1Mo 9,2
J.Kroeker
Vom Wert und Unwert des Vergänglichen.
"Eure Furcht und Schrecken sei über alle Tiere auf Erden und
über alle Vögel unter dem Himmel, über alles, was auf dem
Erdboden kreucht, und über alle Fische im Meer; in eure Hände
seien sie gegeben." 1.Mose 9,2.
Was der Mensch durch seinen Fleiß und seiner Hände Werk der
Erde von ihren Gütern abzuringen vermag, ist sein Eigentum.
Sie ist von Gott dazu bestimmt und gesetzt, dass sie durch
die Fülle ihres Reichtums dem Menschen als ihrem Herrn und
König diene und ihm die Möglichkeit gebe, seine hohen
Aufgaben, die er in der Ehe, in der Familie und im
Völkerleben von Gott empfangen hat, zu erfüllen. Und für die
Erde ist diese Bezwingung, Aneignung ihrer Güter, nicht eine
erlittene Vergewaltigung, für sie ist alles ein Freiwerden
ihrer vielfach völlig gebundenen Kräfte zum Zwecke einer
höheren Daseinsbestimmung. Wie gerne lässt z.B. ein Baum
seine im Herbst reifende Frucht in jene Hand fallen, die
sich nach ihr ausstreckt. Ehrt der Mensch die der Natur
innewohnenden Gottesgesetze, die ihr die von Gott geschaffene
Existenzberechtigung geben, dann tritt sie mit Freuden ihren
Reichtum ab und antwortet ihrem Herrn, der sie bebaut, mit
der Fülle des Segens, den sie in sich trägt.
Erwerb eines Eigentums nach göttlicher Bestimmung und
Begrenzung ist daher mit eine sittliche Pflicht des Menschen.
Und insoweit der Mensch diese Pflicht im göttlichen Rahmen
zu lösen sucht, ruht ein unberechenbarer Segen darauf.
Jesus konnte in seinen Bergreden sagen: "Selig sind die
Friedfertigen, denn die Erde wird ihr Erbe sein." Wer nicht
vom Raub des Eigentums seines Nächsten leben will, kann nur
leben von dem, was er der Erde von ihrem Reichtum als sein
Eigentum abzuringen vermag.
Nicht als ob Erwerb Selbstzweck wäre, und der Mensch nur die
Aufgabe hätte, der Erde so viel wie möglich abzugewinnen.
Das Eigentum ist nicht um seiner selbst willen da, es ist da,
damit es dem Menschen diene und ihm die Möglichkeit gebe,
Familien zu gründen, die Gesellschaft zu fördern und das
Leben des Volkes zu heben und zu stärken. Sobald dieser
göttliche Zweck des Eigentums durch die Begierde nach
Reichtum und durch den kalt berechnenden Egoismus des
Menschen entweiht wird, trägt er nicht mehr einen Segen,
sondern einen unberechenbaren Fluch in sich für den, der sich
seiner bemächtigt. Wie erschütternd ist die Sprache der
Bibel und der Geschichte gegen alle diejenigen, die sich
gerade auf dem Gebiete des Eigentums gegen sich selbst,
gegen ihre Familie, gegen die Gesellschaft und ihr Volk
versündigten. Wen Gewinn nicht verpflichtet, der zerbricht
am Gewonnenen, während die Erde den segnet, der mit ihren
Gütern dem Nächsten dient.