1Mo 1,1
A.Christlieb
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. 1. Mose 1, 1
Mit diesen Worten beginnt die Heilige Schrift, die Bibel,
das Wort Gottes. G o t t e s Wort heißt sie nicht, weil die
Vokabel Gott oft in ihr vorkommt, auch nicht, weil Worte
darin stehen, die durch den Mund Gottes gegangen sind.
G o t t e s Wort heißt sie, weil man durch das Wort hindurch
G o t t schauen kann, wie er mit der Welt und mit der Menschheit
umgeht. Bis in sein Herz hinein kann man ihn schauen, wie es
für uns schlägt. Und bei seinem Wort können wir ihn fassen
und so Gemeinschaft mit ihm finden. - Wir armen
Erdenmenschen bleiben so gern hängen mit unserem Blick bei
dem, was hier auf der Erde zu sehen ist. Gottes Wort hebt
unsere Blicke empor zu Gottes Tun und Gottes Werk. Die
Schöpfungsgeschichte offenbart die Allgewalt seines Wortes.
Gott sprach - und - es geschah also. Psalm 33, 9: ,,So er
spricht, so geschieht es, und so er gebietet, so steht es
da." Von allen Werken Gottes heißt es zuletzt: ,,Gott sah an
alles, was er gemacht hatte, und siehe da, es war sehr gut"
(1. Mose 1, 31). Von dem ,,Sehr guten" aber war der Mensch
das allerbeste, war Gottes Ebenbild und Gottes Stellvertreter
hier auf Erden. Ach, wäre es so geblieben! Der Mensch aber
ist - durch die Sünde - von seiner Höhe gestürzt. In seinem
Herzen sieht es so aus, wie es Vers 3 von der Erde heißt:
,,Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf
der Tiefe." Ja: wüst, leer und finster! So hat die Sünde
das Ebenbild Gottes verderbt, verunstaltet, ins Gegenteil
verkehrt. Die Heilige Schrift zeigt uns aber, daß Gott
alles, was er begonnen hat, auch zum guten Ende führt. Er
läßt sein Volk nicht liegen. Was er angefangen, das führt
er herrlich hinaus.
D.M.Luther
Vorrede auf das Alte Testament
DAS ALTE TESTAMENT HALTEN ETLICHE GERING / Als eines, das dem Jüdischen
Volk allein gegeben / und nun ganz vorbei sei / und nur von vergangenen
Geschichten schreibe / Meinen / sie haben genug am Neuen Testament / und
geben vor, nichts als geistlichen Sinn im Alten Testament zu suchen / Wie
es auch Origenes / Hieronymus und viele hohe Leute mehr gehalten haben.
Aber Christus spricht Joh. V. Forschet in der Schrift / denn dieselbige
gibt Zeugnis von mir. Und S.Paulus gebietet Timotheo / Er solle anhalten
mit Lesen der Schrift. Und weist Röm. I. darauf hin, wie das Evangelium von
Gott in der Schrift verheißen sei. Und I. Kor. XV. sagt er / Christus sei
entsprechend der Schrift von Davids Geblüte gekommen / gestorben und vom
Tod auferstanden. So weist uns auch S. Petrus mehr als einmal zurück in die
Schrift.
WOmit sie uns also lehren / die Schrift des Alten Testaments nicht zu
verachten, sondern mit allem Fleiß zu lesen / weil sie selbst das Neue
Testament so mächtiglich gründen und belegen / durchs Alte Testament / und
sich drauf berufen. Wie auch S. Lucas Act. XVII. schreibt / Daß die zu
Thessalonich täglich die Schrift erforschten / Ob sich's so verhielte / wie
Paulus lehrte. So wenig nun des Neuen Testaments Grund und Lehre zu
verachten ist / So teuer ist auch das Alte Testament zu achten. Und was ist
das Neue Testament anderes / ale eine öffentliche Predigt und Verkündigung
von Christo / durch die Sprüche im Alten Testament gesetzt / und durch
Christum erfüllet.
DAß aber diejenigen / die es nicht besser wissen / eine Anleitung und
Unterricht haben / nützlich darin zu lesen / Habe ich diese Vorrede nach
meinem Vermögen / so viel mir Gott gegeben, gestellt. Bitte und warne
aufrichtig einen jeglichen frommen Christen / Daß er sich nicht stoße an
der einfältigen Rede und Geschicht / so ihm oft begegnen wird / Sondern
zweifle nicht dran / wie schlecht es immer sich ansehen läßt / es seien nur
Worte / Werke / Gericht und Geschichte der hohen göttlichen Majestät /
Macht und Weisheit. Denn dies ist die Schrift / die alle Weisen und Klugen
zu Narren macht / Und allein den Kleinen und Geringen offen steht / wie
Christus sagt Matth. XI. Darum laß dein Dünkel und Gefühl fahren / und
halte von dieser Schrift / als von dem allerhöchsten / edelsten Heiligtum /
als von der allerreichsten Fundgrube / die nie mehr genug ergründet werden
mag. Auf daß du die Göttliche Weisheit finden mögest / welche Gott hier so
schlicht und einfach vorlegt / daß er allen Hochmut dämpfe. Hier wirst du
die Windeln und die Krippe finden / darin Christus liegt / Dahin auch der
Engel die Hirten weist. Schlechte und geringe Windeln sind es / Aber teuer
ist der Schatz Christus / der drinnen liegt.
