1. Mose

1Mo 3,4 C.O.Rosenius Da sprach die Schlange zum Weibe: Ihr werdet mitnichten des Todes sterben. 1. Mos. 3, 4.

Ist es nicht bedeutsam, wie der Teufel hier seinen Angriff beginnt? Er fängt ganz leise damit an, das Band zu lösen, das den Menschen hält, nämlich den Glauben an Gott. - Sollte Gott gesagt haben: ,,Ihr sollt nicht essen"? usw. Er redet noch vorsichtig; Er sagt noch nichts Bestimmtes. Er überläßt es Evas eigenem Nachdenken und will, daß sie ihre Vernunft brauchen und nachdenken soll, ob ein solches Gebot anzunehmen sei, oder ob sie es nicht vielleicht mißverstanden habe. Sobald Eva sich aber in ein Gespräch einließ, stieg seine Dreistigkeit: ,,Ihr werdet nicht sterben."

So pflegt es der Teufel zu machen. Er fängt damit an, den Glauben wankend zu machen, verwirrt dann den Verstand über Gottes Wort und macht den Menschen schließlich über Gottes Meinung ungewiß. Gelingt ihm dies, dann gewinnt er alles. Verbleibt der Mensch dagegen fest in einem lebendigen Glauben an Gottes Wort, dann ist keine Begierde so mächtig, kein Fall so tief, daß nicht noch allem abgeholfen werden kann. Das weiß der Teufel. ,,Deshalb", sagt Luther, ,,ging er damit um, daß er durch seine Rede Eva von dem wegführen könnte, was Gott gesagt hatte, und hat so, wenn er das Wort aus dem Wege geräumt hatte, den guten Willen verdorben, den der Mensch vorher hatte, so daß er sich gegen Gott auflehnte; er hat auch den Verstand verwirrt und verdorben, so daß der Mensch an Gottes Willen zweifelte. Daraus folgt dann eine ungehorsame und gegen Gott streitende Hand, die sich gegen das Gebot Gottes ausstreckt, den Apfel zu pflücken, darnach auch ein ungehorsamer und widerstreitender Mund und Zähne. Kurz, auf Unglauben oder Zweifel an Gott und Seinem Wort folgt alles Böse; denn was gibt es Schlimmeres, als Gott ungehorsam zu werden und dem Teufel zu gehorchen?" - Solches beabsichtigt er nun mit dieser hinterlistigen Frage: ,,Ja, sollte Gott gesagt haben?" Als ob er sagen wollte: Ihr seid wahrlich gute Narren, wenn ihr glaubt, daß Gott es so gesagt hat; denn Gott ist keineswegs ein solcher, der danach fragt, ob ihr eßt oder nicht eßt. Und außerdem: Solltet ihr, die ihr zu Herrschern über die ganze Erde eingesetzt seid, unter einem solchen Zwang stehen, daß ihr nicht Freiheit hättet, von allerlei Bäumen im Garten zu essen? Wäre das nicht ein Widerspruch zu dem, was Gott euch gesagt hat: ,,Ihr sollt essen von allerlei Bäumen im Garten"? In dieser Weise arbeitet die alte Schlange darauf hin, Eva zu verwirren, sie in Ungewißheit und in Unglauben an Gottes Wort zu führen.

In gleicher Weise verfährt der Teufel noch heute. Ist es nicht merkwürdig, daß man von mancher listigen Schlange oft ganz dieselben Worte hört, durch die der Teufel einer einfältigen Seele den Glauben zu rauben sucht?! ,,Sollte Gott gesagt haben?" - z. B., daß derjenige, der nicht das ganze Gesetz hält, verflucht sei? Oder würde Gott den Menschen auf die Erde gesetzt haben, wenn Er gewußt hätte, daß dieser fallen würde und Er ihn schließlich verdammen müßte? Oder sollte Gott einen Unschuldigen für die Schuldigen leiden lassen? Oder sollte Gott gesagt haben, daß Er den nicht ungestraft lassen würde, der nur Seinen Namen mißbraucht? Sollte Gott, der die Liebe ist, es so genau nehmen? - In dieser Weise bestärkt der Teufel die Gottlosen in ihrer Sicherheit und verhilft ihnen dadurch zu einem derart unerschütterlichen vermeintlichen Glauben an Gottes Güte, daß ihnen nichts Böses begegnen würde. ,,Ihr werdet mitnichten des Todes sterben", heißt es.

