4Mo 10,36
A.Christlieb
Wenn die Lade zog, sprach Mose: Herr, stehe auf, laß deine
Feinde zerstreut werden. 4. Mose 10, 36
Jedesmal, wenn die Bundeslade weiterzog, war Mose's erstes
Anliegen, betende Hände zu erheben. Sicherlich hat Mose
gerade beim Aufbruch der Lade alle Hände voll zu tun gehabt.
Er hätte sagen können: Ich muß jetzt kontrollieren, ob die
Leviten die Stiftshütte recht besorgen; ich muß erst
nachsehen, ob Juda an der Spitze des Heereszuges steht; ich
muß noch nach meinen eigenen Sachen sehen, ob Josua sie
richtig versorgt - zum Gebet habe ich gerade jetzt keine
Zeit! Mose tat nicht so. Sobald die Wolkensäule sich erhob,
sobald ein neuer Reiseabschnitt anbrach, nahm er sich Zeit
zum Gebet. - Laßt uns darin Mose ähnlich werden! Wie vieles
geht nur deshalb verkehrt, weil man dem Gebet nicht den
ersten Platz einräumt. Man meint, Zeit zu gewinnen, wenn man
arbeitet, statt zu beten. Und siehe, man hat nur viel Zeit
verloren, weil man nicht mit Gebet begann.- Elieser hat gewiß
keine Zeit verloren, als er sich vor der Stadt Labans Zeit
nahm, vom Kamel zu steigen und Gott um Leitung zu bitten (1.
Mos. 24, 12). Er kam viel schneller zum Ziel, als wenn er
ohne Aufenthalt weiterreitend von Haus zu Haus sich hätte
durchfragen müssen. Nehemia (Kap. 2, 4) hat auch nichts
verloren, als er auf des Königs Frage nach seinem Befinden
zuerst betend zu Gott aufschaute und dann erst Auskunft gab
und sein Anliegen vorbrachte. Urlaub, Reisemittel und
Erlaubnis zum Bau der Mauern, wurde ihm auf einen Schlag
bewilligt als Antwort auf das Gebet. - Jeder neue Tag
ist für uns ein Reiseabschnitt. Jeder Tag soll mit Gebet
beginnen. Und wenn im Laufe des Tages sich für uns die Lade
Gottes erhebt, wenn's irgendwie für uns weitergeht, dann
zuerst betend aufgeschaut zu Gott! Und wenn's auch nur der
kurze Stoßseufzer wäre: Herr, stehe auf!
A.Christlieb
Herr, stehe auf, laß deine Feinde zerstreut werden. 4. Mose
10, 36
Wie schlicht ist das Gebet des Mose. Es klingt, wie wenn ein
Kind den Vater bittet, er möge aufstehen und es beschützen.
So kindlich dürfen auch wir beten. - Mose breitet zunächst
vor Gott die Gefahren aus, die der neue Reiseabschnitt
in sich bergen kann. Es konnten wieder Überfälle durch
feindliche Stämme erfolgen, wie man das öfter erlebt hatte.
Deshalb rief Mose nicht dann erst den Herrn um Hilfe an, wenn
die feindlichen Streiterscharen schon heranstürmten. Nein,
jedesmal, wenn die Lade aufbrach, gab er alle Sorge vor den
Feinden, die dem Volke begegnen könnten, in Gottes Hände:
,,Herr, laß deine Feinde zerstreut werden". - Ein wichtiger
Hinweis für unser tägliches Morgengebet! Die Feinde, die uns
begegnen, sind selten äußere Feinde. Wir haben es zu tun
mit Mächten der unsichtbaren Welt, gefährlicher als alle
Amalekiter- und Moabiterheere! Diese dämonischen Mächte
können uns Pilger nach dem oberen Kanaan stündlich
überrumpeln. Jeden Morgen haben wir uns betend zu wappnen.