SO WISSE NUN / DAß DIES BUCH EIN GESETZBUCH IST / das da lehrt / was man
tun und lassen soll. Und daneben anzeigt Exempel und Geschichte / wie
solche Gesetze gehalten oder übertreten sind. Gleich wie das Neue Testament
/ ein Evangelium oder Gnadenbuch ist / und lehrt / wo man's nehmen soll /
daß das Gesetz erfüllt werde. Aber gleich wie im Neuen Testament / neben
der Gnadenlehre / auch viele andere Lehren gegeben werden / die da Gesetz
und Gebot sind / das Fleisch zu regieren / sintemal in diesem Leben der
Geist nicht vollkommen wird / noch allein Gnade regieren kann. Also sind
auch im Alten Testament / neben den Gesetzen / etliche Verheißung und
Gnadensprüche, womit die heiligen Väter und Propheten unter dem Gesetz im
Glauben Christi / wie wir / erhalten sind. Doch wie des Neuen Testaments
eigentliche Hauptlehre ist / Gnade und Friede durch Vergebung der Sünden in
Christo verkündigen / Also ist des Alten Testaments eigentliche Hauptlehre
/ Gesetze lehren und Sünde anzeigen / und Gutes fordern. Solches wisse im
Alten Testament zu erwarten.
UND DAß WIR ZUERST AUF MOSES' BÜCHER kommen / Der lehrt in seinem ersten
Buch / wie alle Kreaturen geschaffen sind / Und (was seines Schreibens
Hauptpunkt ist) Wo die Sünde und der Tod hergekommen sei / nämlich / durch
Adams Fall / aus des Teufels Bosheit. Aber bald darauf / ehe denn Moses'
Gesetz kommt / lehrt er / Woher die Hilfe wieder kommen sollte / die Sünde
und Tod zu vertreiben. Nämlich / nicht durch Gesetz noch eigene Werke /
weil noch kein Gesetz war / Sondern durch des Weibes Samen / Christum /
Adam und Abraham verheißen. Auf daß also der Glaube von Anfang der Schrift
durch und durch gepriesen werde / über alle Werke / Gesetz und Verdienst.
Also hat das erste Buch Mose fast nur Exempel des Glaubens und Unglaubens /
und was Glaube und Unglaube für Früchte tragen / und ist fast ein
Evangeliums-Buch.
DANACH IM ZWEITEN BUCH / DA DIE WELT NUN voll und in der Blindheit
versunken war / daß man schier nicht mehr wußte / was Sünde war / oder wo
Tod hergekommen sei / bringt Gott Moses hervor mit dem Gesetz / Und nimmt
ein besonderes Volk an / die Welt an ihnen wieder zu erleuchten / und
durchs Gesetz die Sünde wieder zu eröffenen. Und verfaßt also das Volk mit
allerlei Gesetzen / und sondert sie von allen andern Völkern ab. Läßt sie
eine Hütte bauen / und richtet einen Gottesdienst an / Bestellt Fürsten und
Amtleute / und versorgt also sein Volk sowohl mit Gesetzen wie mit Leuten
auf's allerfeinste / wie sie / beiderlei leiblich vor der Welt / und
geistlich vor Gott / regiert werden sollen.
IM DRITTEN BUCH / WIRD IN SONDERHEIT DAS Priestertum verordnet mit seinen
Gesetzen und Rechten / danach die Priester tun / und das Volk lehren
sollen. Da sieht man / wie ein Priesterliches Amt nur um der Sünde willen
eingesetzt wird / daß es dieselbige dem Volk kundt machen und vor Gott
versöhnen soll. Also / daß sein ganzes Werk ist / mit Sünden und Sündern
umgehen. Derhalben auch den Priestern kein zeitlich Gut gegeben / noch
leiblich zu regieren befohlen oder zugelassen wird / Sondern ihnen
zugeeignet wird, sich allein des Volks anzunehmen in den Sünden.
IM VIERTEN / DA NUN DIE GESETZE GEGEBEN / PRIEster und Fürsten eingesetzt
sind / die Hütten und Gottesdienst angerichtet sind / und alles bereit ist
/ was zum Volk Gottes gehört / Hebt sich das Werk und Übung an / und wird
versucht / wie solche Ordnung gehen und sich schicken will. Darum schreibt
das selbe Buch von so viel Ungehorsam und Plagen des Volks. Und es werden
etliche Gesetze erklärt und gemehrt. Denn also findet sich's allezeit / daß
Gesetze schnell zu geben sind / Aber wenn sie angehen und in Schwung kommen
sollen / da begegnet nichts mehr als nur Hindernis / und will nirgends fort
/ wie das Gesetz fordert. Daß dieses Buch ein merkliches Exempel ist / wie
es garnichts ist / mit Gesetzen die Leute fromm zu machen / Sondern wie S.
Paulus sagt / Daß Gesetze nur Sünde und Zorn anrichten.
