Hebräerbrief

Hebr 11,35 A.Christlieb »Andere aber« Hebräer 11, 35

»Andere aber sind zerschlagen und haben keine Erlösung angenommen, auf daß sie die Auferstehung, die besser ist, erlangten.«

Das elfte Kapitel des Hebräerbriefes schildert uns zwei Arten von Glaubensmenschen. Die einen tun im Glauben allerlei Taten. Sie machen herrliche Erfahrungen von Gottes helfender, rettender und bewahrender Macht (V. 4-35 a). Ihr Anblick ist erquickend und glaubensstärkend.

V. 35b - 38 schildern eine zweite Art von Vorbildern des Glaubens. Ihr Anblick ist äußerlich nicht so anziehend. Sie erfahren keine wunderbaren Errettungen und Bewahrungen wie jene ersten. Sie gehen den stillen Leidensweg. Es sieht aus, als ob Gott sich gar nicht um sie kümmere. Die Feinde können mit ihnen machen, was sie wollen. Sie verspotten, schlagen und geißeln sie. Diese treuen Zeugen liegen in Ketten und Gefängnissen. Wüsten, Klüfte und Löcher der Erde sind ihre Behausung. Kein Engel kommt wie bei Petrus, sie aus dem Gefängnis zu holen. Kein Erdbeben öffnet ihre Kerkermauern wie bei Paulus. Sie scheinen vergessen und verlassen.

Beim Anblick dieser zweiten Art von Glaubensmenschen können leicht falsche Gedanken entstehen. Sieht es nicht aus, als ob Gott ungerecht handele? Scheinen nicht die duldenden, leidenden Christen Gottes Stiefkinder und die, welche wunderbar errettet werden, Gottes Lieblinge zu sein?

In der Tat sind solche Gedanken immer wieder aufgestiegen. Man bewunderte oft einen solchen, der durch den Glauben aus allerlei Nöten herauskam, und sah mitleidig bedauernd auf den andern, der im Elend ausharren mußte. Ja, man ging noch weiter und ließ nur die als echte Glaubensmenschen gelten, welche durch den Glauben aus der Not herauskamen. Wenn man den andern, die im Leiden blieben und untergingen, auch nicht allen Glauben abzusprechen wagte, so sah man sie doch als Gläubige zweiten Grades an, die weit hinter den andern zurückstanden.

Ist solche Anschauung nach der Heiligen Schrift haltbar? Darf man nur die als echte Gläubige ansehen, die mit Gebet und Glauben aus Krankheit, Not und Drangsal heraus dringen, und darf man den Glauben der andern, die Gott bestimmt hat, daß sie in Leid und Schwachheit ihn verherrlichen, in Zweifel ziehen?

Unsere Stelle belehrt uns anders. Hier stellt der Verfasser beide Arten von Glaubensvorbildern nebeneinander, als wollte er sagen: »Schaut die einen und die andern an, wie sie einen siegreichen Glauben bewiesen haben, und tretet in ihre Fußstapfen ein!« Man kann im Text nicht die leiseste Andeutung entdecken, daß die leidenden Glaubensmenschen hinter die andern in der Beurteilung zurückgestellt werden. Sie werden klar und deutlich mit den andern gleichgestellt.

So wollen wir uns niemals hinreißen lassen, diejenigen geringer zu schätzen, die Gottes Wort hoch schätzt.





D.Rappard Andere aber. Hebr. 11,35b.

Neben dem Heer derer, die durch den Glauben Großes getan und erfahren haben, steht eine zweite Schar, die hier eingeführt wird mit den Worten: ,,Andere aber". Tief ergreifend ist die nun folgende Schilderung derer, die durch den Glauben gelitten und in Not und Tod Gott geehrt haben. (Lies V. 35 bis 38). Viele Einzelheiten aus der Verfolgungszeit unter Antiochus Epiphanes werden hier angeführt; man kann nicht anders als auch an die später hereingebrochenen Christenverfolgungen denken, ja, an die noch späteren Schrecknisse der Inquisition und der Hugenottenhetzen.

Überaus wichtig ist für uns die Botschaft dieser zwei Worte: A n d e r e a b e r. So groß es ist, durch den Glauben Taten zu t u n und Durchhilfen zu erleben, so groß ist es auch, durch den Glauben w i l l i g z u l e i d e n, wenn Gott es will. Große Gnade widerfuhr der Sunamitin, als Elisa ihr den toten Knaben lebendig wiederbrachte. Größere Gnade wurde jener christlichen Mutter zuteil, die ihren in Folterqualen liegenden gläubigen Sohn ermuntern konnte: ,,Halte aus mein Kind! Verleugne nur deinen Heiland nicht!"

Kind Gottes, wenn dich ein Leiden drückt, und dein Vater es auf deine Bitte hin nicht hinwegnimmt, so denke an ,,d i e A n d e r n" und lerne wie sie, e r d u l d e n durch den Glauben!

Geht's auch durch dunkle Pfade, dann sagst Du mir: ,,Sei ruhig, Meine Gnade genüget Dir." Ja, weil sie mir genüget, so will ich's nehmen still, Wie Deine Hand es füget, wie Gott es will.