1Tim 1,9
C.O.Rosenius
Die Gnade Gottes, die uns in Christus Jesus vor der Zeit der
Welt gegeben ist. 2. Tim. 1, 9.
Der Apostel sagt, daß Gottes Gnade uns gegeben ist in
Christus Jesus. ,,Gott ist die Liebe", nicht aber eine
solche, die die Sünde übersehen oder etwas von der Forderung
Seiner Gerechtigkeit erlassen könnte. Deshalb hat Er einen
Rat erdacht, durch den sowohl Seine Gerechtigkeit als auch
Seine Barmherzigkeit zufriedengestellt werden konnte, nämlich
durch einen Mann, in welchem wir vor dem Gesetz heilig und
unsträflich erfunden werden sollen. ,,Was dem Gesetz
unmöglich war (weil es durch das Fleisch geschwächt ward),
das tat Gott und sandte Seinen Sohn" usw. ,,Gott hat den,
der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht, auf
daß wir würden in Ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt" -
,,zum Fluch, auf daß wir den Segen ererben." Hieraus sehen
wir, daß unsere ewige Gnadenwahl sich nicht auf eine
nachsichtige Liebe bei Gott gründet. Denn die Übertretungen
sollen gesühnt, die Sünde zugesiegelt, die Missetaten
versöhnt und die ewige Gerechtigkeit gebracht werden. Noch
weniger gründet sie sich auf ein Verdienst oder eine
Würdigkeit unsererseits, - denn ,,wir lagen", wie die Schrift
sagt, ,,in unserem Blut", als der Erbarmer vorüberging und
sich unser annahm, - sondern sie gründet sich einzig und
allein auf Christus, das Bild des unsichtbaren Gottes, den
Erstgeborenen aller Kreatur, den ewigen, eingeborenen Sohn
Gottes dem Geist nach, aber den Sohn Davids dem Fleische
nach, auf den Menschensohn, den Weibessamen, den anderen
Adam.
Es hat Ihn, den großen Mittler zwischen Gott und den
Menschen, gar viel gekostet, die Scheidewand niederzubrechen,
die Sünden zu versöhnen, die Gerechtigkeit zufriedenzustellen
und uns das verlorene Kindesrecht und verscherzte Erbteil
wieder zu erwerben. Es kostete den lieben Herrn gar viel,
als Er in mehr als dreißig Jahren unsertwegen ein Knecht
werden mußte, um uns von der Gewalt des Teufels zu erlösen
und uns eine Gerechtigkeit zu erwerben, die unser ganzes
Leben lang für alle unsere täglichen Sünden und
Unlauterkeiten gelten sollte; es kostete Ihn ,,starkes
Geschrei und Tränen", Schweiß und Blut, - aber Er erwarb uns
dadurch auch eine Erlösung, die ewiglich vor Gott gilt.
Seitdem Er nach dem ewigen Ratschluß Gottes für uns zur Sünde
gemacht wurde, ist Ihm auch nicht das geringste unseres
unendlichen Schuldbriefes erlassen worden, sondern Er hat
alles bezahlen müssen. Darum sagt der Apostel auch: ,,Er hat
die Handschrift ausgetilgt, die wider uns war, und hat sie an
das Kreuz geheftet." Da wurden alle Sünden und der ganze
Fluch des Gesetzes festgenagelt; und gleichwie unsere Sünden
zu Christi eigenen gemacht wurden, so wurde auch Sein
Verdienst, Seine Gerechtigkeit die unsrige. Er ist ,,der
Herr, unsere Gerechtigkeit".
Gott sieht das ganze Menschengeschlecht in Christus enthalten
und deshalb in Christus versöhnt, in Christus gerecht, in
Christus heilig, unsträflich und gut. Das Lamm ist in Gottes
Augen erwürgt vom Anfang der Welt. Das ist der Grund dafür,
daß Gott sich von Anfang an gegen die Menschenkinder
verhalten hat wie ein versöhnter Vater, wie ein gnädiger,
barmherziger Vater, der mit inniger Barmherzigkeit nach
Seinen verlorenen Kindern gesucht und alle mit Liebe umarmt
hat, sobald sie zu Ihm gekommen sind. So erwies der Herr
sich schon dem Mose, als er auf dem Berge in der Felsenkluft
saß und Seine Herrlichkeit zu sehen begehrte: ,,Herr, Herr
Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade
und Treue, der Du bewahrest Gnade in tausend Gliedern und
vergibst Missetat, Übertretung und Sünde."
Das ist die allgemeine Gnadenwahl Gottes, die alle
Menschenkinder auf Erden umfaßt; denn nach dem ,,Vorsatz"
Gottes ist keiner ausgeschlossen. Feierlich versichert Er:
,,So wahr, als Ich lebe, Ich habe keinen Gefallen am Tod des
Gottlosen, sondern daß er sich bekehre und lebe. Gott will,
daß allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der
Wahrheit kommen. Gott will nicht, daß jemand verloren werde,
sondern daß sich jedermann zur Buße kehre. Er ist der
Heiland aller Menschen." Deshalb befahl Christus Seinen
Aposteln: ,,Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium
aller Kreatur." Hier ist also kein Unterschied. Hier ist
nicht eine gewisse Person, ein bestimmtes Volk auserwählt,
sondern diese Erwählung ist allgemein, sie umfaßt alle
Geschlechter, alle Menschen, Juden, Heiden, Christen,
Katholiken, Lutheraner, kurz, alle Menschen, böse und gute,
gläubige und ungläubige, gottlose und fromme, arme und
reiche, hohe und niedrige, sie umfaßt also mit einem Wort das
ganze Menschengeschlecht, alle Mitglieder des Geschlechts,
das unter dem Himmel ist. Denn so lautete die Verkündigung
der ewigen Gnadenwahl: ,,Durch Deinen Samen, welcher ist
Christus, sollen alle Völker gesegnet werden."
Ehe noch ein Mensch geboren,
Hat Er uns zuvor erkannt
Und in Christo auserkoren,
Seine Huld uns zugewandt;
Selbst der Himmel und die Erden
Müssen uns zum Dienste werden,
Weil wir durch Sein liebstes Kind
Seine Kinder worden sind.
Ewig solche Gnade währet,
Die Er uns in Ihm bescheret;
Ewig wollen wir uns üben,
Über alles Ihn zu lieben.