IM FÜNFTEN / DA NUN DAS VOLK UM SEINEN Ungehorsam gestraft ist / und Gott
sie mit Gnaden ein wenig gelockt hatte / das sie aus Wohltat / da er ihnen
die zwei Königreiche gab / bewegt wurden, sein Gesetz mit Lust und Liebe zu
halten / widerholt Mose das ganze Gesetz mit allen Geschichten / so ihnen
begegnet war (außer was das Priestertum betrifft) und erklärt also von
neuem alles / was beiderlei zum leiblichen und geistlichen Regiment eines
Volkes gehört. Daß also Mose / wie ein volkommener Gesetzeslehrer
allenthalben seinem Amt genüge täte / und das Gesetz nicht alleine gebe /
sondern auch dabei wäre / wo man es tun sollte / und dort, wo es mangelt /
erklärt und wieder aufrichtet. Aber diese Erklärung im fünften Buch /
enthält eigentlich nichts anders / als den Glauben zu Gott / und die Liebe
zum Nächsten / Denn dahin zielen alle Gesetze Gottes. Darum wehrt Mose mit
seinem Erklären / allem / das den Glauben an Gott verderben mag / bis hinan
in das XX. Cap. Und allem / das die Liebe hindert / bis an des Buches Ende.
HIERBEI IST NUN ZU MERKEN AUFS ERSTE / DAß Mose das Volk so genau mit
Gesetzen verfasset / das er keinen Raum läßt der Vernunft, irgend ein Werk
zu erwählen oder eigenen Gottesdienst erfinden. Denn er lehrt nicht allein
Gott fürchten / trauen und lieben / Sondern gibt auch so mancherlei Weise
äußerlichen Gottesdienstes / mit opfern / geloben / fasten / kasteien etc.
/ Daß niemand not sei / etwas anders zu erwählen. Item er lehret auch
pflanzen / bauen / freien / streiten / Kinder / Gesinde und Haus regieren /
kaufen und verkaufen / borgen und lösen / und alles was äußerlich und
innerlich zu tun sei / Sogar / daß etliche Satzungen gleich närrisch und
vergeblich anzusehen sind.
LIeber / warum tut Gott das? Endlich darum / Er hat sich des Volks
unterwunden / daß es sein eigen sein sollte / und er wollte ihr Gott sein /
darum wollte er sie also regieren / daß all ihr Tun gewiß wäre / daß es vor
ihm recht wäre. Denn wo jemand etwas tut / da Gottes Wort nicht zuvor
aufgegeben ist / das gilt vor Gott nicht und ist verloren. Denn er
verbietet auch am IIII. und XIII. Kap. im V. Buch / daß sie nichts sollen
hinzutun zu seinen Gesetzen. Und im XII. spricht er / Sie sollen nicht tun
was ihnen recht dünkt. Auch der Psalter und alle Propheten drob schreien /
Daß das Volk gute Werke täte / die sie selbst erwählten / und von Gott
nicht geboten waren. Denn er will und kann's nicht leiden / daß die seinen
etwas vornehmen zu tun / das er nicht befohlen hat / es sei wie gut es
immer sein kann / Denn Gehorsam ist aller Werke Adel und Vorzug / der an
Gottes Worten hängt.
WEil denn nun dieses Leben nicht kann ohne äußerlichen Gottesdienst und
Weise sein / hat er ihnen vorgelegt solch mancherlei Weise / und mit seinem
Gebot verfaßt. Auf daß / ob sie ja müßten oder auch wollten Gott irgend
einen äußerlichen Dienst tun / das sie dieser einen angriffen / und nicht
ein eigen erdächten / Damit sie gewiß und sicher wären daß solches ihr Werk
in Gottes Wort und Gehorsam ginge. Also ist ihnen allenthalben gewehrt /
eigener Vernunft und freiem Willen zu folgen / Gutes zu tun und wohl zu
leben / Und doch übrig genug / Raum / Stelle / Zeit / Person / Werk und
Weise bestimmt und vorgelegt / daß sie nicht klagen dürfen / noch fremder
Gottesdienste Beispiel nachfolgen müssen.
AUFS ANDERE IST ZU MERKEN / DAß DIE GESETZE dreierlei Art sind. Etliche die
nur von zeitlichen Gütern sagen / Wie es bei uns die Kaiserlichen Gesetze
tun. Diese sind von Gott allermeist um der Bösen willen gesetzt / daß sie
nichts ärgeres täten. Darum sind solche Gesetze nur Wehrgesetz / mehr denn
Lehrgesetz. Als da Mose gebietet ein Weib mit einem Scheidebrief von sich
zu lassen. Item / daß ein Mann sein Weib mit einem Eiferopfer treiben / und
andere Weiber mehr nehmen mag / Solches sind alles weltliche Gesetze.
ETliche aber sind / die von äußerlichem Gottesdienst lehren / wie droben
gesagt ist.
ÜBer diese beide gehen nun die Gesetze vom Glauben und von der Liebe / also
/ daß alle anderen Gesetz müssen und sollen ihr Maß haben vom Glauben und
von der Liebe / daß sie gehen sollen / wo ihre Werke ebenso geraten / daß
sie nicht gegen den Glauben und die Liebe gehen / Wo sie aber gegen den
Glauben und Liebe geraten / sollen sie schlecht ab sein.
DAher lesen wir / daß David den Mörder Joab nicht tötete / so er doch
zweimal den Tod verdient hatte. Und II. Reg. XIIII. gelobt er dem Weibe von
Thekoa / ihr Sohn solle nicht sterben / obwohl er seinen Bruder erwürgt
hatte. Item / Absalom tötete er auch nicht. Item / er selbst David aß von
dem heiligen Brot der Priester I. Reg. XXI. Item Thamar meinte / der König
möchte sie geben Amnon ihrem Stiefbruder zur Ehe. Aus dieser und der
gleichen Geschichten / sieht man wohl / daß die Könige / Priester und
Obersten haben oft frisch ins Gesetz gegriffen / wo es der Glaube und die
Liebe haben gefordert. Daß also der Glaube und die Liebe soll aller Gesetze
Meisterin sein / und sie alle in ihrer Macht haben. Denn sintemal alle
Gesetze auf den Glauben und Liebe ausgerichtet sind / soll keines mehr
gelten noch ein Gesetz sein / wo es dem Glauben oder der Liebe zuwider
geraten will.
