Offb 2,7
L.Hofacker
Wer überwindet, dem will ich zu essen geben von dem Baum
des Lebens, der im Paradies Gottes ist. Offenb. 2, 7.
Wo Überwindung ist, da muß auch Kampf sein; niemand kann
überwinden ohne Kampf. Was haben wir nun zu überwinden?
Jeder Christ hat seine eigene Sünde, seine Lieblings- und
Schoßsünde, die er überwinden muß. Der eine hat den Geiz,
ein anderer die Wollust, ein dritter die Eitelkeit, ein
vierter die Trägheit, wieder ein anderer die falschen
Meinungen und Vorurteile über sich und die Welt zu
überwinden, und zwar durch das Wort der Wahrheit. Aber auch
ein jedes Zeitalter hat seine eigenen Sünden zu überwinden,
die uns am meisten gefangen halten - und was ist dies in
unserer Zeit vornehmlich? Ich sage: Der Leichtsinn, weil man
sich durch den Geist Gottes nicht mehr strafen lassen will,
weil man nicht mit Ernst und Kampf, sondern mit Lachen und
Scherzen, mit leichtem Wesen und losen Gedanken in den Himmel
will, in den doch keiner eingehen darf, dem es nicht ein
völliger Ernst ist, der nicht um Wiedergeburt ringt und
kämpft. Aber nicht bloß der Leichtsinn dieser Zeit, sondern
auch der Unglaube, der sich so sehr eindrängt, überhaupt
der ganze Geist unserer Zeit ist zu überwinden. Ein jeder
Christ, der noch nicht wiedergeboren ist, hat zu kämpfen,
zu ringen, zu beten, zu flehen, bis er dieses hohen Gutes
teilhaftig wird, und wer wiedergeboren ist, hat zu wachen und
zu kämpfen, daß er seinen Schatz bewahrt, daß er in Demut und
Niedrigkeit bleibt. O gehe nur in deine Haushaltung:
wie vieles ist da zu überwinden, wenn du das, was du
vielleicht gern tätest, unterlassen sollst, und was du gern
unterließest, tun sollst. Es gibt überall zu überwinden im
täglichen Leben, in deinem Aufstehen und Niedergehen, in deinem
Essen und Trinken, in deinem Umgang mit den Menschen und in
der Einsamkeit, wenn wir den Willen Gottes tun und die
Grundgesetze des Reiches Gottes in Ausübung bringen wollen:
daß Gehorsam besser ist als Opfer, und unsere Pflicht es
fordert, Treue zu beweisen im Kleinen, ja selbst im
Allergeringsten; nicht uns selbst zu leben, sondern Gott
und Christus, und los zu werden von unserem eigenen Willen.
Es gibt sehr vieles zu überwinden.
Schenke, Herr, auf meine Bitte mir ein göttliches Gemüte,
einen königlichen Geist, mich als dir verlobt zu tragen,
allem freudig abzusagen, was nur Welt und irdisch heißt.
So will ich mich selbst nicht achten;
sollte gleich der Leib verschmachten,
bleib ich Jesu doch getreu; Sollt ich keinen Trost erblicken,
will ich mich damit erquicken, daß ich meines Jesu sei.
J.Kroeker
Von seiner bleibenden Gegenwart.
"Wer ein Ohr hat, der höre, was der Geist den Gemeinden
sagt." Off. 2,7.
Gottes Gegenwart erleben wir in der Gegenwart seines Geistes.
Sein Geist hat jedoch in den einzelnen Zeitaltern der
Geschichte nie geschwiegen. Er schwieg nicht einmal in
der Urzeit, als Er vor dem chaotischen Zustand der ersten
Schöpfung stand. Er wird auch nicht schweigen in dem vor
uns liegenden Zeitalter. Er hat den Völkern Europas und der
ganzen Welt noch unendlich viel zu sagen. Er will sprechen
auch zu uns, dem Volke deutscher Zunge.
"Wer ein Ohr hat, der höre!" Wohl haben wir Ohren, aber
vielfach nicht solche, die auf die Sprache der Ewigkeit
eingestellt sind. Wir orientieren uns im Lichte unserer
Zeitströmungen. Am tiefsten beschäftigt uns der Ernst
unserer Wirtschaftslage. Aber Gott? Für Gottes Botschaft
fehlt uns das geöffnete Ohr, für Gottes Welt das erleuchtete
Auge, für Gottes Gegenwart der entsprechende Raum. Wohl
tragen auch wir noch ein Gottesbild in uns. Es ist aber ein
Gottesbild, das wir vom Standpunkt unseres Lebens und unserer
Zeit aus gewonnen haben. Gott selbst ist uns jedoch oft so
fern, dass wir Ihn weder in unserem persönlichen Leben noch
am Geschehen der Geschichte zu sehen vermögen. Wir entbehren
Ihn nicht. Denn in unserer Frömmigkeit, in unserem
Wirtschaftsleben und in unserem Staatsaufbau kommen wir
aus auch ohne Ihn. Er stört uns nur! Uns fehlt daher ein
Weltbild vom Standpunkt Gottes aus, eine Orientierung im
Licht der Ewigkeit, ein Ohr für die Sprache des Geistes in
der Gegenwart.
Es sind daher auch heute wieder zunächst nur die Überwinder,
wie einst in den kleinasiatischen Gemeinden, die den Geist in
seiner Sprache zu hören vermögen. Des Geistes Botschaft ist
aber nicht an diese allein gerichtet. Er will nicht nur zu
den Einzelnen, Er will zu der Gesamtkirche Christi sprechen,
damit sie begnadigt werde, wiederum auch zur Welt zu
sprechen. Denn die Kirche hat der Welt nur so viel von Gott
zu künden, als sie zuvor von Gott gehört hat. Hört sie aber
Gott reden, dann bedeutet es keine Anmaßung für sie, wenn sie
sich mit ihrer Botschaft an die Völker der Welt wendet. Dann
äußert sich darin nur die Erfassung ihrer göttlichen Berufung
und Sendung: eine Prophetin der göttlichen Offenbarung und
ein Apostel des Gekreuzigten und Auferstandenen zu sein.
Welch ein Erwachen würde in unseren Kirchen, Gemeinden und
Gemeinschaften beginnen, wenn man wieder merken würde, dass
Christus zu ihnen spricht: "Ich kenne deine Werke!" Christus
selbst will zu allen sprechen, damit die Gemeinde Ihn höre.
Hört sie Ihn nicht, dann wird sie die Stimme eines Fremden
hören und in dessen Evangelium ihren Untergang erleben. Eine
Christuskirche kann nur durch Christus gesunden und leben.