,,Ich habe gesündigt" Das ist ein ernstes, aber ein gesegnetes
Wort, wenn es aus der Tiefe eines bußfertigen Herzens
zu Gott empordringt. Aber der Mann, aus dessen Mund wir
heute dies Bekenntnis hören, hat es nicht in göttlicher Reue
und Lauterkeit gesprochen. - Es gibt eine ,,rechtschaffene
Buße"; sie führt zum Glauben und zur Vergebung. Es gibt
aber auch eine bloß oberflächliche Erkenntnis der Sünde, die
man durch Entschuldigung zu verbergen sucht. Man betrügt
sich selbst und endet in Nacht und Tod.
So war es bei Bileam. Durch sein geheimes Verlangen
nach dem Lohn der Ungerechtigkeit hatte er eine ihm günstig
scheinende Erlaubnis ertrotzt, und war den Weg gegangen, den
Gott ihm zuerst klar verboten hatte. Aber der Herr widerstand
ihm, und in dem Schrecken, den das Eingreifen Gottes
in seiner Seele weckte, erkannte er seine Verirrung und rief:
,,Ich habe gesündigt". Doch gleich folgte die Entschuldigung:
,,Ich habe es nicht gewußt." Armer Bileam! Du hättest es
wissen können und wissen sollen.
O Seele, wenn Gottes Licht dir eine Sünde offenbart, so
suche nicht durch Entschuldigung dich dem Urteil zu entziehen,
sondern beuge dich in Buße vor deinem Gott!
Fliehe zu des Kreuzes Fuße,
Wo dein Heiland für dich litt!
Kniee hin in Reu' und Buße:
Es ist nur ein Schritt.
C.H.Spurgeon
Der Doppelherzige.
"Da sprach Bileam zu dem Engel des Herrn: "Ich habe gesündigt."
4 Mose 22, 34.
Hier haben wir eine ganz besondere Art von Buße, nämlich die
Buße eines doppelherzigen Menschen. Bileam sagt: "ich habe
gesündigt," und er fühlt es, daß er gesündigt hat, er fühlt
es tief, aber er ist so weltlich gesinnt, daß er "den Lohn
der Ungerechtigkeit" eben zu lieb hat. Er sagt: "ich habe
gesündigt," und doch fuhr er hernach fort in seiner Sünde. Er
war ein Teufel und ein Heiliger, geneigt zum Bösen und zum
Guten. Er konnte bisweilen reden mit der größten Beredsamkeit
und Wahrheit, während er zu anderen Zeiten die gemeinste
Habsucht, welche die menschliche Natur verunstalten kann, an
den Tag legte. Stellt euch einmal den Bileam vor, wie er dort
auf dem Berge steht, an dessen Fuß die Menge von Israeliten
lagert; er soll fluchen, und ruft: "Wie soll ich verfluchen,
den Gott nicht verflucht hat?" Da ihm Gott die Augen öffnet, so
fängt er an, sogar von der Zukunft Christi zu reden, indem er
spricht: "Ich sehe Ihn, aber nicht jetzt; ich schaue Ihn, aber
nicht von Nahem!" Zuletzt ruft er aus: "Laß mich sterben den
Tod des Gerechten, und laß mein Ende sein, wie sein Ende!"
Ihr werdet sagen, von diesem Mann kann man aber eine gute
Hoffnung haben. So wartet, bis er von der Höhe des Berges
herabkommt, und ihr werdet hören, welch teuflischen Rat er dem
König von Moab gab. Er sprach zu dem König: "Ihr könnt dieses
Volk in der offenen Feldschlacht nicht überwinden, denn Gott
ist mit ihnen; darum sucht sie von ihrem Gott wegzuführen." Die
Moabiter folgten diesem Rat und verführten viele Israeliten
durch fleischliche Lüste. Bileam schien also das eine Mal die
Stimme eines Engels, das andere Mal das Herz eines wahren
Teufels zu haben. Ein Mensch kann aber nur eine Hauptsache in
seinem Herzen haben, er kann nur für einen Hauptzweck leben,
doch Bileam suchte zwei Zwecken zu dienen. Er war wie jene
Leute, welche Gott fürchteten und zugleich auch anderen Göttern
dienten. Er war wie der alte König Rufus, welcher auf die eine
Seite seines Schildes Gott malte und auf die andere Seite den
Teufel, mit dem Wahlspruch: "Bereit für beide; es nehme, wer
kann." So gibt es viele Menschen. Vor dem Prediger, dem sie
begegnen, sind sie sehr fromm und heilig; am Sonntag sind sie
sehr ehrenwert und aufrichtig, sie reden sehr langsam, was
sie für sehr religiös halten; doch an Werktagen sind sie
scheinheilige Betrüger. Seid versichert, liebe Zuhörer, kein
Sündenbekenntnis kann echter Art sein, wenn es nicht von ganzem
Herzen kommt. Es nützt nichts, zu sagen: "Ich habe gesündigt,"
wenn man doch im Sündigen fortfahren will. Dergleichen
doppelherzige Menschen gibt es viele. Sie können mit ihrem
Verstand alles überwinden und gleichsam Wunder verrichten;
und doch ist eine ungeheure Sündenmasse in ihrer Seele.