1Mo 9,12
J.Kroeker
Vom Wert menschlichen Lebens.
"Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich
gemacht habe zwischen mir und euch und allen lebendigen
Seelen bei euch hinfort ewiglich: Meinen Bogen hab ich
gesetzt in die Wolken, der soll das Zeichen sein des Bundes
zwischen mir und der Erde." 1.Mose 9,12-13.
Gott bedurfte nie des Zeichens, um an den Beschluss, den
Er in seiner erbarmenden Liebe gefasst hatte, erinnert zu
werden. Aber der Mensch bedurfte dieser Sprache und dieses
Bundeszeichens, um in dem Wechsel des Lebens von Fall zu
Fall an die große Bundesbotschaft von Gottes tragender
Barmherzigkeit gemahnt zu werden. Um diese große
Bundesbotschaft deuten zu können, fehlen uns die Farben und
die Worte, denn so manche Gotteswahrheit vermag man innerlich
viel tiefer zu erleben, als in Worte zu kleiden. Und wo
immer es zu solch einem innerlichen Erleben kam, da besaß die
Seele alsdann weit mehr, als eine Beschreibung ihr bieten
konnte. Vergegenwärtigen wir uns daher nur folgenden
Wesenszug dieses Gnadenbundes.
Gott war der Gebende in demselben. Der Bund war kein
Vertrag, den Gott mit der Menschheit schloss. Er war auch
keine zustande gekommene Verständigung zwischen Gott und
Mensch. Er war ein Akt gebender Gnade. "Ich will" meinen
Bund aufrichten mit euch, und "Ich will" ansehen meinen Bogen
in den Wolken, dass nicht mehr hinfort eine Gerichtsflut über
alles Fleisch auf Erden kommen soll.
Wie wert muss doch das menschliche Leben in Gottes Augen
sein, dass Er es von vornherein, trotz seiner inneren
Gottesferne, für alle Zukunft so unter den Schutz seiner
Gnade stellt! Sobald der Mensch dann eines Tages erkennt,
dass alles Gnade ist, wenn die Sonne ihn grüßt, wenn die
Wiesen ihm grünen, wenn die Wälder rauschen und die Felder
ihn segnen, wenn die Kinder ihm danken und die Geschlechter
ihn ehren, dann begreift er, dass sein Leben und Wirken nicht
die Schöpfung seines eigenen Geistes ist. Alles in seinem
Leben beruht auf dem Willen Gottes zu seinem Heil. Er sieht
sich und sein Leben hinfort unter eine Gnade gestellt, die
auch in den dunkelsten Zeiten sich über ihm wölbt. Denn
wo der Bogen auch immer erschien, er war nach oben ein
vollendeter Kreis, der nach unten die Erde zu umspannen
suchte, um auf ihr seine unvollendete Vollendung zu finden.
Wenn erst einmal die Gnade, die sich gegenwärtig in dem
Farbenspiel des Bogens in ihrer ganzen Fülle widerspiegelt,
eine in sich zunächst noch verlorene Schöpfung in die volle
Lebensgemeinschaft mit Gott wird zurückgeführt haben, dann
schließt sich die Wölbung auch in seinem unteren Teil.