1Mo 3,7
J.Kroeker
Von Adam und seinem Fall.
"Da wurden ihrer beider Augen aufgetan und sie wurden
gewahr, dass sie nackt waren." 1.Mose 3,7.
Das Schlangenevangelium hatte Recht behalten. Der Mensch
gewann erleuchtete Augen. Und doch war es eine Lüge. Der
Mensch erkannte nicht seine Gottgleichheit, sondern entdeckte
plötzlich seinen inneren Abstand von Gott. Diese Entdeckung
konnte wohl im Menschen die innere Qual, aber nicht die
ersehnte Gottgleichheit erwecken. Je tiefer der Mensch
erkennt, dass er nackt ist, desto weniger befriedigt ihn
sein Zustand. Was er besitzt, enttäuscht ihn, was er sucht,
findet er nicht.
In seiner Sehnsucht nach der Gottgleichheit hatte der Mensch
sich innerlich der Botschaft des Tierevangeliums erschlossen.
Er hatte gehofft, die Erfüllung seiner Sehnsucht auf dem
geoffenbarten Wege der eigenen Kraft finden zu können. Was
er jedoch fand, war er selbst und nicht Gott. Er erkannte
sich in seinem eigenen Bild, nicht aber im Bild Gottes. Denn
Inspirationen von unten können dem Menschen auch nur die
untere Welt erschließen. Ihr Licht erleuchtet die Augen nur
für die Welt des eigenen Seins. Würden sie Licht auch über
die Welt Gottes vermitteln, dann wären sie ja im Leben des
Menschen mit ein positiver Faktor in der Heilsgeschichte
Gottes. Nun sind ihre Wirkungen allein negativer Natur.
Daher bewegte sich der Mensch auch in seiner späteren
Geschichte nur im eigenen Licht. Göttliches Licht empfing er
nur, wenn die Offenbarung Gottes einen Weg fand, es in die
Welt des Menschen hineinzutragen.
Wo der Mensch in seiner Sehnsucht nach dem Überzeitlichen
und in seiner Ahnung vom Ewigen sich im eigenen Licht
dennoch ein Bild des Ewigen und Göttlichen zu machen suchte,
da wurden seine Götter zu Tyrannen und deren Himmelreich
eine Lasterhöhle. Um sich vor diesen Gottheiten zu schützen
und ihrem ewigen Zorn zu entgehen, unterzog er sich den
schwersten Opfern. Die Furcht vor der Gottheit und ihrer
Ewigkeit wurde zum Inhalt seiner Religion. Die Mythologien
der Völker sind die Theologien der Menschheit, die ohne
Gottesoffenbarung das Angesicht Gottes suchte. Die
Menschheit suchte Gott, ab er fand nur ein ins Entsetzliche
gesteigertes Menschenbild. Die Völker ersehnten das
Himmelreich, aber schauten es nur im eigenen Lasterleben.
Sie erflehten Erlösung, aber nicht die von ihrer Sünde und
Schuld, sondern allein die der Befriedigung ihres gefallenen
und unerlösten Zustandes. Ohne Offenbarung fand daher nie
der Mensch über sich selbst und über seinen Todeszustand
hinaus. Wohl vermochte er in seiner Geschichte dem Leben
zwar andere Formen, niemals jedoch einen höheren Inhalt zu
geben. Dies bleibt eine Tat der Barmherzigkeit Gottes.
J.Kroeker
Von Adam und seinem Fall.
"Und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren. Und sie
banden Feigenblätter um, nachdem sie sich aus denselben
Schürzen gemacht hatten." 1.Mose 3,7.
Hier haben wir den Anfang aller rein menschlichen Religionen.
Der Mensch ohne Gott sucht auch seine Schuld ohne Gott zu
lösen, sobald sie ihm zum Bewusstsein kommt. Auf dem Boden
seines Naturzustandes gibt es für ihn keine anderen Mittel
als die der Natur und der eigenen Kraft. Ob er sie an einem
Feigenbaum oder sonst wo findet - natürliche Mittel sollen
seine sittliche Blöße decken. Der Verlust eines innerlichen
Zustandes soll geheilt werden durch das Mittel der Gabe der
Natur. Feigenblätter können vielleicht natürliche Wunden
heilen, nicht aber Verluste der Seele wiederbringen.
Das wahre Wesen der Nacktheit des Menschen lag nämlich
weit über die Natur hinaus. Es war der Verlust der wahren
Gottähnlichkeit. Diese hatte der Mensch als seinen inneren
Zustand verloren. In seiner Gottähnlichkeit war der Mensch
unschuldig auch ohne Feigenblatt. Ohne diese blieb er
schuldig trotz des Feigenblattes. Und doch hat die
Menschheit bis heute nie mehr aufgehört, ihre sittlichen
Wunden durch natürliche Mittel zu heilen. Auch darin trägt
sie je und je das Bild des ersten Adam. Daher sind im Laufe
der Jahrtausende Religionen um Religionen entstanden.
Und doch sind es nur Feigenblätter vom Baum der Natur,
vom Menschen selbst gepflückt und als Schürze zubereitet.
Denn was ist das Wesen aller rein menschlichen
Religionen? Selbsterlösung. Daher auch ihre ausgesprochene
Kreuzesfeindschaft. Haben doch alle Religionen ihr
Heimatrecht auf dem Boden des natürlichen Zustandes des
Menschen. Die Sehnsucht schuf sie zwar, aber in eigener
Kraft und mit eigenen Mitteln. Was dem gefallenen Menschen
zur Verfügung stand, seine Nacktheit zu decken, war eine Gabe
der Natur und seine eigene Handlung. Niemals aber konnte
Menschliches Göttliches wiederherstellen. Vom Fleisch konnte
immer nur Fleisch geboren werden. Gottesebenbildlichkeit ist
aber Geistesgemeinschaft des Menschen mit seinem Schöpfer.
Es gab daher vom Menschen aus auch niemals einen Weg zurück
zu Gott. Auch in aller seiner Religion blieb der Mensch an
sich in seinem inneren Zustand das, was er war. In ihrer
Stärke erwies gerade seine Religion sich als Feindin Gottes.
Der Herr der Herrlichkeit ist von der Religion gekreuzigt
worden. Gott kann nur in einen neuen Zustand des Lebens
führen, indem Er den Zustand des Todes richtet. Gottes Heil
führt über Golgatha nach Ostern zu jenem neuen Lebenszustand,
in welchem der Mensch eine Neuschöpfung geworden ist in
Christo Jesu.