1Mo 9,11
J.Kroeker
Von der göttlichen Offenbarung.
"Und richte meinen Bund also mit euch auf, dass hinfort nicht
mehr alles Fleisch verderbet werden soll mit dem Wasser der
Sintflut, und soll hinfort keine Sintflut mehr kommen, die
die Erde verderbe." 1.Mose 9,11.
Wie der Mensch das Tiefste und Heiligste seiner Seele
vielfach nur in einer symbolischen Handlung vor Gott
zum Ausdruck bringen kann, so vermag er Gottes höchste
Offenbarungen vielfach erst dann in ihrem vollen Umfang zu
verstehen, wenn diese von Gott in ein sinnlich-wahrnehmbares
Bild gekleidet werden. Erst durch das Offenbarungszelt in
der Wüste und durch den Gottestempel in Jerusalem lernte
Israel die große Gotteskunde fassen, dass die Herrlichkeit
Gottes und seine Gnadengegenwart nicht nur in der Wolke und
im Feuer auf dem Sinai zelte, sondern mit denen durch die
Wüste wandle und unter denen in Jerusalem wohne, die in
Wüste und Heimat nichts anderes sein wollten, als Gottes
Priestervolk auf Erden. So kleidete Gott auch hier die ganze
Größe seiner tragenden Geduld und rettenden Liebe in das Bild
des Regenbogens in den Wolken. Nicht das Bild an sich ist
die göttliche Wahrheit. Der Regenbogen strahlt nur die ewig
neu sprechende Offenbarung Gottes wieder und macht sie dem
Menschen verständlich und fassbar. Für sich hätte Gott diese
bildliche Sprache nie gebraucht. Der Mensch jedoch bedurfte
ihrer, um Gott auch in dem Göttlichsten und Höchsten
verstehen zu lernen. Daher erlebte die göttliche Offenbarung
auch je und je eine Vermenschlichung, die Verkörperung in
ein vergängliches Bild - "das Wort ward Fleisch", um unter
uns wohnen zu können und um von uns verstanden zu werden.
Jede Fleischwerdung der göttlichen Offenbarung ist aber zu
gleicher Zeit auch eine Verhüllung der Offenbarung. Denn
kein vergängliches Bild ist groß genug, um das Große Gottes
voll und ganz zu künden. Derselbe Tempel, der durch seine
Existenz den Söhnen Israels das Wohnen der Herrlichkeit
Gottes in ihrer Mitte versinnbildlichte, verhüllte
gleichzeitig durch sein Heiligstes und Allerheiligstes die
Gegenwart dieser Herrlichkeit vor den Blicken des im Vorhof
anbetenden Volkes. Leider hat die Menschheit dies immer
wieder vergessen. Daher kniete sie eines Tages anbetend vor
dem Tempel, anstatt vor dem Herrn des Tempels, ehrte das
Kreuz und verlor den Gekreuzigten, pflegte das Heiligste und
vergaß den Heiligenden, suchte die Zungen von Pfingsten und
atmete nicht den Geist von Pfingsten, verewigte den
Buchstaben und kreuzigte das lebendige Wort.