4Mo 12,2
J.Kroeker
Von Aarons und Mirjams Fall.
"Sie sprachen nämlich: Redet denn der Herr allein durch Mose?
Redet Er nicht auch durch uns? Und der Herr hörte es."
4.Mose 12,2.
Es stand Mirjam und Aaron daher nicht in Frage, ob Gott mit
Mose rede oder nicht. Sie sprachen aber: "Redet der Herr
denn allein durch Mose? Redet Er nicht auch durch uns?" Auch
sie hatte der Herr als seine Organe gebraucht, um sich seinem
Volke zu offenbaren. Auch sie hatten Gnade gehabt, Gott zu
verstehen. Nehmen manche doch an, dass es gerade Mirjam
gewesen sei, die nach der wunderbaren Gottestat am Schilfmeer
dem Volke den Dankespsalm gegeben hätte. Sollte der Herr
nicht auch in dieser Angelegenheit durch sie reden? War
es nicht ihre heilige Pflicht und Aufgabe, Mose auf eine
Sache aufmerksam zu machen, die er bisher ohne jeden
Gewissensskrupel in seinem Leben ertragen hatte?
Allein der Gott, der einst ein geknechtetes Volk unter
seinem Druck hatte seufzen hören, der hörte auch, als sein
gerettetes Voll auf dem Weg miteinander zankte. Wie Ihm
nicht die Leiden seines Volkes entgehen, so entgehen Ihm
auch nicht die Unarten seines Volkes. "Und der Herr hörte
es", berichtet uns der Text. Mose jedoch schwieg. Ein
unbelastetes Gewissen kann schweigen, wo andere reden. So
schwer das Unrecht nach Tradition und Gesetz auch war, dessen
man ihn beschuldigte, seine Seele empfand kein Bedürfnis,
sich vor Mirjam und Aaron zu rechtfertigen. Das ist immer
das Zeichen entweder eines völlig verstockten, oder aber
eines völlig in Gott ruhenden Gewissens. Verstockte
reagieren auf die Bitten und Mahnungen ihrer Brüder nicht,
weil ihre innere Herzensdisposition zu keiner Sinnesänderung
und Beugung mehr fähig ist. Und ein in Gott ruhendes und mit
Gottes Führung im Einklang stehendes Gewissen hat es nicht
nötig, sich durch Worte vor den Anklagen des Volkes zu
rechtfertigen.
Womit konnte Moses sich auch rechtfertigen? Tradition und
Buchstabe waren wider ihn. Er konnte unmöglich vor seine
Brüder treten und sagen: Also steht geschrieben! Esau,
Jakobs älterer Bruder, hatte zwar schon vor ihm den Schritt
getan und sich Frauen von den Töchtern der Hethiter genommen.
Aber durch diese war nur Kummer und Herzeleid in die Familie
Isaaks hineingetragen worden. Unmöglich hätte sich Mose zu
seiner Rechtfertigung auf diesen Fall in der Geschichte
seines Volkes berufen können. Die Geschichte zeugte nur
wider ihn.
Das Einzige, was Mose rechtfertigen konnte, war sein
unbelastetes Gewissen und sein freimütiger Umgang mit Gott.
Die kuschitische Frau hatte ihn nicht unglücklich gemacht.
Es war ihm bisher auch kein Hindernis für die großen
Missionen gewesen, die Gott zum Heil seines Volkes in sein
Leben hineingelegt hatte. Das war seine Rechtfertigung.