2Mo 20,14
D.Rappard
Du sollst nicht ehebrechen.
2. Mos. 20,14.
Auch zu diesem Worte gibt die Bergpredigt einen
bedeutsamen Kommentar. Nicht auf Taten allein kommt es an,
sondern auf die geheime Neigung des Herzens, auf Keuschheit
in der Gedankenwelt. Innere Reinheit offenbart sich freilich
auch nach außen, - in der Kleidung, im Blick der Augen, im
Ton der Stimme, in der Wahl der Worte, in allem Tun. Das
sind ernste Erwägungen. Wer könnte in diesem Gerichtshof
bestehen ohne das köstliche Blut des Lammes und die
bewahrende Salbung des Heiligen Geistes?
Aber wir wollen nicht bei uns selbst stehen bleiben. In
dem großen Kriegsgericht, das über die Welt erging, ist es
in erschreckender Weise zutage getreten, wie gerade die Sünde,
von der wir heute reden, die Völker verseucht und Gottes
Strafe auf die Menschen herabgerufen hat. Wir sind in Gefahr
gewesen, zu werden wie Sodom und Gomorra, deren Schande nur
durch völligen Untergang konnte ausgerottet werden. Wer weiß,
wie viel die Gebete der ,,Gerechten" in allen Landen beigetragen
haben zu der bisherigen Errettung!
Aber wir bekennen es: W i r haben gesündigt! W i r
wollen Buße tun! Gott schenke uns Kraft, mehr als bisher
unserer Brüder, unserer Schwestern Hüter und Helfer zu sein.
Weg, Welt! weg, Sünd'! euch geb ich nicht
Mein Herz; nur Jesu, Dir!
Du hast für Dich es zugericht't;
Behalt es für und für!
C.O.Rosenius
Du sollst nicht ehebrechen! 2. Mos. 20, 14.
Dieses Gebot hat Christus bei Matth. 5 erklärt. Welche
Gnade war das! Denn Ihn müssen wir hören, wenn wir selig
werden wollen. Die Juden hatten mit dem sechsten Gebot
ebenso wie mit dem fünften gehandelt. Sie sahen nur auf
die grobe Tat, die hier Ehebruch war, und so hielten sie
es für ein Nichts, daß ihre Herzen mit unerlaubten Lüsten
und Begierden erfüllt waren, wenn sie sich nur der vollen
Ausübung im Werk und in der Tat enthalten konnten. Da kam
der Herr Christus mit dieser hohen Erklärung: ,,Ich sage
euch: Wer eine Frau ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon
mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen."
Das ist die Erklärung, in deren Licht wir dieses Gebot
betrachten müssen. Laßt uns zunächst aber untersuchen, was
darin verborgen liegt, wenn dieses Gebot, das eine so tiefe
geistliche Bedeutung hat, daß es schon durch eine unreine
Begierde übertreten wird und alle Regungen und Äußerungen der
unreinen Lust nicht nur in der Ehe, sondern auch außerhalb
derselben umfaßt (was viele Schriftstellen zeigen), doch so
lautet: ,,Du sollst nicht ehebrechen!" Es liegt nämlich in
dieser Tatsache eine tiefe Lehre in bezug auf dieses Gebot.
Wir werden hiermit zurückgeführt auf seinen eigentlichen
Grund, auf den ersten in der Schöpfung des Menschen
ausgedrückten Gedanken und die Anordnung in bezug auf das
menschliche Dasein und die menschliche Fortpflanzung auf
Erden, als Gott nämlich einen Mann und eine Frau schuf und
sogleich, ja, schon bevor die Frau erschaffen war, die
heilige Ordnung der Ehe beschloß. Die Erschaffung des
Menschen und die Vermehrung seines Geschlechts waren bei Gott
zwei vereinigte Gedanken, so daß wir die Stiftung der Ehe,
den Grund zum sechsten Gebot, im ersten Kapitel der Bibel, in
der Schöpfungsgeschichte, finden. ,,Gott schuf sie, einen
Mann und eine Frau, und segnete sie und sprach: Seid
fruchtbar und mehret euch", - und deshalb wird im zweiten
Kapitel hinzugefügt: ,,Darum wird ein Mann seinen Vater und
seine Mutter verlassen und an seiner Frau hangen, und sie
werden ein Fleisch sein."
