Hebr 10,37
C.O.Rosenius
Noch über eine kleine Weile, so wird kommen, der da kommen
soll, und nicht verziehen. Hebr. 10, 37.
Daß wir doch mehr zu Herzen nähmen, was das Wort von der
Zukunft des Herrn und der Seligkeitshoffnung der Christen
lehrt! Kein Christ ist hierin vollkommen, keiner hat alles
so recht und so richtig erfaßt; sondern alle müssen wir
lernen und zurechtgewiesen werden. Gewiß ist es so vor
Gott, daß ,,der selig und heilig ist, der an der ersten
Auferstehung teilhat. ,,Der, welcher täglich mit Sünden und
Mängeln zu kämpfen hat, sie aber fühlt und in ihnen sein
schwerstes Leiden auf Erden hat, sowie sich täglich an den
Heiland und an das Wort des Evangeliums hält und nötig hat,
daraus beständig getröstet, gestärkt und belebt zu werden,
der ist ein begnadigtes Kind Gottes, auch wenn er sich sehr
kalt findet und sehr von der Lehre in bezug auf die selige
Hoffnung gestraft wird. Aber er sollte auch diese herrliche
Lehre zu Herzen nehmen, dann würde er großen Segen daraus
haben.
Der Apostel Paulus erklärt die Hoffnung der Seligkeit für
eine wichtige Waffe und sagt: ,,Angetan mit dem Panzer des
Glaubens und der Liebe und mit dem Helm der Hoffnung zur
Seligkeit." Wie der Glaube und die Liebe wichtig sind, so
auch die Hoffnung. Die Hoffnung auf die herrliche Zukunft
Christi ist erweckend, tröstend, reinigend und belebend. Der
Apostel Johannes sagt: ,,Ein jeglicher, der solche Hoffnung
hat zu Ihm, der reinigt sich, gleichwie Er auch rein ist."
Paulus will mit der großen Wahrheit, daß die Zeit kurz ist,
den Sinn der Christen über dieses Eitle erheben, auf daß sie
sich hüten sollen vor der Torheit, sich an etwas Irdisches
zu binden, möge es süß oder bitter sein. Er sagt: ,,Liebe
Brüder, die Zeit ist kurz! Die da Frauen haben, daß sie
seien, als hätten sie keine; und die da weinen, als weinten
sie nicht; und die sich freuen, als freuten sie sich nicht;
und die da kaufen, als besäßen sie es nicht, denn das Wesen
dieser Welt vergeht."
Bedenke dies, O Mensch! ,,Die Zeit ist kurz." Geschieht dir
etwas Erfreuliches, freue dich mäßig, es währt so kurz; du
wirst es bald verlassen. Geschieht dir etwas Trauriges,
trauere mäßig, es währt nicht lange, die Zeit ist kurz.
Nimmst du eine Frau, erhältst du irdisches Gut, so sei
gesinnt, als solltest du es sogleich verlassen. Das ,,dumme
Fleisch" will unausgesetzt das Haupt erheben und sich hier
unten ein Paradies bereiten. Das ist Torheit! Es währt so
kurz! O, daß doch alle Christen, welche anfangen, sich so
eifrig in dieser Welt mit ihrem Besitz, ihrem Handel, ihrem
Bauen zu beschäftigen, sich doch beizeiten zügeln lassen
wollten, bevor der letzte Funke des geistlichen Lebens
erloschen und der Geist der Gottesfurcht ganz gewichen ist!
Laß die Hand arbeiten; aber - sei aufrichtig bei dieser
Prüfung! Wo ist das Herz? Belüge nicht deine Seele! Wo ist
das Herz? - Ist es im Himmel, von wo du den Heiland Jesus
Christus erwartest? Oder ist es in deinem irdischen Gut?
Sei aufrichtig!
Die selige Hoffnung sollte uns vor allem zu großem Troste
gereichen. Ihr, die ihr oft so nahe daran seid, wegen der
unendlich ermüdenden Mängel, Sünden und Untreuen, die euch
nie gestatten, einen einzigen recht fröhlichen, wolkenleeren
Tag zu haben, auf dem Wege zu erliegen, und du, der du im
Dunkel des Glaubens, in der unbeschreiblichen Bosheit, Härte
und Kälte des Herzens deine tägliche Plage und Angst hast,
oder du, der du mit einer schweren Versuchung, mit des Satans
Engel usw. zu kämpfen hast, - vergeßt nie, daß es nur um
eine kurze Zeit zu tun ist. Bald kommt, was kommen soll.
Hebt eure Häupter auf, bald naht eure Erlösung! Die schwere,
dicke Wolke des Unglaubens wird unsere Seele nicht ewig
bedrücken! Unser böses Fleisch mit seinen Lüsten, das böse
Herz mit seiner Kälte, seiner Falschheit, seinem Leichtsinn,
seiner Härte und Bosheit wird nicht ewig unseren Geist
gefangenhalten.
Christen, die von Gott mit einigen Gaben zum Dienste der
Seelen ausgerüstet sind, werden als die Streiter Christi am
meisten angefochten und geplagt, - äußerlich von der Welt mit
Lüge und Schmach und inwendig vom Teufel mit unbegreiflichen
Versuchungen, so daß sie kaum jemandem in dieser Welt ihr
Herz offenbaren können. Möchten diese nie ,,die Hoffnung
zur Seligkeit" vergessen, die ,,ihr Helm" sein sollte, nie
vergessen, daß es jetzt eine kleine Zeit gilt. Bald kommt
der Herr und wird ,,denen Trübsal geben, die euch Trübsal
antun, euch aber, die ihr Trübsal leidet, wird zuteil werden
Ruhe, Ehre und unvergängliches Wesen, wenn der Herr Jesus
wird offenbar werden vom Himmel samt den Engeln Seiner
Kraft." Paulus ruft hierzu aus: ,,Hoffen wir allein in diesem
Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen
Menschen!" Das Beste, das Herrlichste steht uns noch bevor!
Wir werden den König von Angesicht zu Angesicht sehen und
danach beim Herrn sein allezeit! - Oder sollten wir Christus
glauben, wenn Er von der gegenwärtigen Gnade redet, Ihm aber
nicht glauben, wenn Er von der Herrlichkeit redet, die kommen
wird? Gott bewahre uns! Möchten alle Christen auch dieses
Stück bedenken! Und noch eins: Möchten wir doch bereit und
wachend sein und Öl in den Lampen haben, wenn das Geschrei
,,Siehe, der Bräutigam kommt!" vernommen wird.
Wir, die wir noch durch Mara reisen,
Im Glauben laßt uns halten an;
Wir denken unter Tränenspeisen
An jenes schöne Kanaan,
Allwo wir mit der Schar der Frommen,
Wer weiß, wie bald, zusammenkommen
Und bei dem Herrn sind allezeit.
Wie wohl, wie wohl wird uns geschehen,
Wenn wir Ihn ewig, ewig sehen!
Herr Jesu, komm, mach uns bereit!