Wie leicht kann ein Pilger hingerissen werden von der Macht
der Unreinigkeit, der Ungeduld, der Lieblosigkeit, des
Zornes. Unerwartet können sie uns überfallen. Wie wichtig
ist es darum, jeden Morgen betend vor Gott einzustehen
im Blick auf alle unvorhergesehenen Gefahren, auf
unvorhergesehene Besuche und auf satanische Angriffe. Laßt
uns alle Morgen flehen: Herr, du kennst meine schwachen
Stellen, du kennst die Mächte, die mich angreifen wollen.
Herr, habe acht auf mich! Gib meine Seele nicht dem Feinde.
Behüte mich wie einen Augapfel im Auge. Gedenke der
Verheißung: ,,Der Herr ist um sein Volk her von nun an bis
in Ewigkeit". Wenn wir so im Heiligtum des Kämmerleins
Bewahrungskräfte anziehen, werden wir im Laufe des Tages
dem Herrn keine Schande machen.
A.Christlieb
Wenn die Lade ruhte, sprach Mose: Komm wieder, Herr, zu der
Menge der Tausende Israels. 4. Mose 10, 36
Ein kurzes, inhaltreiches Gebet: ,,Komm wieder, Herr!" -
Das klingt ja so, als sei der Herr gewichen und habe sich
von Israel entfernt. Nun, das war auch so. Äußerlich gesehen
war er zwar in der Wolkensäule und der Bundeslade des
wandernden Volkes Israel ebenso nahe wie beim Antritt der
Reise. Und doch empfindet Mose, daß er nach jedem einzelnen
Reiseabschnitt immer aufs neue bitten müsse: ,,Herr, komm
wieder zu uns!". Wie ist das zu erklären? Dadurch, daß
jeder Reisetag neue Sünde und neue Schuld mit sich brachte!
Wieviel Murren, wieviel Lieblosigkeit und nichtsnutzige
Worte, wieviel Unreinheit jeden Tag! Das alles stand
zwischen dem Volk und Jehova. Das trennte sie von ihm.
Deshalb flehte Mose: ,,Komm wieder, Herr!" - Das ist ein
wichtiger Hinweis für unser A b e n d g e b e t. Da gilt es,
die u n g e t r ü b t e G e m e i n s c h a f t mit unserem
Gott wiederherzustellen und ihn anzuflehen: ,,O Herr, komm
wieder voll und ganz zu mir!" Wir wollen jeden Abend alles
bekennen, was Gottes Nähe und Gegenwart bei uns hat trüben
können. Wir wollen alle groben und feinen Einflüsse, die
sich zwischen uns und unseren Heiland schieben wollten, unter
Jesu Kreuz bringen. Wir wollen jeden ärgerlichen Gedanken,
jedes nichtsnutzige Wort jeden Ungehorsam gegen den Zug des
Heiligen Geistes ehrlich bekennen und im Glauben rufen:
,,Herr, komm wieder! Ich kann ohne deine selige Nähe nicht
leben, nicht einschlafen!" Wohl uns, wenn wir täglich also
im Frieden Gottes zu Bett gehen. - Und der du noch in der
Gottesferne lebst, willst du nicht einmal im vollen Ernst
rufen: ,,Komm wieder, Herr!" ? Du flehst nicht vergebens,
denn er kommt gern zu den Sündern! Und wenn er wiederkommt,
so kommt mit ihm sein Friede, seine Freude, seine
beglückende, heilige Ruhe. Ach Herr, komm jeden Abend auch
zu mir!
A.Christlieb
Herr, komm wieder zu der Menge der Tausende Israels.
