2Mo 32,1
A.Christlieb
Auf, mache uns Götter! 2. Mose 32, 1
Noch einmal sei's gesagt! Wie schrecklich wirkt sich hier
die U n g e d u l d aus! Diese Geschichte entlarvt ihre
ganze Schädlichkeit. Wir wollen nie denken: Ich bin zwar ein
bißchen ungeduldig, aber im Grunde habe ich doch ein gutes
Herz. Ach nein! Ungeduld macht Gottes Werk in uns zunichte.
Sie lockt weg aus Gottes Erziehungsschulen. Wir wollen sie
nicht entschuldigen mit schwachen Nerven oder heftigen
Schmerzen. Wir wollen damit zum Kreuz des Herrn Jesus gehen
und beten: ,,O Lamm Gottes unschuldig, allzeit erfunden
geduldig, rette mich von aller Ungeduld, auch bei den kleinen
Nöten des häuslichen Lebens. Gib mir deine Geduld! Wachse
du in uns!" - Wer nicht so betet, bei dem wachsen aus
der Ungeduld schlimme Sünden hervor. Bei Israel war es
heidnischer Götzendienst. Wie war das möglich? In Ägypten
hatte Israel oft zugesehen, wenn die Leute um ihre goldenen
Kälber herumtanzten. Anfangs mögen sie gedacht haben:
Wie lächerlich! Welch dumme Götzen! Wir glauben an den
l e b e n d i g e n Gott, den Schöpfer Himmels und der Erde.
Aber bei längerem Zusehen haben sie doch wohl in ihrem Herzen
ein gewisses Wohlgefallen an dem Singetanz gefunden. Und jetzt,
jetzt kommt es ans Licht! - Ihr lieben Eltern denkt ja nie,
ihr könntet eure Kinder unbedenklich in weltliche Häuser, zu
weltlichen Vergnügungen, zu weltlichen Lustbarkeiten gehen
lassen; sie würden dabei keinen Schaden nehmen. Ach! Ganz
heimlich kann sich dabei doch ein Wohlgefallen an weltlichen
Abgöttereien in ihren Herzen festsetzen. Eines Tages bricht
es dann auf in einer Weise, daß euch das Entsetzen schüttelt!
Laßt es euch gesagt sein durch die Geschichte vom goldenen
Kalb: Es bleibt etwas hängen, wenn man jahrelang zuschaut dem
Treiben der Welt und wenn man gar mittut! Wir schützen uns
und unsere Kinder am besten durch treuen Umgang mit dem Wort
Gottes und treuen Gebetsumgang mit dem Herrn.
J.Kroeker
Von Aaron und seinem Fall.
"Als aber das Volk sah, dass Mose vom Berge zu kommen verzog,
versammelte es sich wider Aaron und sprach zu ihm: Auf, mache
uns Götter, die uns vorangehen! Denn wir wissen nicht, was
diesem Manne Mose widerfahren ist, der uns aus Ägypten
geführt hat." 2.Mose 32,1.
Das Begehren eines Götterbildes des im Warten müde gewordenen
Volkes zeigte die niedere Stufe des Geistes, auf der Israel
die bisherigen großen Taten Gottes durchlebt hatte. Trat
doch in der Forderung des Volkes an Aaron in seltener
Klarheit hervor, wie sehr es seine Rettung weit mehr als
ein Werk Mose, denn als ein Werk der Barmherzigkeit Gottes
erfasst hatte. Nicht Gott mit seiner Offenbarung war ihnen
das unverlierbare Unterpfand für jede fernere Leitung und die
unerschütterliche Garantie der Zukunft, die Bürgschaft ihrer
Verbindung mit Gott war ihnen Mose.
Israels Forderungen nach Göttern am Fuße des Sinai, die vor
ihm hergehen sollten, ist uns daher mit ein Beweis, wie wenig
Israels Geschichte und Gesetz die Schöpfung seines eigenen
Geistes und seiner entwickelten Religiosität waren. Als dem
Volk das göttliche Licht, das ihm durch einen Gottespropheten
vermittelt worden war, für einige Tage nicht mehr leuchtete,
da verfiel es in seiner Masse dem heidnischen Kultus. Vom
Volk gezwungen, schuf Aaron alsdann das goldene Kalb. Er
ließ sich die goldenen Ohrringe der Frauen und Kinder bringen
und goss daraus jenes Göttersymbol, von dem dann das Volk
sagte: "Dies sind deine Götter, Israel, die dich aus dem
Lande Ägypten geführt haben!"
Von welchen Gesichtspunkten sich Aaron im Einzelnen in diesen
seinen Handlungen leiten ließ, ist jedoch nicht klar. Den
Mut, lieber ein Opfer für die göttliche Offenbarung zu
werden, als dem Volke zu einem heidnischen Götterkultus zu
verhelfen, hatte er jedenfalls nicht. Er konnte wohl Diener
eines Propheten, aber nicht der zielbewusste, prophetische
Führer eines zwar von Gott berufenen, aber unselbständigen
Volkes sein. Auf seine Veranlassung hin feierte nun die
Menge am nächsten Tage ein Fest dem Herrn und verband
dasselbe mit Essen und Trinken und sinnlicher Ausschweifung.
Und doch tat das Volk damals nur, was bis in die Gegenwart
vielfach alle Frömmigkeit tut, die, wie damals Israel, den
lebendigen Kontakt mit Gott verloren hat: sie tanzt um das
Symbol und feiert dem Herrn Feste zur Befriedigung der
menschlichen Leidenschaften. Zwar kann jede geheiligte
Symbolik für das religiöse Leben von unschätzbarem Wert sein,
solange sie nur Dolmetscherin der göttlichen Offenbarungen
ist. Sobald sie aber an Stelle der Offenbarung oder sogar an
Stelle von Gott selbst tritt, wird sie zum christlich
verbrämten Götzendienst, in dem der Mensch in der Form einer
rein naturhaften Frömmigkeit seine Leidenschaft auslebt.