1Mo 4,5
A.Christlieb
Kain und sein Opfer sah der Herr nicht gnädig an. 1. Mose
4, 5
Über Kains Leben liegt ein Geheimnis. Er war kein
,,gottloser" Mann. Er brachte Gott auch sein Opfer dar.
Dasselbe konnte Gott aber nicht gefallen. Mit der
Darbringung seiner Feldfrüchte wollte Kain Gott nur seine
Schuldigkeit ableisten. Kain wollte einen Gottesdienst,
bei dem nicht das ganze Leben fromm und gottgeweiht werden
brauchte. Das mißfiel Gott. Darum sah er Kain und sein
Opfer nicht gnädig an, und Kain fand darum keinen Frieden. -
Statt nun die Ursache für seine Friedlosigkeit in sich selbst
zu suchen, ärgerte sich Kain über Abel. - Solchen Kainsgrimm
findet man bei vielen ,,Weltmenschen", die Gott mit einigen
Werken der Frömmigkeit zufriedenstellen wollen, ohne wahrhaft
fromm zu werden. Sie ärgern sich über die, welche die
Heilige Schrift ,,gläubig", ,,gerecht vor Gott" und
,,wiedergeboren" nennt. Sie können unter Umständen
Tausendmarkscheine für gute, humane Zwecke stiften. Aber bei
Licht besehen, sind es ,,Kains-Feldfrüchte", mit denen ein
im Grunde gottentfremdetes Leben gutgemacht werden soll. -
Allen Menschen, die Gott nur etwas von ihrer Habe, nicht
aber ihr Herz und Leben weihen, geht es genau wie Kain. Sie
leiden unter der Friedlosigkeit ihrer Seele und ärgern sich
über die wahrhaft Frommen, die der Gnade Gottes und seines
Friedens sichtlich froh sind. - Bei Kain hat Gott noch
versucht, seinen neidischen Blick von Abel weg auf die Sünde
zu lenken, die vor seiner Tür lag. Aber es kam zu keiner
durchgreifenden Wandlung. Wohl redete Kain wieder mit Abel,
dem er schon lange kein Wort mehr gegönnt hatte, aber im
Herzen wucherte der alte Haß weiter. Eines Tages brach er
heraus und Kain wurde der Totschläger! - Sind wir Nachfolger
Abels, die still aushalten unter Verfolgung, oder
Kainsnaturen, die zutiefst die Frommen hassen?
J.Kroeker
Von Kain und seinem Fall.
"Und der Herr sah an Abel und sein Opfer; Kain jedoch
und sein Opfer sah Er gar nicht an." 1.Mose 4,5.
Entsprechend der Sprache der Seele Kains in dem dargebrachten
Opfer war die Gottesantwort. Es gibt auch für Gott
innerliche Bindungen, die Er nie um seines eigenen Wesens und
um des Heils der Menschheit willen aufhebt oder umgeht. Er
kann nie die Hölle, die der Mensch sich ohne Ihn schafft,
zum Paradies erheben; nie die Sünde rechtfertigen, die den
Menschen in einen ewigen Todeszustand versetzt; nie eine
Gesinnung zu Recht bestehen lassen, die seinen Geist verloren
hat, und die den Geist des Tieres in sich trägt, und daher je
länger desto bewusster wider Gott und alles, was Gottes ist,
streitet.
Als beide Brüder opfernd vor Gott standen, "wandte sich der
Herr zu Abel und seinem Opfer, aber zu Kain und seinem Opfer
wandte Er sich nicht". Es heißt nicht: Gott wandte sich zu
Abels Opfer und zu Kains Opfer wandte er sich nicht, sondern:
Er wandte sich zu Abel und seinem Opfer, aber zu Kain und
seinem Opfer wandte Er sich nicht. Die wesentliche
Verschiedenheit lag in der Herzensgesinnung der Opfernden und
nicht im Opfer. Kain stand trotz seines Opfers in einer
inneren Verfassung vor Gott, die Gott nie anerkennen, nie
rechtfertigen konnte. In seinem Opfer sprach weder eine
stille verborgene Sehnsucht nach Gott, noch eine bewusste
innere Hingabe an Gott. Daher blickte Gott auf sein Opfer
auch nicht mit Erhörung. Die Sprache seines Opfers fand
keinen Widerhall im Herzen Gottes. In demselben redete nur
der Schein und nicht die Tat, nur die Form und nicht die
Seele, nur die Pflicht und nicht die Hingabe. Kain stand
sowohl in seiner Gesinnung als auch in seinem Leben ohne
Umgang mit Gott. Daher konnte Gott auch trotz der Ihm
dargebrachten Huldigungsgabe nicht mit ihm verkehren.
Es fehlte der Seele Kains die entsprechende
Geistesverwandtschaft, der geistliche Resonanzboden für
einen wahren Umgang mit Gott. Noch nie hat für Gott die
Darbringung eines Opfers an sich etwas bedeutet, wenn in dem
Opfer nicht das tiefste Wesen der Persönlichkeit zu Gott
sprach. Gott kann nur dem antworten, bei dem die symbolische
Handlung nichts anderes als die Sprache des Glaubens und der
sich Gott hingebenden Seele ist.
Beides drückte Abels Opfer aus. Hinter demselben stand der
Mensch in seiner Glaubenshingabe und in seiner
Herzensverehrung. Solchen Menschen kann Gott antworten, denn
aus ihren Handlungen spricht die Seele, die fähig ist, Gott
zu hören und mit Ihm Gemeinschaft zu pflegen.