1Jo 5,10
C.O.Rosenius
Wer da glaubt an den Sohn Gottes, der hat solches Zeugnis bei
ihm (in sich) selbst. 1. Joh. 5, 10.
Hier dürfte jemand in Zweifel ziehen, ob ein Mensch in diesem
Leben wirklich wissen könne, daß er ein Kind Gottes sei, und
ob er eine volle Gewißheit dessen suchen könne und müsse.
Es ist dies gewöhnlich eine der Entschuldigungen der
Unbußfertigen und wird von solchen angewandt, die am besten
in der Finsternis und der Ungewißheit gedeihen. Die Schrift
bezeugt aber, daß die alten Gläubigen alle durch den Glauben.
Zeugnis überkommen haben, daß sie Gott gefielen, und nur
durch einen solchen Glauben war es ihnen möglich, den
Märtyrertod mit Freuden zu erdulden. Die Apostel sagen
ausdrücklich: ,,Derselbe Geist gibt Zeugnis unserem Geist,
daß wir Gottes Kinder sind." ,,Wer da glaubt, der hat solches
Zeugnis in sich selbst." ,,Wer dem Zeugnis Gottes nicht
glaubt, der macht Gott zum Lügner." Beachte dieses letztere!
Wenn der Herr ausdrücklich ruft: ,,Wer da will, der komme"
oder ,,Wenn deine Sünden auch blutrot sind, sollen sie doch
schneeweiß werden" - ich aber doch noch ungewiß über die
Vergebung meiner Sünden bin, was ist das anderes, als Gott
zum Lügner zu machen oder gleichsam zu sagen: ,,Ich weiß
nicht, ob man darauf bauen kann, was der Herr sagt!" Und
welch ein Bekenntnis wäre das für einen Christen! ,,Darum,"
sagt Luther, ,,sollen wir von Tag zu Tag danach trachten, daß
wir aus dem Zweifel zur Gewißheit kommen mögen und uns
befleißigen, daß wir gründlich mit Wurzeln und allem
ausrotten mögen den schädlichen Irrtum, damit die ganze Welt
verführt ist, nämlich diesen Wahn, daß der Mensch nicht
wissen soll, ob er in oder außer dieser Gnade sei. Denn
wenn wir an Gottes Gnade gegen uns zweifeln und halten nicht
für gewiß, daß Gott an uns ein Wohlgefallen habe um Christi
willen, so verneinen und leugnen wir, daß Christus uns erlöst
habe, und werfen hinweg auf einen Haufen all Seine Werke und
Wohltaten, die Er je getan hat."
Wahrlich, wer sich ohne Gewißheit des Schatzes zufriedengibt,
der setzt keinen hohen Wert auf denselben! Aber nun bestehen
der Friede und die Gewißheit eines Christen nicht darin,
daß er sich selbst für fromm und gläubig hält und mit sich
zufrieden ist, sondern sein Trost und sein Ruhm ist dieser,
daß Christus den Tod für uns Sünder erduldet hat und daß
er gerecht ist durch den Glauben, d. h. aus Gnaden. Aus
diesem Grunde sollten wir mit Recht einen beständigen und
unerschütterlichen Frieden haben und sprechen: ,,In mir bin
ich zu allen Stunden der Verdammnis wert, in Christus aber zu
allen Stunden rein und gerecht, ja, angenehm und geliebt vor
Gott. Ich tröste mich nur dessen, was für alle, auch für die
größten Sünder, gilt. Denn Christus hat in Seinem Tode
wahrlich die ganze Welt versöhnt, nicht nur die Gläubigen.
Gewiß sind meine Sünden erschrecklich, zahlreich und schwer,
so daß ich wohl wert wäre, keine fröhliche Stunde mehr zu
haben. Da aber Christus doch so gnädig war, meine Sünden auf
sich nahm und den Tod für mich Sünder erlitt, will ich nicht
verzweifeln, sondern wage zu glauben und mich zu freuen.
Ich bin ja nicht auf mich selbst getauft, daß ich in meiner
eigenen Gerechtigkeit bestehen sollte, sondern ich bin
deshalb auf Christus getauft, daß ich in Ihn und Seine
Gerechtigkeit gekleidet sein könnte. - Wollte Gott uns die
Sünde zurechnen, wer könnte dann bestehen? Wir können Ihm
auf tausend nicht eins antworten. Da das ganze Evangelium
Gottes aber bezeugt, daß Gott gerade deshalb Seinen Sohn für
uns zu einer Versöhnung gab, so wage ich nicht, es zur Lüge
zu machen. Gewiß fühle ich es anders in meinem Herzen und
Gewissen; da fühle ich die Gerechtigkeit nicht, sondern
im Gegenteil Sünde und Elend. Da Gott aber in Seinem Worte
sagt, daß Sünde und Elend, die ich fühle, getilgt, bezahlt
und vergeben sind, so will ich Gott größer als mein Herz und
einen Gott sein lassen, der nicht lügt. Was Er getan und
gesagt hat, ist viel gewisser, als was ich Armer sehe und
fühle. Nun hat er mich nicht nur im Tod Christi mit sich
versöhnt, sondern mir auch in den Sakramenten Siegel und
Testament auf den ganzen Seligkeitsschatz gegeben. Er hat
in der Taufe meine Person des ganzen Verdienstes Christi
teilhaftig gemacht und mir dasselbe mit einem ewig
unerschütterlichen Testament zugesichert. Wenn ich auch in
Sünde und Unglauben von meinem Schatz weggegangen bin, so ist
der Schatz doch nicht weggegangen, und der Bund steht doch
fest bei Gott. Denn ,,sollte mein Unglaube Gottes Treue
aufheben? Das sei ferne!" Bin ich aus der Arche gefallen,
so ist diese doch nicht entzweigegangen; ich habe meine
Sicherheit in derselben. Die Arche, die Taufe, das
Testament, die Gnade bei Gott fallen und wanken nicht
durch mein Fallen, sondern stehen fest für und für.
Mein Trost und Frieden gründen sich also auf das, was bei
Gott, nicht aber bei mir ist. Mein Ruhm lautet so: ,,Christi
Blut gilt mehr als meine Sünden, Gottes Wort gilt mehr als
meine Gedanken und Gefühle." Der Taufbund, das Testament gilt
bei Gott, obgleich ich lange Zeit fern von Ihm gewesen bin.
Gegen Christi Blut sind alle meine Sünden nur wie kleine
Funken gegen das große, weite Meer. Gegen Gottes Wort sind
alle meine Einwände, Gedanken und Gefühle nur wie Rauch und
Staub gegen einen großen Berg. Auf der Festigkeit dieses
Grundes will ich sicher sowohl leben als auch sterben.
Ja, ich hab' in Jesu Wunden
Ew'ge Erlösung gefunden!
Diese hab' ich allezeit;
Diese gilt in Ewigkeit.