Hebr 2,18
C.H.Spurgeon
,,Darinnen Er gelitten hat und versucht ist."
Hebr. 2, 18.
Es ist ein gewohnter und geläufiger Gedanke und dennoch dem
müden Herzen immer aufs neue süß wie Nektar, daß Jesus versucht
ward, gleichwie auch ich. Ihr habt diese Wahrheit oft vernommen;
habt ihr sie euch auch angeeignet? Er ward versucht in allen
Sünden, in welche wir verstrickt werden. Darin dürfen wir den
Herrn Jesus nicht von unsrer Menschheit losreißen. Es ist ein
dunkles Tal, durch das wir hindurchschreiten müssen, aber der
Herr Jesus ist uns vorangegangen. Es ist ein scharfer Streit, in
dem wir stehen, aber Jesus hat demselben Feinde die Stirne
geboten. Seien wir gutes Mutes, Christus hat die Last vor uns
hergetragen, und die blutbesprengten Fußtritte des Königs der
Herrlichkeit sind uns deutlich auf dem Wege sichtbar, auf dem
wir zu dieser Stunde wandeln. Aber es ist noch etwas
Lieblicheres dabei: Jesus ward versucht, aber Er sündigte nie.
Dann, liebe Seele, ist es nicht nötig, daß du Sünde tust, denn
Jesus war auch Mensch; und wenn ein Mensch diese Versuchungen zu
bestehen hatte und nicht sündigte, dann mögen in seiner Kraft
auch seine Glieder der Sünde widerstehen. Manche Anfänger im
Glaubensleben meinen, sie könnten nicht versucht werden, ohne zu
sündigen; aber sie sind im Irrtum; in der Versuchung an sich ist
keine Sünde, aber in der Nachgiebigkeit gegen die Versuchung ist
die Sünde. Hierin liegt ein Trost für die, welche schweren
Versuchungen unterworfen sind. Und es liegt eine noch größere
Aufmunterung für sie in dem Gedanken, daß der Herr Jesus, ob Er
gleich versucht ward, herrlich triumphierte; und daß gleich wie
Er überwunden hat, so auch seine Jünger überwinden sollen, weil
der Herr Jesus als Mensch der Stellvertreter der Seinen ist. Das
Haupt hat gesiegt, so haben die Glieder an seinem Siege teil.
Wir brauchen uns nicht zu fürchten, denn Christus ist mit uns,
zu unsrer Verteidigung gewaffnet. Unsre Burg ist die Brust des
Herrn. Vielleicht werden wir jetzt versucht, daß wir uns näher
zu Ihm flüchten. Wohl jedem Winde, der uns in den Hafen der
Liebe unsres Heilandes treibt! Selige Wunden, die uns dem lieben
Arzt in die Hände führen. Ihr Versuchten, kommt zu eurem
versuchten Heiland, denn Ihn kann das Gefühl eurer Schwachheit
rühren, und Er steht jedem Versuchten und Geprüften bei.
S.Keller
Hebr. 2, 18: «Denn wiefern er gelitten hat als einer, der
selbst versucht worden ist, kann er denen, die versucht
werden, helfen.»
Viele unserer nächstliegenden Versuchungen, die aus unserem
verdorbenen Fleischesleben stammen, hat Jesus nie gehabt,
weil sein Sinnenleben rein war. Seine schwersten
Versuchungen, die sich auf seine freiwillige Berufspflicht
bezogen, werden wir nie durchkosten, weil wir für sie kein
hinreichendes Verständnis haben. Mögen so Art, wie Grenzen
der Versuchung (nach oben und nach unten), bei Jesus und
uns ganz verschieden sein, so liegt in der bloßen Tatsache,
daß er versuchlich war und alle Versuchungen glänzend
abgeschlagen hat, für uns doch Trost und Hilfe genug. Wie
nah ist er uns dadurch geworden! Wie versteht er unsere
Schwachheit und wie viel Mitleid hat er mit uns! Jetzt wird
es erst zur doppelten Verschuldung, wenn wir angesichts eines
solchen Hilfsmittels dennoch fallen. Jetzt müssen wir doch,
sobald uns die Gefährlichkeit einer Stunde zum Bewußtsein
kommt, uns an seine nahe Hilfe wenden! Tun wir das, so
strömt der Frieden seiner Nähe wie Öl auf die erregten Sinne
oder Nerven, und die böse Spannung ist behoben. An ihm
liegt's nicht, wenn seine Leute in einen Betrug der Sünde
willigen.
Ja, Herr Jesus, du kannst uns helfen. Du willst uns helfen!
Du streckst schon die Hand dem Sinkenden entgegen. Erbarme
dich unser und halte selbst dein schwaches Kind. Erinnere
mich an dein: bewahrende Gnade und hilf mir hindurch, daß
ich deinen Sieg erlebe und dir Dank sagen darf. Amen.
S.Keller
Hebr. 2, 18: «Denen, die versucht werden.»