DErhalben irren die Juden noch heutigen Tages sehr / daß sie so streng und
hart an etlichen Gesetzen Mose halten / und viel ehr Liebe und Friede
ließen untergehen / ehe sie mit uns essen oder trinken / oder dergleichen
täten / Und sehen des Gesetzes Meinung nicht recht an / Denn dieser
Verstand ist von Nöten allen, die unter Gesetzen leben / nicht allein den
Juden. Denn also sagt auch Christus Matth. XII. Daß man den Sabbath brechen
möchte / wo ein Ochs in eine Grube gefallen war / und ihm heraushelfen /
Welches doch nur eine zeitliche Not und Schaden war. Wieviel mehr soll man
frisch allerlei Gesetze brechen / wo es Leibes Not fordert / so dabei dem
Glauben und der Liebe nichts zuwider geschieht. Wie Christus sagt / Daß
David getan hat / da er die heiligen Brote aß / Mar. III.
WAS IST ABER / DAß MOSE DIE GESETZE SO ungeordnet untereinander wirft?
Warum setzt er nicht die Weltlichen zusammen / die Geistlichen auch / und
den Glauben und Liebe ebenfalls? Dazu widerholt er zuweilen ein Gesetz so
oft / und treibt einerlei Wort so vielmal / daß gleich verdrossen ist zu
lesen und zu hören? Antwort: Mose schreibt / wie sichs treibt / Daß sein
Buch ein Bild und Exempel ist des Regiments und Lebens. Denn also geht es
zu / wenn es im schwang geht / daß jetzt dieses Werk / jetzt jenes getan
sein muß. Und kein Mensch sein Leben also fassen mag (so es anders Göttlich
sein soll) daß er diesen Tag nichts als geistliche / den andern nichts als
weltliche Gesetze übe / Sondern Gott regiert also alle Gesetze
untereinander / wie die Sterne am Himmel / und die Blumen auf dem Felde
stehen / Daß der Mensch muß alle Stunde zu jeglichem bereit sein / und tun,
welches ihm am ersten vor die Hand kommt / Also ist Mose Buch auch
untereinander gemengt.
DAß er aber so sehr treibt und oft einerlei widerholt / Damit ist auch
seines Amtes Art angezeigt. Denn wer ein Gesetzvolk regieren soll / der muß
immer anhalten / immer treiben / und sich mit dem Volk / wie mit Eseln /
herumplagen / Denn kein Gesetzeswerk geht mit Lust und Liebe ab / es ist
alles erzwungen und abgenötigt. Weil nun Mose ein Gesetzeslehrer ist / muß
er mit seinem Treiben anzeigen / wie Gesetzeswerke gezwungene Werke sind /
und das Volk müde machen / Bis es durch solch Treiben erkenne seine
Krankheit und Unlust zu Gottes Gesetz / und nach der Gnade trachte / wie
folgt.
AUFS DRITTE / IST DAS DIE RECHTE MEINUNG Mose / Daß er durchs Gesetz die
Sünde offenbare und alle Vermessenheit menschlichen Vermögens zuschanden
mache. Denn daher nennt ihn S. Paulus Gal. II. einen Amtmann der Sünde und
sein Amt ein Amt des Todes II. Kor. III. Und Röm. III. und VII. spricht er
/ Durchs Gesetze komme nicht mehr denn Erkenntnis der Sünde. Und Röm. III.
Durchs Gesetzes Werke wird niemand fromm vor Gott. Denn Mose kann durchs
Gesetz nicht mehr tun / weder anzeigen was man tun und lassen soll. Aber
Kraft und Vermögen solches zu tun und zu lassen / gibt er nicht / und läßt
uns also in der Sünde stecken.
WEnn wir denn in der Sünde stecken / so dringt der Tod also bald auf uns /
als eine Rache und Strafe über die Sünde. Daher nennt S. Paulus die Sünde /
des Todes Stachel / Daß der Tod durch die Sünde alle seine Rechte und Macht
an uns hat. Aber wo das Gesetz nicht wäre / so wäre auch keine Sünde. Darum
ist's alles Mose Amts Schuld / der regt und rügt die Sünde durchs Gesetz /
so folgt der Tod auf die Sünde mit Gewalt. Daß Moses' Amt billig und recht
ein Amt der Sünde und des Todes von S. Paulo genannt wird / Denn er bringt
nichts auf uns durch seine Gesetzgebung / denn Sünde und Tod.
