Hebräerbrief

Hebr 4,12 W.Nee Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und hindurchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist. Hebräer 4,12

Manche Gotteskinder legen großen Nachdruck auf die richtige Scheidung des Wortes der Wahrheit. Die Schrift ermahnt uns in der Tat, dies zu tun (2. Timotheus 2,15), sie sagt uns aber ebenfalls, daß sein Wort uns selbst scheiden soll. Unser Fehler liegt wohl darin, daß wir zuerst sein Wort zu scheiden suchen - noch bevor wir es seine scheidende Wirkung an uns selbst haben tun lassen! Sind wir uns bewußt, daß Gottes Wort etwas Lebendiges, eine wirkende Kraft ist? Dringt es bis in unser Innerstes wie ein scharfes, zweischneidiges Schwert? Oder behandeln wir es so, als sei es irgendein beliebiges Buch unter vielen anderen, die studiert und ausgewertet werden müssen?

Das Merkwürdige an der Schritt ist, daß sie nicht darauf abzielt, uns Lehren systematisch beizubringen. Uns wäre es vielleicht besser erschienen, Paulus und die anderen hätten sich zusammengetan und ein ausführliches Handbuch der christlichen Lehre geschrieben. Aber das hat Gott nicht zugelassen. Wie leicht hätte er so manche unserer theologischen Meinungsverschiedenheiten ausschalten können, aber anscheinend liebt er es, diejenigen, die an die Bibel nur mit dem Verstand herangehen, zu verwirren! Er will uns bewahren vor dem bloßen Ergreifen von Lehren. Er will, daß die Wahrheit uns ergreift.





S.Keller Hebr. 4, 12: «... bis daß es scheidet Seele und Geist...»

Man kann das Wort im Zusammenhang des ganzen Spruches auch anders auslegen; mir kam nur soeben in den Sinn, was es auch bedeuten könnte: die Scheidung zwischen seelischem und geistlichem Leben. Dazu ist allerdings das kräftige Wort Gottes auch die beste Waffe. Es macht uns in seiner schneidenden Schärfe den Unterschied klar, der zwischen dem bloß psychischen Untergrund unseres Innenlebens und dem neuen Wesen besteht, was der Heilige Geist bewirkt hat. Auch beim natürlichen Menschen gibt's im Gemüt eine Resonanz des Wortes Gottes; mancher wird erschüttert und zu Tränen gerührt. Die Scheiben klirren, wenn ein schwerer Wagen dröhnend vorüberfährt. Aber klirrende Scheiben gehören nicht zum Wagen! Das kann alles Fleisch sein - Nerven, und diese werden ja nie bekehrt. Geist ist dagegen die höhere Form des Innenlebens, wo der Geist Gottes zur Wirksamkeit kommen will. Da müssen seine Wirkungen im Willen und Gewissen offenbar werden. Starke Impulse zu neuem Werden und Wachsen müssen sich durchsetzen. Entschlüsse, die nicht aus dem Fleisch stammen, sondern von oben her sich spürbar machen, Selbstverleugnung, Durchkreuzung des Ichlebens, Ansätze der Ewigkeit im Alltagsleben.

Wir kennen das, Herr Jesu, aber wir möchten klagen: der Geist ist schwach gegenüber dem mächtigen Fleisch. Dringe du durch mit der Neuregelung aller Verhältnisse und regiere du in uns. Segne dazu dein Wort in uns. Amen.





W.MacDonald »Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert.« Hebräer 4,12

Ein gläubiger Student gab einmal einem liberalen Theologiestudenten Zeugnis. Als der Christ einen Bibelvers zitierte, antwortete der Theologe: »Ich glaube nicht an die Bibel.« Der Gläubige zitierte einen anderen Vers, nur um zur Antwort zu bekommen: »Ich habe dir schon gesagt, daß ich der Bibel nicht glaube.« Als der Christ den dritten Bibelvers zitierte, explodierte der Theologiestudent mit den Worten: »Ich will keine Bibelzitate von dir hören. Ich habe dir bereits gesagt, daß ich nicht daran glaube.« An diesem Punkt fühlte sich der Gläubige total frustriert und besiegt. Er hielt sich für einen völligen Versager als Seelengewinner.

