1Petr 1,13
C.Eichhorn
Die geistliche Nüchternheit
Seid nüchtern! 1. Petr. 1, 13
Dreimal fordert Petrus in seinem 1. Brief zur Nüchternheit
auf. Dies hat seinen guten Grund. Er hat es schmerzlich an
sich erlebt, was es heißt, unnüchtern zu sein. Weil er sich
durch das warnende Wort Jesu nicht zur Nüchternheit führen
ließ, vielmehr auf die Gefühle seines Herzens vertraute, tat
er einen tiefen Fall. Nun erkannte er, was für Abgründe im
Menschenherzen versteckt sind, und wie unnüchtern es ist,
wenn man den Eingebungen und Stimmungen seines Herzens mehr
traut als dem klaren Wort Gottes. Nüchtern ist, wer von
sich selbst gar nichts, hingegen alles vom Herrn erwartet.
Nüchtern ist, wer sein grundverdorbenes Herz erkennt und
einsieht, daß er zu allem Bösen fähig ist, sobald der Herr
seine Hand von ihm abzieht. Nüchtern ist, wer sich nicht vom
eigenen Geist, sondern allein vom Heiligen Geist oder durch
das göttliche Wort leiten läßt. Denn unser Geist gerät
unversehens unter die bösen Triebe und Neigungen des
Fleisches. Das Herz wird fest allein durch Gnade, sonst
schwankt es hin und her wie ein Trunkener. - Seid nüchtern!
Diese Mahnung kann nur an solche ergehen, die schon einmal
ernüchtert worden sind durch den Donner des Wortes Gottes.
Nun ist ihre Aufgabe, in der Nüchternheit zu bleiben und
immer nüchterner zu werden. Die geistliche Nüchternheit
besteht jedoch nicht in einem verstandesmäßigen, kühlen
Wesen, dem der Liebeseifer, die heilige Begeisterung als
schwärmerisch erscheint. Ältere Christen zeigen oft solche
Art, die im Grund nichts ist als Lauheit: keine wohltuende
Abgeklärtheit bei heiligem Feuer, das im Busen brennt. Ganz
nüchtern sind wir, wenn wir ganz des Heiligen Geistes voll
sind, wenn wir so hingenommen sind von der Liebe zu Jesu, daß
wir uns selbst und alles darüber vergessen, wenn wir trunken
sind von den reichen Gütern des Hauses Gottes. - Um nüchtern
zu werden, laßt uns immer mehr eindringen in die Gemeinschaft
unseres Herrn Jesus Christus! Vor allem laßt uns auch immer
tiefer vom Worte der Wahrheit durchdrungen werden! Dies Wort
hilft uns zu richtiger Beurteilung der Zeiterscheinungen.
Wir stimmen dann nicht mehr ein in das Tagesgeschrei. Wir
bewundern nicht, was die Welt anstaunt. Wir schwärmen nicht
für Völkerfrieden und eine Höherentwicklung der Menschheit.
Wir sind auch nicht zugänglich allerlei fremden Lehren, die
dem eigenen, hochmütigen Menschengeist entstammen. Denn der
Hochmut ist die Quelle der Unnüchternheit. Demut hingegen
macht nüchtern. Die meisten Irrlehren entspringen dem
versteckten Hochmut. Man will etwas Besonderes sein, etwas
Außerordentliches darbieten und hören, und so kommt man
auf unnüchterne, ungesunde Bahnen. Prälat Oetinger wollte
allezeit beim Notwendigsten, Einfachsten und Nützlichsten
bleiben. Paulus hat das Wort von Buße und Glauben stets in
den Mittelpunkt gestellt. Das ist Nüchternheit. Wer dabei
bleibt, kommt nicht in Gefahr, zu schwanken und zu fallen
wie ein Trunkener.