Wenn wir bedenken, daß die Ehe eine so hohe Stiftung Gottes
in der Schöpfung ist, dann können wir begreifen, welche
Wichtigkeit dieses Gebot hat und welch eine furchtbare
Verletzung des Majestätsrechtes Gottes es ist, in irgendeiner
Weise die Ehe zu brechen. Wer es tut, der verletzt und
zerstört das heiligste, wichtigste Verhältnis auf Erden,
der zerreißt das heiligste, von Gott geknüpfte Band, der
verunreinigt und schändet das reinste, innigste und teuerste
Verhältnis zwischen den Menschen, der greift als ein Frevler
verbrecherisch in die Rechte und die Ordnung Gottes ein und
macht dabei aus Glück Unglück und Fluch aus Segen, weil das
Wohlergehen der Menschen oft sowohl für die Zeit als auch für
die Ewigkeit auf der Ehe beruht.
Handelt aber nur der so, der in der gewöhnlichen Bedeutung
des Wortes seine eigene Ehe oder die eines anderen bricht?
Ist das sechste Gebot nur zu denen geredet, die sich schon in
der Ehe befinden? Auf keinen Fall! Dies Gebot umfaßt nach
der Auslegung des Wortes Gottes alle Menschen ohne Ausnahme.
Denn als der Herr den Menschen zum Mann und zur Frau schuf
und die Ordnung der Ehe stiftete, zog Er eine heilige Grenze
zwischen beide Geschlechter. Diese Grenze ist Gottes
Einrichtung und darum ebenso heilig und unumstößlich wie
die Ehe selbst. Wer darum diese von Gott gezogene Grenze
durchbricht, sei es in Gedanken, in Worten oder in der Tat,
der verletzt das sechste Gebot. In dieser Bedeutung sagt der
heilige Gott auch zu allen nicht in der Ehe lebenden Männern
und Frauen, zu allen Jünglingen und Jungfrauen: ,,Du sollst
nicht ehebrechen!"
Daß dieses Gebot eine so weit umfassende Bedeutung hat, kann
ein jeder aus der Erklärung Christi sehen, wenn Er sagt:
,,Wer eine Frau ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon
mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen." Du hältst dich
vielleicht diesem Gebot gegenüber für gerecht, wenn du aus
Furcht vor den Urteilen Gottes oder vielleicht nur aus Furcht
vor Schande und Unehre und anderen schädlichen Folgen dich
der Ausübung deiner Lüste enthalten hast. Christus sagt
hier aber, daß du dann schon vor den Augen Gottes die Ehe
gebrochen hast. Das wird dir durch ein Beispiel klar werden:
Wenn jemand so gegen dich gesinnt wäre, daß er wünschte, dich
ermorden zu können, wegen der zu befürchtenden Folgen sich
aber der Tat enthielte, würdest du ihn dann für besser als
einen Mörder halten, der die blutige Tat wirklich ausgeführt
hat? Nein, du würdest ja mit Recht sagen: ,,Der Unterschied
ist nur der, daß es meinem Feind um seinen eigenen Kopf bange
war, während hingegen der, der den Mord ausführte, dreister
und verwegener gewesen ist; aber der Gesinnung und dem Herzen
nach sind sie durchaus einerlei böse." So auch hier. Der
schändliche Ehebrecher ist nicht so bange vor Schande und
anderen Strafen gewesen wie du. Das ist der Unterschied
zwischen dir und ihm, wenn du dich nur aus Furcht davon
abhalten ließest, deiner Begierde zu frönen. Darum hast du,
nicht nur vor Gott, sondern auch in Wirklichkeit, in deinem
Herzen ebenso oft die Ehe gebrochen, wie du dazu Lust
empfunden hast. So hat der Herr Christus es selbst erklärt.
Seelen, ich bitt euch um Jesu will'n,
Wenn ihr wollt euer Herz vor Ihm still'n,
Laßt euch absolvieren vom Sündenwesen
Und sucht nach Seel' und Leib zu genesen,
Durch Jesu Blut.