ABer doch ist solches Sündeamt und Todamt gut / und fast von nöten / Denn
wo Gottes Gesetz nicht ist / da ist alle menschliche Vernunft so blind /
daß sie die Sünde nicht erkennen mag. Denn keine menschliche Vernunft weiß
/ daß Unglaube und an Gott verzweifeln Sünde sei / Ja sie weiß nichts davon
/ daß man Gott glauben und trauen soll / Geht also dahin verstockt in ihrer
Blindheit / und fühlt solche Sünde nimmermehr. Tut dieweil sonst etwa gute
Werke / und führt ein äußerlich ehrbares Leben. Da meint sie denn / sie
stehe wohl / und sei der Sachen genug geschehen. Wie wir sehen in den
Heiden und Heuchlern / wenn sie auf ihr bestes leben. Item / so weiß sie
auch nicht / daß böse Neigung des Fleischs / und Haß wider die Feinde /
Sünde sei / sondern weil sie sieht und fühlt / daß alle Menschen so
geschickt sind / achtet sie solches für natürlich und recht gutes Ding /
Und meint / es sei genug / wenn man nur äußerlich den Werken wehrt. Also
geht sie dahin / und achtet ihre Krankheit für Stärke / ihre Sünde für
Recht / ihr böses für gut / und kann nicht weiter.
SIehe / diese Blindheit und verstockte Vermessenheit zu vertreiben / ist
die Not Moses' Amtes. Nun kann er sie nicht vertreiben / er muß sie
offenbaren und zu erkennen geben. Das tut er durchs Gesetz / da er lehrt /
Man solle Gott fürchten / trauen / glauben und lieben. Dazu keine böse Lust
noch Haß zu einigem Menschen tragen oder haben. Wenn nun die Natur solches
recht hört / so muß sie erschrecken / Denn sie befindet gewiß / weder
trauen noch glauben / weder Furcht noch Liebe zu Gott. Item weder Liebe
noch Reinigkeit gegen dem Nächsten / Sondern nichts als Unglauben / Zweifel
/ Verachtung und Haß zu Gott / und nur bösen Willen und Lust zum nächsten.
Wenn sie aber solches findet / so ist der Tod also bald vor Augen / der
solchen Sünder fressen / und in die Hölle verschlingen will. SIehe / Das
heißt den Tod durch die Sünde auf uns dringen / und durch die Sünde uns
töten. Das heißt durch das Gesetz die Sünde regen / und vor die Augen
setzen / und alle unser Vermessenheit in ein Verzagen / und Zittern und
Verzweifeln treiben. Daß der Mensch nicht mehr kann tun / denn mit den
Propheten schreien / Ich bin von Gott verworfen / Oder / wie man auf
Deutsch sagt / Ich bin des Teufels / Ich kann nimmermehr selig werden. Das
heißt recht in die Hölle gefahren. Das meint S. Paulus mit kurzen Worten.
I. Korin. XV. Der Stachel des Todes ist die Sünde / Aber das Gesetz ist der
Sünde Kraft. Als sollte er sagen / Daß der Tod sticht und uns erwürgt /
macht die Sünde / die an uns gefunden wird / des Todes schuldig. Daß aber
die Sünde an uns gefunden wird / und so mächtig uns dem Tod gibt / macht
das Gesetz / welches uns die Sünde offenbart und erkennen lehrt / die wir
zuvor nicht kannten / und sicher waren.
NUN SIEHE / MIT WELCHER GEWALT MOSE SOLCHES sein Amt treibt und ausrichtet
/ Denn daß er ja die Natur aufs allerhöchste schände / gibt er nicht allein
solche Gesetze / die von natürlichen und warhaftigen Sünden sagen / als da
sind die zehn Gebote / Sondern macht auch Sünde / da von Natur sonst keine
Sünde ist / und dringt und drückt auf sie mit Haufen Sünden. Denn Unglaube
und böse Lust ist von Art der Sünde und des Todes wert. Aber daß man nicht
soll gesäuertes Brot essen zu Ostern / Und kein unreines Tier essen / kein
Zeichen an dem Leib machen / und alles was das Levitische Priestertum mit
Sünden schafft / das ist nicht von Art der Sünde und böse / sondern wird
allein darum Sünde / das durchs Gesetz verboten ist / welchs Gesetz wohl
abgetan sein kann. Aber die zehn Gebote mögen nicht also abgetan sein /
Denn da ist Sünde / obschon die Gebote nicht wären / oder nicht erkannt
wären. Gleich wie der Heiden Unglaube Sünde ist / ob sie es wohl nicht
wissen noch achten / das Sünde sei.
ALso sehen Wir / daß solche und so mancherlei Gesetze Mose / nicht allein
darum gegeben sind / das niemand etwas eigenes erwählen dürfte Gutes zu tun
/ und wohl zu leben / wie droben gesagt ist. Sondern vielmehr darum / daß
der Sünden nur viel würden / und sich über die Maßen häuften / das Gewissen
zu beschweren. Auf daß die verstockte Blindheit sich erkennen müßte / und
ihr eigen Unvermögen und Nichtigkeit zum Guten müßte fühlen / Und also
durchs Gesetz genötigt und gedrungen würde etwas weiteres zu suchen / als
das Gesetz und eigenes Vermögen / nämlich / Gottes Gnade im künftigen
Christum verheißen. Denn es ist je alles Gesetz Gottes gut und recht / wenn
er auch gleich aufgäbe nur Mist zu tragen / oder Strohhalme aufzuheben. So
muß aber der ja nicht fromm noch guten Herzens sein / der solch gutes
Gesetz nicht hält / oder ungerne hält. So vermag alle Natur nicht anders /
denn ungerne halten / Darum muß sie hier am guten Gesetz Gottes / ihre
Bosheit erkennen und fühlen / und nach der Hilfe göttlicher Gnade seufzen
und trachten in Christo.
