1Mo 6,3
J.Kroeker
Von seinen Gerichten.
"Da sprach der Herr: Die Menschen wollen sich von meinem
Geist nicht mehr strafen lassen; denn sie sind Fleisch.
Ich will ihnen noch Frist geben hundert und zwanzig Jahre."
1.Mose 6,3.
In dieser Begrenzung lag bereits ein Gericht der Zeit. Durch
sie erlebte die fortschreitende Entwicklung die schwerste
Hemmung. Immer wieder traten hinfort Unterbrechungen ein,
die man früher bei der weit längeren Lebensdauer der
Menschheit nicht so stark empfunden hatte. In dieser
Begrenzung lag aber auch ein unberechenbares Heil für jene
Zeit. Denn jede Hemmung einer falschen und daher zum
Untergang führenden Entwicklung bedeutete vermehrte
Gnadenzeit für die damalige Menschheit.
Zwar musste Gott feststellen: "Mein Geist in den Menschen
wird nicht immer Richter bleiben, da dieser ja auch Fleisch
ist." Mit der beginnenden Verweltlichung der Gottessöhne sah
Er jene Zeit kommen, wo seine Stimme im Menschen überhaupt
nicht mehr würde vernommen werden. Bisher war diese
"Gotteslampe", mit der Gott hineingeleuchtet hatte "in des
Menschen geheimstes Innere", wenigstens in der sethitischen
Geschlechtslinie nie verloschen. Ja, in einzelnen war sie
sogar zu einer hell leuchtenden Flamme geworden, die in die
Nacht der Zeit hineingeschienen und das Leben und Treiben
jener alten Zeit in eine göttliche Beleuchtung gerückt
hatte. Als Gott jedoch sah, dass die Söhne des göttlichen
Geschlechts sich ohne Wahl mit den Töchtern der Welt
vermählten, sprach Er: "Nun wird mein Geist im Menschen
nicht ewig sein Richteramt üben." Ist doch der Dienst des
Gottesgeistes im Menschen abhängig von der Unterordnung
des Fleisches unter den Geist. Wo aber im Leben das Fleisch
mit all seinen sinnlichen Trieben und Lüsten den Geist
beherrschen kann, zieht sich Gottes Geist zurück. Alsdann
verliert der Mensch das richtige Urteil über Göttliches
und Menschliches, über Segen und Fluch, über Ewiges und
Vergängliches.
Entzieht Gott aber erst seinen Geist dem Menschen, dann
bleibt der Mensch sich selbst überlassen. Er sieht sich
genötigt, eines Tages die letzten Konsequenzen seines
Handelns ohne Gott zu ziehen. Diese waren in der Geschichte
jedoch noch immer Katastrophe und Gericht. Angesichts dieser
erschütternden Wahrheit konnte in viel späteren Jahrtausenden
ein Gottesprophet in die Weltgeschichte jene großen Worte
schreiben: "Die Welt vergeht mit ihrer Lust, wer aber den
Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit." Denn alles Leben,
das aus dem Fleisch geboren wird, ist fleischlich in seiner
Gesinnung und streitet wider Gott. Leben aber, das wider
Gott streitet und die Welt Gottes verneint, bricht in seinem
Kampf wider Gott zusammen.