1Jo 1,3
C.O.Rosenius
Unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit Seinem Sohne
Jesus Christus. 1. Joh. 1, 3.
Dies ist ein großes, verborgenes Geheimnis, das auch die
,,geheimnisvolle Vereinigung" genannt wird, das dabei aber
doch eine ernste Wirklichkeit ist. Es ist schon in dem
göttlichen Ewigkeitsratschluß mit dem Menschen und in
seiner Erschaffung begründet. Der Apostel sagt: ,,Wir sind
göttlichen Geschlechts." Dies sei als erster Grund gesagt.
Aber diese Vereinigung mit Gott, die durch den Sündenfall
gestört wurde, erhielt noch einen neuen, herrlicheren Grund
in der Menschwerdung Christi. In Ihm wurden Gott und Mensch
in einer Person vereinigt. ,,Er soll Immanuel heißen", Gott
mit uns, Gott in unserem Fleisch. Dadurch ist der Mensch
zu der Ehre und Würde erhoben, daß er Gottes Wohnung und
Gemeinschaft, ein Leib und ein Geist mit dem Herrn sein kann.
Diese Vereinigung fängt an, wenn ein zerschlagener Geist nach
dem Herrn und Seiner Gerechtigkeit hungert und dürstet. Dann
ist die Herzenstür aufgemacht, ,,dann", spricht der Herr,
,,werde Ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er
mit Mir". Der Bräutigam sucht die Braut, und die Braut sucht
Ihn, wer würde dann die Vereinigung hindern können? Christus
sagt, daß Er in einer solchen Seele ,,wohnen" will. Zwar
ruft die Vernunft: Nein, nein, unmöglich! Aber was hilft's?
Es ist der eigene, wundersame Ratschluß des Herrn. Er selbst
hat gesagt: ,,Wer Mich liebt, der wird Mein Wort halten, und
Mein Vater wird ihn lieben, und Wir werden zu ihm kommen und
Wohnung bei ihm machen." Kannst du dies nicht begreifen,
dann bedenke nur, wer dieser Herr ist, der solches sagt.
,,Bei Ihm ist nichts unmöglich." Was sollte dem Allmächtigen
leichter sein, als das zu tun, was Er will! Nun ist
der Ratschluß Seines eigenen Willens und Sein freies
Wohlgefallen, daß Er sich mit dem Menschen wieder vereinigen
und in Seinen Kindern auf Erden wohnen und leben will. Bei
Joh. 17, wo Jesus mit Seinem Vater redet, sagt Er: ,,Ich in
ihnen, und Du in Mir, auf daß sie vollkommen seien in eins."
Ja, es steht ausdrücklich so da. Kann etwas noch deutlicher
sein? Und Paulus sagt: ,,Ihr seid der Tempel des lebendigen
Gottes; wie denn Gott spricht: Ich will in ihnen wohnen und
unter ihnen wandeln." Gerade durch diese innige Vereinigung
werden wir, wie Petrus sagt, der göttlichen Natur teilhaftig.
Seht! Dies ist nun das erste, was zu unserer Gemeinschaft
mit dem Vater und Seinem Sohn Jesus Christus gehört. Mit
dieser Vereinigung folgt zweitens die Teilhaftigkeit an den
Gütern Christi, an Seinem Reich und Seinen Schätzen. Wir
kennen aus dem ganzen Evangelium Gottes ,,die Gnade unseres
Herrn Jesus Christus, daß, ob Er wohl reich ist, ward er doch
arm um unsertwillen, auf daß wir durch Seine Armut reich
würden". Er ist wahrlich nicht um Seinetwillen ein Mensch
geworden. Es geschah alles um unsertwillen und uns zugute,
wie die Schrift es so deutlich bezeugt: ,,Den, der von keiner
Sünde wußte, hat Gott für uns zur Sünde gemacht, auf daß
wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm." Ist dies nicht ein
feiner Tausch! Er nimmt unsere Sünden auf sich und gibt uns
Seine Gerechtigkeit. Die Braut war arm und schuldbeladen;
aber der Bräutigam übernimmt ihre Schulden und gibt ihr Seine
Reichtümer. Dies ist der Hauptinhalt des ganzen Evangeliums.
Zum anderen enthält dies aber auch, daß ein jeder, der an
Christus glaubt und mit Ihm vereinigt wird, in demselben
Augenblick auch alles dessen teilhaftig wird, was Christus
uns erwarb:
Seines Gehorsams, Seiner Heiligkeit, Seiner Gerechtigkeit,
der Verdienste Seines Leidens und Sterbens; alles wird so
ganz unser eigen, als hätten wir selbst getan und gelitten,
was Er tat und litt. Wenn ein armer Sünder nach dieser Gnade
zu hungern und zu dürsten anfängt und sie mit dem Glauben des
Herzens umfaßt, dann wird dieses ganze Verdienst Christi ihm
geschenkt und ihm zugerechnet als sein eigenes Verdienst,
seine eigene Gerechtigkeit, deren er sich sein ganzes Leben
lang gegen seine täglichen Sünden und Gebrechen getrösten
soll.
Beachte aber! Es ist durchaus nicht genug, daß du dies weißt
und oft gehört hast, sondern es muß solange beherzigt,
beschaut und betrachtet werden, bis dein Herz Trost daraus
erhält und du mit Ernst sprechen kannst: ,,Es ist mein!"
Dann erst gibt es Leben, dann erst hebt ein seliger
Umgang zwischen der Braut und dem Bräutigam an. O, welch
wundersamer und hoher Trost, mit dem Glauben des Herzens
sprechen zu können: ,,All das meinige ist Sein, und das
Seinige ist mein. Meine Sünde ist Seine Sünde, meine Not
wurde Seine Not; aber Seine Gerechtigkeit ist meine
Gerechtigkeit, Sein Gehorsam ist mein Gehorsam, Sein Blut
ist meine Reinheit, Sein Tod ist mein Leben! Gelobt sei Sein
Name! Gegen meine Sünde stelle ich Seine Gerechtigkeit,
gegen meine Kälte Seine Liebe, gegen meine Schwachheit Seine
Stärke und spreche: Bin ich sündig, so ist Christus gerecht;
bin ich kalt, so ist Christus warm; bin ich verzagt und
ängstlich, so ist Christus durchaus nicht verzagt, Er weiß
Rat. Kurz, all das Seinige ist mein, und das meinige ist
Sein." Er selbst will, daß wir so glauben.
Was Du bist, bist Du alles mir zur Freude;
Dein ganzes Reich ist nun mein Gut und Weide;
Denn was Du tat'st vom Kleinsten bis zum Größten,
Ist mir zum Besten.