DARUM / WO NUN CHRISTUS KOMMT / DA HÖRT DAS Gesetz auf / sonderlich das
Levitische / welches Sünde macht / da sonst ihrer Art keine Sünde ist / wie
gesagt ist. So hören auch die zehn Gebote auf / Nicht also / daß man sie
nicht halten noch erfüllen sollte / sondern Moses' Amt hört darin auf / daß
es nicht mehr durch die zehn Gebote die Sünde stark macht / und die Sünde
nicht mehr des Todes Stachel ist. Denn durch Christum ist die Sünde
vergeben / Gott versöhnt / und das Herz hat angefangen dem Gesetz hold zu
sein / daß es Moses' Amt nicht mehr kann strafen und zu Sünden machen / als
hätte es die Gebote nicht gehalten / und wäre des Todes schuldig / Wie es
täte vor der Gnade / und ehe denn Christus da war.
DAs lehrt S. Paulus II. Korin. III. da er spricht / Daß die Klarheit im
Angesicht Mose aufhört / um der Klarheit willen im Angesichte Jesu Christi.
Das ist / das Amt Mose / das uns zu Sünde und Schande macht / mit dem Glanz
der Erkenntnis unserer Bosheit und Nichtigkeit / Tut uns nicht mehr weh /
schreckt uns auch nicht mehr mit dem Tod. Denn wir haben nun die Klarheit
im Angesicht Christi. Das ist / das Amt der Gnade / dadurch wir Christum
erkennen / mit welches Gerechtigkeit / Leben und Stärke / wir das Gesetz
erfüllen / Tod und Hölle überwinden. Wie auch die drei Apostel auf dem Berg
Tabor / Moses und Elias sahen / und doch nicht vor ihnen erschraken / um
der lieblichen Klarheit willen im Angesichte Christi. Aber Exod. XXXIIII.
da Christus nicht gegenwärtig war / konnten die Kinder Israel die Klarheit
und den Glanz in Mose Angesicht nicht erleiden / darum mußte er eine Decke
davor tun.
DEnn es sind dreierlei Schüler des Gesetzes / Die ersten / die das Gesetz
hören und verachten / führen ein ruchloses Leben ohne Furcht / Zu diesen
kommt das Gesetz nicht. Und sind bezeichnet / durch die Kalbdiener in der
Wüste / um welcher willen Mose die Tafeln entzwei warf / und das Gesetz
nicht zu ihnen brachte.
DIe anderen / die es angreifen mit eigener Kraft zu erfüllen ohne Gnade.
Die sind bezeichnet durch die / welche Mose Antlitz nicht sehen konnten /
da er zum zweiten mal die Tafeln brachte. Zu diesen kommt das Gesetz / aber
sie leiden es nicht. Darum machen sie eine Decke drüber / und führen ein
heuchlerisches Leben mit äußerlichen Werken des Gesetzes / welchs doch das
Gesetz alles zu Sünden macht / wo die Decke abgetan wird / Denn das Gesetz
erweist / daß unser Vermögen nichts sei / ohne Christi Gnade.
DIe dritten sind / die Mosen klar ohne Decke sehen. Das sind sie / die des
Gesetzes Meinung verstehen / wie es ummöglich Ding fordert. Da geht die
Sünde in der Kraft / da ist der Tod mächtig / da ist des Goliaths Spies wie
ein Weberbaum / und sein Stachel hat sechshundert Sekel Erz / daß alle
Kinder Israel vor ihm fliehen / Außer, der einzige David Christus unser
HErr erlöste uns von dem allen. Denn wo nicht Christi Klarheit neben
solcher Klarheit Mose käme / könnte niemand solchen Glanz des Gesetzes der
Sünde und des Todes Schrecken ertragen. Diese fallen ab von allen Werken
und Vermessenheit / und lernen am Gesetz nicht mehr / denn allein Sünde
erkennen / und nach Christo zu seufzen / Welches auch das eigentlich Amt
Mose und des Gesetzes Art ist.
ALso hat Mose auch selbst angezeigt / daß sein Amt und Lehre sollte währen
bis auf Christum / und alsdann aufhören / da er spricht / Deut. XVIII.
Einen Propheten wird dir der HERR dein Gott erwecken / aus deinen Brüdern /
wie mich / Den sollst du hören etc. Dies ist der edelste Spruch und
freilich der Kern im ganzen Mose / welchen auch die Apostel hoch geführt
und stark gebraucht haben / das Evangelium zu bekräftigen / und das Gesetz
abzutun / und alle Propheten / gar viel draus gezogen haben. Denn weil Gott
hier einen anderen Mose verheißt / den sie hören sollen / zwingt sichs /
daß er etwas anderes lehren würde / als Mose / und Mose ihm seine Macht
übergibt und weicht / daß man jenen hören solle. So kann je der selbe
Prophet nicht Gesetz lehren / denn das hat Mose aufs allerhöchste
ausgerichtet / und wäre keine Not um Gesetzes willen einen anderen
Propheten zu erwecken / Darum ist's gewiß von der Gnadenlehre und Christo
gesagt.