Ist das nicht eine erschütternde Beschreibung von uns! Was
ist bezeichnender für unsere Erdentage, als daß wir aus einer
Versuchung in die andere geworfen werden. An einem Tage kann
es eine ganze Reihe der verschiedensten geben: fleischliche,
nervöse, feine, seelische, fromm dreinblickende, rein
geistliche... Warum das alles? Ächzt nicht mancher
verzweifelt: "Wäre die Versuchung nicht gekommen, wäre ich
noch rein!" Aber sei doch gerecht: jedes Ding wird erst
erkannt an seinem Gegensatz. Ohne Versuchung gäbe es keine
sittliche Freiheit, keine Offenbarung des Guten, keine
Bewahrung. Auch die geistlichen Muskeln können nicht anders
gestärkt werden als durch Anspannung bis aufs äußerste. Wir
sind ja außerdem nicht allein mit unseren Versuchungen: Jesus
ist dazu versucht worden, damit er nicht nur für sich in
ihnen allen ein Sieger bleibe, sondern damit er nun Mitleid
mit uns haben und helfen könne denen, die versucht werden.
Das ist doch eine der starken Bezeugungen seines Lebens und
seiner Barmherzigkeit, daß er in jeder Versuchung bei uns
steht und uns seine Hilfe anbietet. Wenn wir nur dann uns zu
ihm flüchten, kann er dem Feuerpfeil der abgefeimtesten
satanischen Versuchung die Spitze abbrechen.
Dann laß mich nie allein, Herr Jesu! Ich sehne mich nach
deiner täglichen Bewahrung; ich traue mir nichts, dir alles
zu. Hilf mir hindurch, bis alle Versuchung zu Ende ist.
Amen.
D.Rappard
Darin, er gelitten hat und versucht ist, kann er helfen
denen, die versucht werden.
Hebr. 2,18.
Unser Herr und Heiland hat in den Tagen seines Fleisches
alle unsere Schwächen und Gebrechen kennengelernt. Er
weiß was Hunger und Durst, Müdigkeit und Schmerz ist. Und
ausdrücklich wird uns gesagt, daß er auch das peinliche Leid
kennenlernte, das in den Worten zusammengefaßt ist: E r
w a r d v e r s u c h t a l l e n t h a l b e n g l e i c h
w i e w i r. Freilich folgt der große Nachsatz: D o c h o h n e
S ü n d e. In seiner heiligen Seele fanden die Anfechtungen des
Feindes keinen Resonanzboden.
Dennoch weiß er, was Versuchung ist. Wie grausam und
listig war der dreimalige Angriff Satans in der Wüste. Und
ohne Zweifel hat es noch viele solcher Stunden gegeben, in denen
der Fürst dieser Welt den Heiligen Gottes fällen wollte.
O, welch ein Trost ist das für die Gottesstreiter hienieden.
Er versteht sie, nicht nur in ihren irdischen Mühsalen, sondern
auch in ihren geistlichen Nöten. Er kennt den Feind und weiß,
wie heftig er den Kämpfern zusetzen kann. Und weil er das so
gut versteht, kann er so wirksam h e l f e n denen, die versucht
werden. Der erste Moment, da wir das Nahen der Versuchung
verspüren, treibe uns behende zu unserem Siegesfürsten hin, uns
zu bergen unter seinem allmächtigen Schild.
Und ist Jesus zwischen innen
Bin ich aus dem Krieg;
Denn schon lang erfocht mein Jesus
Überall den Sieg.
Ch.Spurgeon
"Denn worin er selbst gelitten hat, als er versucht wurde,
kann er denen helfen, die versucht werden." Hebräer 2,18
Ein altes Sprichwort sagt: "Die eine Hälfte der Welt weiß
nicht, wie die andere lebt." Und das ist sehr wahr. Ich
glaube, daß sich mancher Reiche von der Not der Armen keinen
Begriff machen kann. Er kann sich nicht vorstellen, wie es
ist, wenn man für sein tägliches Brot hart arbeiten muß.
Aber unser Herr Jesus Christus kennt unsere Bedürfnisse.
Versuchung und Schmerz hat er vor uns erduldet. Krankheit
ertrug er, als er am Kreuz hing. Müdigkeit versteht er, denn
er saß müde am Brunnen zu Sichar. Armut - er kennt sie, denn
zuweilen hatte er außer jenem Brot, von dem die Welt nichts
weiß, kein Brot zu essen. Obdachlos zu sein - er kannte es,
denn "die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels
Nester", er dagegen "hatte nicht, wohin er sein Haupt legte".
Lieber Christ, du kannst an keinen Ort gehen, wo dein Heiland
nicht vorher gewesen ist - die Örter der Sünde ausgenommen.
Im Tal des Todesschattens kannst du seine blutigen Fußtritte
sehen. Ja, selbst an den tiefen Wassern des Jordan wirst
du, wenn du ihm nahekommst, sagen: "Da sind Fußstapfen
eines Mannes. Wer ist dort gewesen?" Wenn du dich dann
niederbeugst, wirst du Nägelmale entdecken und sagen:
"Das sind die Fußstapfen meines Heilandes!" Er ist vor dir
dagewesen. Er hat den Weg geebnet. Er ließ sich in das Grab
legen, um es zu einem Himmel der Erlösten zu machen, in dem
sie ihre Werktagskleider ausziehen, um die Gewänder der
ewigen Ruhe anzulegen.
Welche Wege wir auch geführt werden mögen, der Herr ist unser
Vorläufer gewesen. Ich rede zu denen, die in großer Trübsal
sind: Lieber Mitpilger, fasse Mut! Christus hat den Weg
gebahnt und den "schmalen Pfad" in die königliche Heerstraße
des Lebens umgewandelt.