1Mo 6,13
J.Kroeker
Von seinen Gerichten.
"Da sagte Gott zu Noah: Das Ende des gesamten
Menschengeschlechtes ist bei mir beschlossen; denn die Erde
ist durch ihre Schuld voll von Freveltaten; darum will Ich
sie mitsamt der Erde vertilgen." 1.Mose 6,13.
Gerichtszeiten waren immer Zeiten göttlicher Passivität
und göttlichen Schweigens. In ihnen gab der Mensch sich
aus in seiner eignen Kraft und Gesinnung. Er bestimmte und
gestaltete das Leben ohne Gott. Wir tragen daher etwas ganz
Falsches in das eigentliche Bild und Wesen Gottes hinein,
wenn wir in den göttlichen Gerichten einen ähnlichen
Vergeltungsgedanken Gottes sehen, wieder Mensch etwa
in seiner fleischlichen Herzensgesinnung Vergeltung übt.
Denn auch die göttlichen Gerichte, die die Welt bisher als
Vergeltung und Strafe erlebte, wurden von der rettenden
Gerechtigkeit und der gerechten Liebe Gottes getragen. Gott
hat nie den Tod des Sünders gewollt, sondern dass der Mensch
seinen widergöttlichen Sinn ändere und lebe.
Der Mensch schuf sich vielmehr immer wieder selbst das
Gericht. Indem er sich auf sich selbst einstellte und von
Gott löste, unterlag er eines Tages dem Gericht der Sünde und
der Vergänglichkeit. Er verlor das Ewige in sich und für
sich. Denn wer sich von Gott löst, der löst sich von jener
Gerechtigkeit, durch die allein die Gesamtschöpfung Gottes
getragen wird. Die Schöpfung würde in ihren unendlich vielen
Gliedern sich selbst vernichten, wenn sie diese göttliche
Grundlage ihres Bestehens und ihrer Entwicklung verlassen
sollte. Jedes, auch das kleinste Glied derselben, besteht
und hat die Möglichkeit des Dienstes und der Entwicklung nur
so lange, als es jene gerechte Einstellung zum Ganzen wahrt,
die es vom Schöpfer erhalten hat.
Dieser Gerechtigkeit Gottes, die sich in der ganzen Schöpfung
zu deren Leben und Heil auswirkt, vermag auch der Mensch sich
nicht ohne Gericht zu entziehen. Tut er es dennoch, so sieht
er sich eines Tages eben von jener Schöpfung gerichtet, die
zu beherrschen er berufen ist. Schenkte Gott der Menschheit
auch wiederum ein Paradies, würde sie dasselbe jedoch aufs
Neue ohne Gottes Gerechtigkeit zu beherrschen suchen, sie
würde sich eine neue Hölle daraus schaffen. Das Heil der
Zukunft kann mithin für den Menschen nicht nur in einer
idealen Kulturwelt liegen. Es liegt in seiner Rückkehr zu
Gott. Erst in der Verbindung mit Gott gewinnt der Mensch
auch wieder jene Einstellung zur Schöpfung, dass sie aufhört,
ihm zum Gericht zu werden, und er in ihr jenen Tempel findet,
in dem er die Fülle der Herrlichkeit des Schöpfers schaut.