DArum nennt auch S. Paulus Mose Gesetz / das Alte Testament / Christus auch
/ da er das Neue Testament einsetzt. Und ist darum ein Testament / daß Gott
darinnen verhieß und beschied dem Volk Israel das Land Kanaan / wo sie es
halten würden. Und gabs auch ihnen / und ward bestätigt durch Hammel und
Bocks Tod und Blut. Aber weil solches Testament nicht auf Gottes Gnaden /
sondern auf Menschen Werken stand / mußte es alt werden und aufhören / und
das verheißene Land wider verloren werden / darum / daß durch Werke das
Gesetze nicht erfüllt werden kann. Und mußte ein anderes Testament kommen /
das nicht alt würde / auch nicht auf unserem Tun / sondern auf Gottes Wort
und Werke stünde / auf daß es ewiglich währte. Darum ist's auch durch einer
ewigen Person Tod und Blut bestätigt / und ein ewiges Land verheißen und
gegeben. Das sei nun von Mose Bücher und Amt geredet.
WAS SIND ABER NUN DIE ANDEREN BÜCHER DER Propheten und der Geschichten?
Antwort: nichts anderes / denn was Mose ist / Denn sie treiben allesamt
Moses' Amt / und wehren den falschen Propheten / daß sie das Volk nicht auf
die Werke führen / sondern in dem rechten Amt Mose und Erkenntnis des
Gesetzes bleiben lassen. Und halten fest daran, daß sie durch des Gesetzes
rechten Verstand / die Leute in ihrer eigen Untüchtigkeit behalten und auf
Christum treiben / wie Mose tut. Darum streichen sie auch weiter aus / was
Mose von Christo gesagt hat / Und zeigen an beiderlei Exempel / diejenigen
/ die Mose recht haben / und diejenigen / die ihn nicht recht haben / und
aller beider Strafe und Lohn. Also / daß die Propheten nichts anderes sind
/ denn Handhaber und Zeugen Mose und seines Amtes / daß sie durchs Gesetze
jedermann zu Christo bringen.
AUFS LETZTE / SOLLTE ICH AUCH WOHL DIE geistliche Deutung anzeigen / die
durch das Levitische Gesetz und Priestertum Mose vorgelegt ist. Aber es ist
dessen zu viel zu schreiben / es will Raum und Zeit haben / und mit
lebendiger Stimme ausgelegt sein. Denn freilich Mose ein Brunn aller
Weisheit und Verstandes ist / daraus gequollen ist alles / was alle
Propheten gewußt und gesagt haben. Dazu auch das Neue Testament heraus
fließt und darin gegründet ist / wie wir gehört haben. Aber doch einen
kleinen kurzen Griff zu geben / denjenigen / die Gnade und Verstand haben /
weiter danach zu trachten / sei das mein Dienst.
WEnn du willst wohl und sicher deuten / So nimm Christum für dich / Denn
das ist der Mann / dem es alles und ganz und gar gilt. So mache nun aus dem
Hohenpriester Aaron niemand denn Christum allein / wie die Epistel an die
Hebräer tut / welche fast alleine ausreichend ist / alle Figuren Mose zu
deuten. Also ist's auch gewiß / daß Christus selbst das Opfer ist / ja auch
der Altar / der sich selbst mit seinem eigenen Blut geopfert hat / Wie auch
die selbe Epistel meldet. Wie nun der Levitische Hohepriester / durch
solches Opfer nur die gemachten Sünde wegnam / die von Natur nicht Sünde
waren / Also hat unser Hohepriester Christus / durch sein eigenes Opfer und
Blut / die rechte Sünde / die von Natur Sünde ist / weggenomen. Und ist
einmal durch den Vorhang gegangen zu Gott / daß er uns versöhne. Also / daß
du alles / was vom Hohenpriester geschrieben ist / auf Christum persönlich
/ und sonst auf niemand deutest.
ABer des Hohenpriesters Söhne / die mit dem täglichen Opfer umgehen /
sollst du auf uns Christen deuten / die wir vor unserem Vater Christo im
Himmel sitzend hier auf Erden mit dem Leibe wohnen / und nicht hindurch
sind bei ihm / außer geistlich mit dem Glauben. Derselben Amt / wie sie
schlachten und opfern / bedeutet nichts anderes / denn das Evangelium
predigen / Durch welches der alte Mensch getötet und Gott geopfert / durchs
Feuer der Liebe / im heiligen Geist verbrannt und verzehrt wird / Welches
gar wohlriecht vor Gott / das ist / es macht ein gutes / reines / sicheres
Gewissen vor Gott. Diese Deutung trifft S.Paulus Röm. XII. da er lehrt /
wie wir unseren Leib sollen opfern Gott zum lebendigen / heiligen /
angenehmen Opfer. Welches wir tun (wie gesagt) durch stetige Übung des
Evangeliums beiderlei mit predigen und glauben. Das sei diesmal genug zur
kurzen Anleitung / Christum und das Evangelium zu suchen im Alten
Testament.
W.MacDonald
»Im Anfang schuf Gott...« 1. Mose 1,1
Wenn wir die ersten vier Worte von 1. Mose 1,1 vom Rest
des Verses trennen, dann bilden sie eine Art Wahlspruch
für das ganze Leben. Sie sagen: »Gott zuerst.«
Wir finden dieses Motto schon im ersten Gebot angedeutet:
»Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.« Niemand
und nichts darf den Platz des wahren und lebendigen Gottes
einnehmen.