Nun war aber gerade am Abend dieses Tages Dr. H.A. Ironside bei seiner Familie zu Gast. Beim Abendessen erzählte ihm der Student sein enttäuschendes Erlebnis mit dem Theologiestudenten. Dann fragte er Dr. Ironside: »Wenn Sie jemand Zeugnis geben und er ihnen antwortet: 'Ich glaube nicht an die Bibel', was machen Sie dann?« Dr. Ironside antwortete mit einem seligen Lächeln: »Ich zitiere einfach noch mehr.«

Dies ist ein ausgezeichneter Rat für alle zukünftigen Seelengewinner. Wenn dir die Menschen sagen, daß sie der Bibel nicht glauben, dann zitiere einfach weiter aus ihr. Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam. Es verfehlt nie seine Wirkung bei den Menschen, auch wenn sie es nicht glauben.

Stellen wir uns vor, zwei Männer befinden sich im Zweikampf. Nun sagt der eine zum anderen: »Ich glaube nicht, daß dein Schwert wirklich aus Stahl ist.« Was passiert? Wirft der andere sein Schwert weg und kapituliert? Oder hält er einen wissenschaftlichen Vortrag über den Karbongehalt und die Schmiedbarkeit von Metall? Das wäre mehr als lächerlich! Nein, er versetzt seinem Gegner einen tüchtigen schnellen Stoß und läßt ihn spüren, wie echt das Schwert ist. So ist es auch mit der Bibel. Das Wort Gottes ist das Schwert des Geistes. Es muß hauptsächlich gebraucht, nicht so sehr verteidigt werden. Es kann sich selber recht gut verteidigen.

Ich möchte hier nicht abstreiten, daß Beweise für die Inspiration der Heiligen Schrift durchaus ihren Sinn haben. Solche Beweise dienen zum einen dem wichtigen Zweck, den Glauben derer zu festigen, die bereits gerettet sind. In einigen wenigen Fällen helfen sie auch Menschen, zum rettenden Glauben zu kommen. Aber im allgemeinen werden die Menschen nicht durch menschliche Argumente und Schlußfolgerungen überzeugt. »Ein Mensch, gegen seinen Willen zur Überzeugung gedrängt, meist immer noch seiner alten Meinung anhängt.« Die Menschen müssen mit dem kraftvollen Wort Gottes konfrontiert werden. Ein einziger Bibelvers ist oft mehr wert als tausend Argumente.

Dies macht auch die Wichtigkeit des Auswendiglernens von Bibelversen deutlich. Wenn ich meinem Gedächtnis keine Verse anvertraut habe, kann sie der Geist auch nicht im entscheidenden Augenblick hervorholen. Der wichtigste Punkt ist aber, daß Gott nicht verheißen hat, meine Worte zu ehren, sondern das Seine. Wenn ich also mit Unbekehrten umgehe, muß ich freimütig das Schwert des Geistes gebrauchen und zusehen, wie es durch ein Wunder der Gnade Überführung und Überzeugung hervorbringt.





W.MacDonald »... zur Scheidung von Seele und Geist.« Hebräer 4,12

Wenn die Bibel vom Menschen in seinem dreifachen Wesen spricht, ist die Reihenfolge immer Geist, Seele und Leib. Werden diese Ausdrücke aber von Menschen zusammen gebraucht, ist die Reihenfolge fast immer Leib, Seele und Geist. Die Sünde hat Gottes Ordnung verkehrt. Jetzt setzt der Mensch den Leib an die erste Stelle, dann kommt die Seele und ganz zum Schluß der Geist.

Die beiden nicht materiellen Teile des Wesens des Menschen sind sein Geist und seine Seele. Der Geist befähigt ihn zur Gemeinschaft mit Gott. Die Seele hat mit seinen Gefühlen und Leidenschaften zu tun. Obwohl wir nicht in der Lage sind, zwischen Geist und Seele detailliert zu unterscheiden, können und sollen wir doch die Unterscheidung zwischen Geistlichem und Seelischem lernen.

Was also ist geistlich? Eine Wortverkündigung, die Christus verherrlicht ist es. Gebet zu Gott durch Jesus Christus in der Kraft des Geistes ist es. Dienst, der durch die Liebe zum Herrn motiviert ist und seine Tragkraft vom Heiligen Geist bezieht, ist es. Anbetung, die in Geist und Wahrheit geschieht, ist es.