4. Mose 10, 36
Wie bedeutsam, daß Mose bei seinem Gebet am Ende eines
Reisetages nicht nur an sich selbst, an seine Familie und
sein Geschlecht denkt, sondern sein Herz weit öffnet und
fürbittend eintritt für die Menge der Tausende Israels. Wir
sehen den alten Gottesstreiter Mose dastehen vor dem Lager,
nahe der Stiftshütte. Er blickt hier über die Tausende von
Zelten ringsumher. Er gedenkt an die besonderen Nöte,
Schwierigkeiten und Sünden, die auf den einzelnen Zelten
lasten. Er schaut auf zum Himmel und spricht: ,,Bei diesen
allen, o Herr, wollest du heute abend einkehren. Besuche
Zelt für Zelt, Familie für Familie, Stamm für Stamm. Laß
sie deiner Nähe und Gegenwart gewiß werden. Bringe sie auf
die Knie! Erinnere sie an dein Wort! Gehe ihnen nach! Komm
wieder, Herr, zu der Menge der Tausende Israels." Also
flehend bittet Mose nicht nur für seine Nachbarn und Freunde,
für seine Verwandten und Gesinnungsgenossen. Unter den
,,Tausenden in Israel" waren auch Feinde, die ihm oft weh
taten durch ihr Murren und Hadern und ihren schändlichen
Ungehorsam. Auch sie schließt er mit priesterlichem Herzen
ein in sein Gebet mit dem köstlichen Ausdruck: ,,Komm wieder,
Herr, zu der Menge der Tausende Israels." - Ach, wo sind die
Beter mit dem Herzen eines Mose? Wo sind die Priesterseelen,
die abends, wenn die Bundeslade für sie haltmacht,
niedersinken auf die Knie und den Zustand der ganzen
Gemeinde Gottes ausbreiten mit all deren Zerrissenheit und
Geistesarmut? O weg mit all unserer Lauheit und Trägheit im
Gebet! Laßt uns mit der ganzen Beterschar aller Länder eine
Gebetskette bilden und flehen: ,,Komm wieder, Herr, zu den
Christen unter den Heiden, komm zu den Juden, komm zu allen
Gebundenen, Kranken und Verfolgten, komm zu der Menge der
Tausende Israels!"
A.Christlieb
Gebet am Abend
»Und wenn die Lade ruhte, so sprach Mose: Komm wieder, Herr,
zu der Menge der Tausende Israels« (4. Mose 10, 36).
Wir haben zunächst das Gebet Moses beim Aufbruch der Lade
betrachtet und daraus Hinweise für das Morgengebet zum Beginn
des neuen Tagewerkes entnommen. Wir wollen jetzt das kurze
Gebetswort anschauen, das Mose jedesmal beim Ruhen, beim
Haltmachen der Bundeslade sprach, und dabei zwei Hinweise
für unser Abendgebet betrachten.
1. Enge Gemeinschaft mit Gott
»Komm wieder, Herr!« Das klingt ja gerade, als sei der Herr
etwa gewichen und ferne von Israel getreten. Ja, so ist es
auch. Äußerlich war er ja auch in der Wolkensäule und bei
der Lade Gottes dem wandernden Volke ebenso nahe wie beim
Aufbruch zur Reise. Und doch hatte Mose das Gefühl, daß er
nach Vollendung jedes einzelnen Reiseabschnittes immer aufs
neue bitten müßte: »Herr, komm wieder zu uns!«
Wodurch ist Gott denn ferner getreten? Wodurch ist seine
Nähe getrübt, daß ein neues Wiederkommen von seiten Gottes
immer erneut nötig ist? Weil jedes Reisestücklein neue
Sünde, neue Schuld mit sich brachte. Wieviel Gedanken des
Murrens, der Lieblosigkeit, wieviel unnütze Worte, wieviel
unreine Einflüsse hat jeder Schritt des Pilgerweges nach
Kanaan mit sich gebracht! Das alles trübte die Nähe Jehovas
und so ist es das erste, was Mose beim Haltmachen der Lade
Gottes erfleht, daß die ganze selige Nähe Gottes sich wieder
über ihm und seinem Volk lagern möchte: »Komm wieder, Herr!«
Das ist auch bei unserem täglichen Abendgebet das erste und
Wichtigste, daß wir an jedem Abend wieder den völligen
Zusammenschluß mit unserem Gott suchen und ungetrübte
Gemeinschaft mit ihm bekommen, daß wir ihn anflehen: »O Herr,
komm wieder voll und ganz zu mir!« Laßt uns dazu an jedem
Abend dem Herrn alles bekennen, was seine Nähe und Gegenwart
bei uns hat trüben können! Laßt uns alle groben und feinen
Einflüsse, die sich zwischen uns und unseren Heiland
einschieben wollten, jeden ärgerlichen Gedanken, jedes
überflüssige Wort, jede Unachtsamkeit gegen den Zug seines
Geistes, jedes Betrüben unseres Nachbarn oder Hausgenossen
unter Jesu Kreuz bringen und unter der Deckung des Blutes im
Glauben rufen: »Herr, komm wieder; ich kann ohne deine selige
Nähe nicht leben, nicht einschlafen!«
Es hat des Tages Treiben mein Herz zerstreut,
bei dir, bei dir ist Friede und Seligkeit.