Wir finden den Grundsatz in der Geschichte Elias und der
Witwe, die nur noch soviel Mehl und Öl übrighatte, um einen
letzten Laib für ihren Sohn und sich selbst zu machen
(1. Könige 17,12). Überraschenderweise sagte Elia zu ihr:
»Bereite mir zuerst einen kleinen Kuchen davon.« Obwohl das
vielleicht wie ungeheuerlicher Egoismus klingt, lag die Sache
doch anders. Elia war ein Stellvertreter Gottes. Er meinte
damit: »Setze einfach Gott an die erste Stelle, und du wirst
nie Mangel an lebensnotwendigen Dingen haben.«
Jahrhunderte später lehrte der Herr Jesus das Gleiche in der
Bergpredigt, als Er sagte: »Trachtet aber zuerst nach dem
Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, und dies alles
wird euch hinzugefügt werden« (Matthäus 6,33). Der erste
Platz im Leben gebührt dem Reich Gottes und Seiner
Gerechtigkeit.
Diese Aussage unseres Herrn wird in Lukas 14,26 bestätigt:
»Wenn jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater und
seine Mutter und seine Frau und seine Kinder und seine Brüder
und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann
er nicht mein Jünger sein.« Christus muß den ersten Platz
einnehmen.
Aber wie setzen wir Gott an die erste Stelle? Wir müssen
doch unsere Familie versorgen. Wir müssen an unsere
weltliche Arbeit denken. Wir haben zahllose Pflichten, die
unsere Zeit und Kraft in Anspruch nehmen. Nun, wir setzen
Gott an die erste Stelle, indem wir Ihn mit einer solchen
Liebe lieben, daß jede andere Liebe im Vergleich dazu wie
Haß wirkt. Wir tun es, indem wir alle materiellen Dinge als
von Ihm anvertrautes Gut betrachten und nur diese Dinge
festhalten, die in Verbindung mit Seinem Reich gebraucht
werden können. Wir tun es, indem wir Dingen mit
Ewigkeitsbezug den ersten Platz einräumen und daran denken,
daß selbst gute Dinge manchmal Feinde der besten sein können.
Eine richtige Beziehung zu Gott liegt im höchsten Interesse
des Menschen. Und die richtige Beziehung zu Gott besteht
darin, daß Ihm der erste Platz gegeben wird. Wenn wir Gott
an die erste Stelle setzen, werden wir zwar nicht ohne
Probleme existieren, aber wir finden Erfüllung in unserem
Leben. Doch wenn wir Gott eine zweitrangige Position
zuweisen, haben wir nichts als Probleme - und eine elende
Existenz obendrein.
J.Kroeker
Von seinem wunderbaren Schöpfungswerk.
"Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde." 1.Mose 1,1.
Es ist für die Gottestätigkeit überaus bezeichnend, dass
sämtliche dem Begriff "schaffen" verwandten Wortwurzeln
im Hebräischen "ein Hinausstreben und Heraustreten aus
der Innerlichkeit und Gebundenheit" ausdrücken. Durch
den Begriff "schuf" wird daher auch hier bestimmt, dass
es im Uranfang Gottes Schöpfergedanken waren, die zu einem
Schöpfungsakt wurden. Denn vor der Schöpfung des Weltganzen
war alles zu Schaffende zunächst nur innerlich, nur in den
Gedanken des Schöpfers vorhanden. Erst Gottes Schaffen
setzte in die Äußerlichkeit und stoffliche Wirklichkeit,
was zuvor allein in Gottes Gedanken ruhte.
Dieses sein Schaffen war jedoch stets getragen von einem
freien göttlichen Wollen. Nicht weil Gott Himmel und Erde,
Licht und Leben dachte, sondern als Er sprach: "Es werde!"
wurden die Himmel und die Erde: das gesamte Universum mit
seinem unzähligen Heer von Leben. Alles Bestehende und
Webende ist daher das Ergebnis seines freiwilligen Handelns
und die lebendige Bildersprache seiner ewigen Weisheit und
Majestät. Im Schöpfungshandeln wurde mithin sichtbar die
Schöpferseele und zwar in ihrer schaffenden Kraft und
unendlichen Lebensfülle. So verschieden an sich das Reich
der Natur und das des Geistes begrifflich auch immer sein
mögen, sie entspringen beide der gleichen Wurzel. Sie
haben in Gott ihre Entstehungs- und Daseinsquelle. Auch
die Naturgebilde in ihrer unendlichen Fülle und in ihren
mannigfaltigsten Formen zeugen daher von den ewigen Gesetzen
jenes Reiches, in dem der Schöpfer einheitlich waltet und
regiert. Ihr Dasein und ihre Kundgebungen sind die
verstofflichten Gedanken und Worte seines Geistes.
So zwingt uns die Schöpfungsgeschichte bereits mit ihrem
ersten Satz "Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde"
in erster Linie, Gott nicht aus der Schöpfung, sondern
die Schöpfung aus Gott zu verstehen. Ihrem Dasein und
Fortbestand sind durch das "sprach" für immer die rein
freiwillige Gedankenverwirklichung ihres Schöpfers
aufgeprägt. "Nicht Gott als Schöpfer Himmels und der Erde,
sondern Himmel und Erde als Schöpfung Gottes mit allen
Konsequenzen dieses Verhältnisses zu erkennen und zu
beherzigen", das ist die große Offenbarung, mit der uns
die Urgeschichte dienen will. "Einfach und machtvoll", sagt
tief und treffend H. Gunkel, stellt der Schöpfungsbericht
zunächst das Dogma fest, dass Gott die Welt geschaffen hat;
kein Wort gibt es in den Kosmogonien anderer Völker, das
diesem ersten Wort der Bibel gleichkäme."