2Thes 3,10
C.H.Spurgeon
So jemand nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen.
2 Thessal. 3, 10.
Das Volk Gottes ist ein Volk, das nicht von der Welt ist, wie
auch Christus nicht von der Welt war. Es handelt sich nicht
darum, daß sie nicht in der Welt sind, als darum, daß
sie nicht von der Welt sind, gleichwie auch Christus nicht von
der Welt war. Dies ist ein wichtiger Unterschied, denn es gibt
manche Menschen, die nicht in der Welt sind, und doch keine
wahren Christen sind. Unter diese gehören die Gefühlsmenschen,
welche immer auf gefühlige und erkünstelte Weise schreien und
seufzen. Ihr Geist ist so erhaben, ihr Wesen so zart, daß sie
ihrer täglichen Arbeit nicht obliegen können. Sie würden es
eher für eine Erniedrigung ihrer geistlichen Natur halten,
irgendetwas zu besorgen, was mit der Welt im Zusammenhang
steht. Sie leben viel in der Lust, von Romanen und Märchen, sie
lesen gerne Schriften, welche ihren Augen Tränen entlocken; sie
würden am liebsten immer in einer Hütte bei einem Wald, oder in
einer ruhigen Höhle wohnen, denn sie meinen, sie seien nicht
von der Welt. Aber im Grunde sind sie zu schwach und weichlich,
um dem Treiben dieser geschäftigen Welt widerstehen zu können.
Sie sind so vorzüglich gut, daß ihnen die Geduld ausgeht, zu
handeln, wie wir armen Menschen handeln.
Ich habe von einer jungen Frau gehört, welche sich für so
geistlich gesinnt hielt, daß sie nicht mehr arbeiten wollte.
Ein sehr weiser Prediger sagte ihr: "Das ist sehr sonderbar!
Sie sind so in's Geistliche versenkt, daß Sie nicht arbeiten
können? Gut, dann sollen Sie auch nicht essen, wenn Sie nicht
arbeiten." Diese Worte brachten sie ab von ihrer
Übergeistigkeit.
Manche Leute nähren sich von diesem törichten Gefühlswesen. Sie
lesen Bücher, welche ihr Gehirn einnehmen, und dann bilden sie
sich ein, daß sie noch eine hohe Bestimmung in dieser Welt
haben. Aber diese Leute sind doch keine wahren Christen und
gehören noch lange nicht zum Volk Gottes, das nicht von der
Welt ist, wie auch Christus nicht von der Welt war. Ebensowenig
gehören die Mönche zum Volk Gottes, welche auch nicht von der
Welt sein wollen und sich durch besondere Kleidung und
besondere Übungen von den gewöhnlichen Menschen zu
unterscheiden suchen. Aber auch in der protestantischen Kirche
legen manche ein besonderes Gewicht auf die Kleidung, die
Gebärden, die Aussprache und Töne, den Gang und die Haltung
ihres Körpers und ihres ganzen Wesens, womit sie zeigen wollen,
daß sie nicht von der Welt sind, aber doch im Grunde zur Welt,
wenigstens zur heuchlerischen und eigenliebigen Welt gehören.
Das alles unterscheidet uns noch nicht gründlich von der Welt,
und der Charakter des Volkes Gottes besteht ganz und gar nicht
in diesen Dingen. Wollen wir nicht von der Welt sein, so müssen
wir den Unterschied von ihr nicht in so unbedeutenden Dingen,
sondern in all dem suchen, wodurch Jesus Christus, der Gottes-
und Menschensohn, sich von der Welt unterschieden hat. Er ist
unser Vorbild. Christus war nicht von der Welt, weder seiner
Natur, noch seinem Amt noch seinem Charakter nach.