Jak 1,20
W.MacDonald
»Denn eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit.«
Jakobus 1,20
Die Szene ist nicht ungewöhnlich. Eine Sitzung über
Gemeindeangelegenheiten findet statt. Eine Entscheidung muß
getroffen werden. Es geht nicht um eine große Glaubenslehre,
sondern vielleicht um einen Anbau oder das Streichen der
Küche oder das Verteilen einiger Spenden. Unterschiedliche
Meinungen entstehen, Zorn kommt auf, die Temperamente geraten
außer Kontrolle, und die Stimmen überschlagen sich.
Schließlich setzen sich einige dickköpfige Persönlichkeiten
aufgrund ihrer Lautstärke durch und verlassen die Sitzung mit
der Illusion, das Werk Gottes gefördert zu haben. Was immer
sie vielleicht gefördert haben, Gottes Werk gefördert oder
Seinen Willen getan haben sie bestimmt nicht. Der Zorn eines
Mannes wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit. Es wird eine
Geschichte erzählt, daß Emerson aus der Sitzung irgendeines
Komitees davonrannte, wo es eine Menge Streit und
Wortgefechte gegeben hatte. Während er noch vor Wut kochte,
war es ihm, als höre er die Sterne sagen: »Warum so
hitzköpfig, kleiner Mann?« Leslie Weatherhead kommentiert
dazu: »Wie wunderbar besänftigen doch die schweigenden
Sterne in ihrer Majestät und fernen Schönheit unser Gemüt,
als wollten sie uns sagen: 'Gott ist groß genug, sich um dich
zu kümmern' und: 'Nichts, was dich ärgert, ist so wichtig,
wie es dir vorkommt.'« Wir wissen natürlich, daß es einen
Zeitpunkt gibt, wo gerechter Zorn am Platz ist. Das ist
dann, wenn die Ehre Gottes auf dem Spiel steht. Aber an dies
denkt Jakobus nicht, wenn er vom Zorn des Mannes spricht. Er
denkt an den Mann, der sich mit aller Gewalt durchsetzen will
und vor Zorn explodiert, wenn sich ihm Hindernisse in den Weg
stellen. Er denkt an die anmaßende Person, die ihr eigenes
Urteil für unfehlbar hält und deshalb keine abweichende
Meinung ertragen kann. Für die Menschen dieser Welt ist ein
explosives Temperament ein Zeichen von Stärke. Für sie ist
es das Kennzeichen einer Führerpersönlichkeit, ein Mittel,
sich Respekt zu verschaffen. Sie halten Sanftmut für
Schwachheit. Aber der Christ weiß es besser. Er weiß, daß
er mit seiner Unbeherrschtheit auch den Respekt seiner
Mitchristen verliert. Gefühlsausbrüche sind oft Werke des
Fleisches, nicht des Geistes. Christus hat einen besseren
Weg gelehrt. Es ist der Weg der Selbstbeherrschung, dem
Zorn Gottes Raum zu geben, allen Menschen alle Sanftmut
zu erweisen. Es ist der Weg, geduldig alles Unrecht zu
ertragen, die andere Wange hinzuhalten. Der Christ weiß, daß
er das Werk Gottes durch Gefühlsausbrüche behindert, daß er
dadurch jeden sichtbaren Unterschied zwischen ihm und den
Unbekehrten verwischt und seine Lippen im Blick auf sein
Zeugnis versiegelt.
J.MacArthur
"Jeder Mensch sei ... langsam zum Zorn! Denn eines Mannes
Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit" (Jak. 1,19-20).
Wenn du mit Gottes Wort haderst, kannst du nicht in der
Gerechtigkeit wachsen.
Kennst du das? Du fängst an, die Bibel zu lesen und meinst,
alles sei zwischen dir und dem Herrn in Ordnung, und dann
schneidet das Wort dir plötzlich tief in die Seele, weil es
dir eine Sünde zeigt, die du bisher übersehen oder versteckt
hattest. Das geschieht gewöhnlich, weil Gott Seine Kinder
von Sünden reinigen will. Der Heilige Geist benutzt das
Wort, um die verborgenen Verstecke des Herzens aufzudecken,
um sein überführendes und reinigendes Werk zu tun. Wie
du darauf reagierst, zeigt, wie echt dein Glaube ist.