Wohl uns, wenn wir jeden Abend so zu Bett gehen im Frieden Gottes!
2. Weite Fürbitte für die Tausende Israels
»Komm wieder zu der Menge der Tausende Israels.« Das ist
besonders schön bei diesem Gebet Moses beim Haltmachen der
Bundeslade, daß er nicht nur an sich selbst, an seine
Familie, an sein Geschlecht denkt, sondern sein Herz weit
öffnet und für die ganze Menge der Tausende Israels
fürbittend aufschaut. Wir sehen den alten Gottesstreiter
Mose mitten im Lager in der Nähe der Stiftshütte stehen, wie
er hinblickt über die Tausende von Zelten die weithin um ihn
herum liegen. Er blickt über sie alle hin und gedenkt an
alle besonderen Nöte, Schwierigkeiten, Sünden, die in jedem
einzelnen Zelt verborgen liegen, schaut auf gen Himmel und
spricht: »Zu diesen allen, o Herr, ohne Ausnahme, in all
diese Hütten wollest du heute abend einkehren. Besuche
Familie für Familie, Stamm für Stamm in dieser Stunde mit
deiner Nähe und Gegenwart. Bring du sie auf die Knie,
erinnere du sie an das Wort, geh du ihnen nach. Komm wieder,
Herr, zu der Menge der Tausende Israels.« Daraus laßt uns
für unser tägliches Abendgebet die Lehre entnehmen, daß
wir die Fürbitte für andere nicht vergessen sollen.
Nicht nur für sich selbst und sein Haus soll der Christ
täglich beten, sondern für die ganze Menge der Tausende
Israels, für das ganze Volk Gottes auf dem weiten Erdkreis,
besonders für alle Gebundenen, Kranken und Verfolgten.
»Wachet mit Flehen für alle Heiligen«, sagt Paulus (Eph. 6,
18). Wo sind die Beter, die nach ihrer Arbeit, wenn für sie
die Bundeslade haltmacht zum Ruhen, auf ihre Knie sinken und
die Menge der Tausende Israels vor den Gnadenthron bringen?
Wo sind die Beter, die den Zustand der ganzen Gemeinde Gottes
mit Tränen vor Gott ausbreiten mit all ihrer Zerrissenheit
und Geistesarmut, die allabendlich um neue Geisteszuflüsse
rufen für die ganze Gemeinde Gottes auf Erden? O, weg mit
unserer Lauheit und Trägheit im Gebet! Laßt uns mit der
treuen Beterschar aller Länder eine Gebetskette bilden und
mit der triumphierenden Gemeinde uns zusammenschließen, indem
wir mitbeten: »Komm wieder, Herr, zu der Menge der Tausende
deines Volkes. Besuche auch die kleinen, abgesplitterten
Häuflein, die durch allerlei Absonderung eines großen Segens
verlustig gehen. Sie gehören ja mit zu der Menge der
Tausende des Gottesvolkes. Komm wieder, Herr, zu der Menge
der Tausende, die noch in unsicherer Verfolgungszeit stehen,
komm wieder, Herr, zu der Schar der neuerweckten Christen in
Japan, in Afrika, in Indien.« Die Menge der Tausende Israels
ist ja jetzt zerstreut über alle Länder der Erde.
So öffne denn der Herr unsere Herzen weit für ein tägliches,
priesterliches Anrufen für die Menge der Tausende in Israel,
daß wir den ganzen Segen der Fürbitte für unser eigenes
inneres Leben reichlich erfahren!