Und was ist seelisch? Eine Wortverkündigung, die die Aufmerksamkeit auf den Menschen zieht, auf seine Redekunst, seine Persönlichkeit oder seine Schlagfertigkeit. Mechanische Gebete, ohne daß das Herz wirklich dabei ist, die allein auf andere Eindruck machen sollen. Dienst, zu dem man sich selbst berufen hat, der aus finanziellen Motiven und mit fleischlichen Methoden durchgeführt wird. Anbetung, die sich um sichtbare, materielle Hilfsmittel bewegt statt um unsichtbare geistliche Wirklichkeiten. Was hat die Versammlung Gottes mit geweihten Gebäuden, bunten Glasfenstern, Talaren, Ehrentiteln, Kerzen, Weihrauch und anderen Äußerlichkeiten zu tun? Oder, um es deutlicher zu sagen, was hat die Versammlung mit Werbefeldzügen im Hollywood-Stil zu tun, mit mietbaren Spenden- sammelorganisationen, mit evangelistischen Reklametricks, mit Persönlichkeitskulten, mit musikalischen Extravaganzen?

Die Reklame in einer durchschnittlichen christlichen Zeitschrift genügt schon als Beweis, wie seelisch wir geworden sind.

Paulus unterscheidet deutlich zwischen Dienst, der mit Gold, Silber und Edelsteinen verglichen wird, und Dienst, der nichts als Holz, Heu und Stroh ist (1. Korinther 13,12). Alles, was geistlich ist, wird das Feuer des prüfenden Gerichts Gottes überstehen. Aber alles Seelische wird in Flammen aufgehen.





C.O.Rosenius Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als ein zweischneidig Schwert und dringet durch, bis daß es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens. Hebr. 4, 12.

Gleichwie ein scharfes Messer bei guter Anwendung großen Nutzen tut, übel hantiert aber ebenso großen Schaden anrichtet, so auch das Wort Gottes. Es ist entweder ,,ein Geruch des Todes zum Tode" oder aber ,,ein Geruch des Lebens zum Leben." Gottes Wort ist nie ohne Wirkung, wenn es in das Herz dringt. Es ist der Sonne gleich. Allen Tageswesen ist das Licht der Sonne ein Mittel zum Wohlsein, zur Freude und Wirksamkeit, die Nachtvögel aber werden dadurch nur geblendet. Die Wärme der Sonne macht das Wachs weich, den Ton aber hart wie Stein. So ungleich wirkt auch das Wort Gottes. Die Juden z.B. waren gewiß auch vor der Ankunft Christi blind und hart; als Er aber kam, wurde ihre Blindheit, ihre Härte und Bosheit erst recht erschrecklich. Und Judas, der Verräter! Wer dessen Zustand recht betrachtet, muß erschrecken. Er war einer von den Zwölfen, hatte vieles gehört, gesehen und erfahren, es aber übel angewandt. Er hatte Christi Worte nicht in der rechten Weise gehört. Genauso geht es noch heute. Wir sehen viele, die durch tägliches Lesen beinahe die ganze Bibel auswendig können, dabei aber in ihrer Sünde und Sicherheit schlafen; und wir sehen andere, die gleichwie Judas in der Gemeinschaft mit Jesus und Seinen Jüngern lebten, die aber alles Gnadenleben im Herzen, alle Kraft und Beweisung des Geistes im Wandel verloren haben, obwohl sie fortfahren, das Wort zu gebrauchen. Diese sind dann nicht nur geistlich tot, so als ob sie Gottes Wort nie gehört hätten, sondern dazu noch siebenmal ärger, wie die Schrift sagt. So können die Früchte des Wortes Gottes sein, wenn es nicht richtig gebraucht wird.