"Zorn" wie in Jakobus 2,19-20 ist die negative Reaktion bei
diesem Vorgang. Es ist ein tiefsitzender Groll, verbunden
mit einer abweisenden Haltung. Manchmal ist dieser Groll
nicht leicht zu fassen. Paulus redet von solchen, die "die
gesunde Lehre nicht ertragen, sondern sich nach ihren eigenen
Begierden selbst Lehrer aufhäufen werden, weil es ihnen in
den Ohren kitzelt" (2. Tim. 4,3). Das sind die Leute, die
von einer Gemeinde zur anderen laufen, um jemand zu finden,
der ihnen sagt, was sie hören wollen, oder es sind
Versammlungen, die einen Pastor suchen, der ihnen das Gefühl
vermittelt, mit ihnen sei alles in Ordnung, anstatt dass er
das Wort Gottes predigt und hohe Maßstäbe in Bezug auf
Heiligkeit setzt.
Manchmal hört der Groll gegen die Ansprüche Gottes auch auf,
fein im Hintergrund zu bleiben; dann tritt er als offene
Feindschaft zutage. So geschah es bei der Menge, der
Stephanus entgegengetreten war. Da hielt man sich die Ohren
zu, trieb ihn zur Stadt hinaus und steinigte ihn (Apg.
7,57-60). Zahllose andere haben im Lauf der Geschichte unter
den tödlichen Schlägen derer leiden müssen, deren Groll gegen
Gottes Wahrheit sich in Hass gegen Seine Leute entlud.
Zum Empfang des Wortes gehört es, "schnell zu hören", was es
zu sagen hat; aber "langsam zum Zorn" zu sein, wenn es nicht
mit unseren Ansichten übereinstimmt oder unseren Sünden
entgegentritt. Nimmst du seine Mahnungen gern an und schätzt
du seine Warnungen, oder bist du heimlich böse darüber? Wenn
ein christlicher Bruder oder eine Schwester dir ein e
begangene Sünde vorhält, lässt du dir etwas sagen oder
verwirfst du ihren Rat?
J.MacArthur
Ihr wisst [doch], meine geliebten Brüder: Jeder Mensch sei
schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam zum Zorn! Denn
eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit. Darum
legt ab alle Unsauberkeit und das Übermaß an Schlechtigkeit
und nehmt das eingepflanzte Wort mit Sanftmut auf, das eure
Seelen zu erretten vermag" (Jak. 1,19-21).
Die Gläubigen nehmen Gottes Wort auf.
Das Schlüsselwort unseres heutigen Abschnitts heißt
"aufnehmen" (Jak. 1,21). Gläubige müssen Gottes Wort
aufnehmen. Das unterscheidet sie von Ungläubigen. Der Herr
Jesus sagte zu einer Gruppe religiöser Ungläubiger: "Warum
versteht ihr meine Sprache nicht? Weil ihr mein Wort nicht
hören könnt ... Wer aus Gott ist, hört die Worte Gottes"
(Joh. 8,43.47).
"Hören" bezieht sich in diesem Vers nicht allein auf das
akustische Wahrnehmen. Insofern hörten die Leute, was Jesus
sagte - sogar soweit, dass sie Ihn dafür umbringen wollten
(Vers 59); aber sie nahmen Sein Wort nicht auf und taten
nicht danach. Indem sie die Wahrheit verwarfen, offenbarten
sie sich selbst als Kinder des Teufels, des "Vaters der Lüge"
(Vers 44).
Petrus nennt Gottes Wort den "unvergänglichen" und
"lebendigen" und "bleibenden" Samen, der Errettung bringt
(1. Petr. 1,23). Aber die Aufnahme des Wortes Gottes ist
nicht auf die Errettung beschränkt. Als Christ ist das Wort
in dich hineingepflanzt. Jetzt muss du es pflegen, indem du
alles Unkraut der Unreinheit und Bosheit ausreißt, damit es
Frucht der Gerechtigkeit hervorbringt. Das ist nicht ein
einmaliger Kraftakt, sondern eine Lebenshaltung beständigen
Forschens in Gottes Wort; da will man immer Gottes Willen
erfahren und dann danach tun. Das bedeutet keine sündlose
Perfektion; aber dein Leben wird durch wachsende geistliche
Reife und durch Gehorsam gegen Gottes Wort gekennzeichnet
sein. Wenn du ungehorsam bist, müsstest du eine gewaltige
geistliche Anspannung empfinden, bis du Buße getan und die
Sache in Ordnung gebracht hast.
Hörst du in dieser Weise auf Gottes Wort? Kennen dich deine
Nächsten als einen Menschen, der sich von biblischen
Grundsätzen leiten lässt? Der Herr hat gesagt: "Wenn ihr
in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaft meine Jünger"
(Joh, 8,31). Nimm Sein Wort auf und bleibe beständig darin!