1Mo 24,1
J.Kroeker
"Abraham war alt geworden, war hineingekommen in die Tage
und der Herr hatte Abraham in allem gesegnet." 1.Mose 24,1.
Selten schön fasst hier der biblische Bericht das
Gesamtergebnis von dem Glaubensleben Abrahams zusammen. Er
war alt geworden, war in die Tage hineingekommen und war in
allem gesegnet. Die hebräische Sprache hat zwei Ausdrucke
für den Begriff alt, die jedoch ganz Verschiedenes vom Alter
aussagen. Das eine Wort bezeichnet eine "Abnutzung der
Kräfte, ein Erschlaffen, ein Dunkelwerden". Das andere Wort
dagegen bezeichnet den durch die Lebensarbeit "errungenen
Gewinn, die Reife der Persönlichkeit". Dieser Begriff ist
hier zur Bezeichnung des Alters Abrahams gebraucht.
Denn es gibt ein Leben, das nicht altert. Dies ist das Leben
des Glaubens. Obgleich in der gegenwärtigen Schöpfung
geboren, so ist es doch nicht Leben der gegenwärtigen
Schöpfung. Wahres Glaubensleben sah sich von Fall zu Fall
durch göttliche Offenbarung geweckt, wurde in seinen
Handlungen von göttlicher Kraft inspiriert und getragen
und wusste sich in seinem Ziel für die Ewigkeit bestimmt.
Leben, das aus der Ewigkeit gewirkt wurde, so zeitlich und
menschlich es auch in seinen Erscheinungen war, und für die
Ewigkeit berufen ist, das altert nicht. Schon die alten
Weisen Israels sagten: "Alt ist, wer beide Welten erobert."
Alt ist ihnen derjenige, "der mit seinem hieniedigen Dasein
beide Welten erworben, die diesseitige für die zukünftige,
indem er der hieniedigen Welt den Stempel des Göttlichen
aufgedrückt." Ein Leben, das wie das eines Abrahams in Gott
selbst zur Ruhe gekommen und im Umgang mit Gott seine
verborgenen Kraftquellen gefunden, ist durch die Zeit nicht
abgenutzt worden, hat im Dienst nicht seine Kraft eingebüßt,
ist im Kampf nicht zusammengebrochen. Was in solch einem
Leben im Alter erschlafft oder was dunkel werden will, das
sind die rein physischen Kräfte, das ist der stoffliche
Organismus, in dem die eigentliche geistige Persönlichkeit
des Menschen sich auslebt. War das Leben auch reich an
Dienst und Kampf, brachen in demselben auch manche Stützen
und Hoffnungen zusammen, ging es auch durch manche Irrungen
und Entmutigungen hindurch, - alles trug nur mit dazu bei,
dass die im Umgang mit Gott stehenden Persönlichkeiten zu
jenem Alter ausreiften, das zwei Welten erobert hat.
Solchen "Alten" wird nicht erst der Tod zu einer Pforte zur
Ewigkeit, sondern das Leben war ihnen bereits zu einer
solchen Pforte geworden. Ihnen bricht im Tode nicht alles
Gewonnene zusammen, sondern sie nehmen das Unvergängliche
mit, das ihnen bereits im Leben durch den Verkehr mit Gott
wurde. Denn nicht das Leben bricht ihnen im Tode zusammen,
sondern nur das irdene Gefäß, die stoffliche Zeltwohnung, mit
der das Leben in der diesseitigen Welt zusammenhing.