Wird nun gefragt, was das besagen will, Gottes Wort richtig zu gebrauchen, so antworten wir: ,,Dazu ist nur nötig, daß du es als Gottes Wort mit der Furcht, dem Gehorsam und dem Glauben annimmst, den der große Gott in Seinem Worte fordert. Es will wahrlich nicht nur gehört, gewußt und gefaßt, sondern zu Herzen genommen, geglaubt und befolgt werden. Tue dies und du wirst nicht zuschanden werden. Der erste, gebräuchlichste und gefährlichste Mißbrauch des Wortes ist der, sich nur predigen zu lassen, nur mit dem Verstand Gottes Wort zu lernen, nie aber anzufangen, danach zu tun. Dies war der Weg des Judas Ischariot zu seiner Verhärtung. Sobald du deshalb siehst, daß du etwas tun sollst, etwas haben mußt, was du nicht hast, so suche es alsbald zu erlangen. Wenn du siehst, daß du die Sünde ablegen sollst, so tue es gleich. Denn durch bloßes Hören ohne Tun verhärtest du dein Herz. Wann soll darum deine Umkehr geschehen, wenn nicht jetzt? Oder wozu soll Gottes Wort dienen, wenn es nicht befolgt werden soll? Du kannst dann lieber aufhören es zu lesen und zu hören, wenn du es doch nicht befolgen willst. Und wer soll das Wort Gottes befolgen, wenn nicht du, der du doch auch in den Himmel eingehen willst? Sieh, das ist gerade der Weg zum Verderben, andere Gottes Wort annehmen und befolgen zu lassen, es selbst aber nur im Kopf zu haben.

Sagst du aber, daß du den Willen Gottes nicht zu tun vermagst, so fragen wir: Hat Gott zuviel gefordert? Ist Er unbillig in Seinen Geboten? Ist es nicht billig, daß du Ihn über alles liebst oder daß du deinen Nächsten liebst wie dich selbst? Mehr verlangt Er ja nicht von dir. Hast du denn alle deine Kräfte wirklich ernstlich angestrengt, um den Willen Gottes zu tun? Oder hast du dir bisher nur ganz wenig Mühe gegeben und bist sicher, hart und gleichgültig gewesen und hast dich leichtsinnig der Sünde ergeben? Ist es dann nicht billig, daß du als ein Verächter des Gesetzes Gottes verdammt wirst? Sieh, wenn du Gottes Wort ernstlich bedächtest und zu Herzen nähmest, dann würdest du bald anfangen, dasselbe zu befolgen und deine Kräfte an dieser Arbeit zu versuchen, und dann würde der Stolz der Unbußfertigkeit bald fallen, du würdest aus dem Sündenschlaf aufwachen und zu einer heilsamen Sündenerkenntnis gelangen, zu einer göttlichen Traurigkeit, die eine Reue zur Seligkeit ,,wirkt". Und wenn du in deiner Not und Ohnmacht bisher deine eigenen Kräfte erfolglos angestrengt hast jetzt wirst du genötigt, um den Geist Gottes zu bitten, und wirst - teils durch diesen Geist, teils durch deine inneren Erfahrungen - das rechte Licht in dem Wort Gottes erlangen, das Licht von oben herab. Ohne Erfahrung sind selbst die Hochgelehrtesten stockblind, denn ohne den Geist Gottes läßt sich das Wort Gottes nie verstehen. Luther sagt dazu: ,,Als Gott uns Sein Wort gab, sprach Er: ,,Ich werde es wohl klar und deutlich schreiben und predigen lassen, werde es aber doch immer so machen, daß es auf Meinem Geist beruhen soll, wer es fassen soll." Darum sehen wir, daß diejenigen, die das Wort von sich aus zu verstehen meinen und es darum verschmähen, sich vor Gott zu demütigen, in der Finsternis verbleiben müssen.

Du wurdest dadurch erweckt, daß du das Wort als Gottes Wort schätztest. Ebenso wirst du auch zu einem rechten Glauben kommen, wenn du in deiner Sündennot, aus der du dir nicht selbst helfen kannst, die frohe Botschaft von unverdienter Gnade in Christus mehr gelten läßt als alle Einwendungen und Widersprüche deiner Vernunft. Laß darum dein ganzes Leben hindurch Gottes Wort über deine Vernunft, über dein Herz und dein Leben herrschen und flehe zu diesem Zweck jedesmal, wenn du zum Lesen und zum Hören des Wortes Gottes gehst, ernstlich um den Geist Gottes! Wisse, du wirst es dann nie vergeblich hören!