Bei den Gläubigen dagegen ficht er unaufhörlich den Trost an. Da heißt es wieder: ,,Sollte Gott gesagt haben?" Sollte Er z. B. gesagt haben, daß Er mir die Sünde nicht zurechnet, die ich doch wirklich habe und bei mir fühle, und daß Er mir dagegen eine Gerechtigkeit zurechnet, die ich weder habe noch bei mir fühle? Sollte Gott gesagt haben, daß ich, der ich leider jeden Tag sündige, dennoch Sein geliebtes Kind sein soll, als ob ich nie sündigte - und dies alles nur um Seines Sohnes willen, der sich für unsere Sünden dahingab? Sollte Er gesagt haben, daß Er allezeit bei uns ist, also auch in meinem Kämmerlein, und daß Er alles hört, was ich bitte oder seufze. In dieser Weise ficht die alte Schlange, der Teufel, unseren Glauben an Gottes Wort stets aufs neue an, um uns ungewiß und in unseren Gedanken schwankend zu machen, damit er uns später führen kann, wohin er will. Darauf müssen wir uns immer gefaßt machen und deshalb stets auf unserer Hut sein.

Jesu, hilf siegen, wenn alles verschwindet Und ich mein Nichts und Verderben nur seh, Wenn kein Vermögen zu beten sich findet, Wenn ich vor Angst und vor Zagen vergeh; Jesu, so wollst Du im Grunde der Seelen Dich mit dem innersten Seufzen vermählen!

Jesu, hilf siegen im Wachen und Beten, Hüter, du schläfst ja und schlummerst nicht ein; Laß dein Gebet mich unendlich vertreten, Der du versprochen, mein Fürsprech zu sein. Wenn mich die Nacht mit Ermüdung will decken, Wollst Du mich, Jesu, ermuntern und wecken!





J.Kroeker Die auf Gott hin angelegte Persönlichkeit des Menschen dürstet nach Erleuchtung. Und zwar nach einer Erleuchtung Von Adam und seinem Fall.

"Da sprach die Schlange zur Frau: Ihr werdet sicherlich nicht sterben! Gott weiß vielmehr, welches Tages ihr davon esset, werden eure Augen aufgetan und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist." 1.Mose 3,4 f.

Die auf Gott hin angelegte Persönlichkeit des Menschen dürstet nach Erleuchtung. Und zwar nach einer Erleuchtung, die den Menschen über sich selbst hinausführt. Diese kann jedoch ihm nie von jenem Geschöpf und dessen Gaben werden, das unter ihm steht. Sie kann ihm nur werden von dem Schöpfer, der weit über ihm steht. Nach dem Evangelium der Schlange soll jedoch die Erleuchtung von oben ersetzt werden durch die Frucht von unten. Was Wunder, dass auf Grund solch einer Erleuchtung der Mensch sich in seiner Erkenntnis hinfort auch nur in dem bewegte, was im Bereiche dieser Natur lag.

Als Bild und Gleichnis Gottes war die ganze Persönlichkeit des Menschen für die Ebenbildlichkeit Gottes berufen. Was dem Menschen jedoch nur als innerlicher Wesenszustand werden kann, sollte ihm nach dem Wort der Schlange nun auf dem Wege natürlicher Erkenntnis werden. Das Wissen über Gott soll ihn zu einem Gott machen. Das Erkennen der Natur soll ihn bereits über die Natur hinausheben. Denn das "sein wie Gott" soll der Mensch nicht als eine Wirkung Gottes, sondern als eine Folge des Genusses der Frucht der Natur empfangen. Man kann Gott gleich werden, ohne von dem Wirken Gottes abhängig zu sein. Eine Frucht des Baumes und eine innerliche Willensentscheidung des Menschen, von der Frucht zu nehmen und zu essen - das ist der natürliche Weg zur menschlichen Gottgleichheit.

Bisher führte dieser Weg den Menschen, sooft und solange er ihn ging, nur zur Naturähnlichkeit. Der Mensch fand nicht das Gottesbild über ihm, sondern das Tierbild unter ihm. Es erschloss ihm wohl die Kraft der Natur, aber nicht seine Unabhängigkeit von der Natur. Je mehr er sie auf Grund ihrer Erkenntnis zu beherrschen suchte, desto mehr sah er sich durch sie geknechtet. Kein Zeitalter der Geschichte war wohl so versklavt durch die Kräfte der Natur, wie der Kulturmensch unseres 20. Jahrhunderts. Umsonst ringt heute der Mensch im Lichte eines Tierevangeliums nach den Kräften einer Gottesherrschaft. Was er auch baut in Stadt und Land, was er auch einigt in Gesellschaft und Reich, was er auch gewinnt an Besitz und Leben, was er auch predigt in Politik und Wissenschaft - alles trägt nicht das Gottesbild über ihm, sondern das Tierbild unter ihm, ist nicht Gottesherrschaft über die Welt, sondern Weltherrschaft über den Menschen.