2Thes 3,6
A.Christlieb
Über das Abbrechen des Verkehrs mit einem Bruder.
2. Thessalonicher 3, 6. 11. 14. 15.
Das Abbrechen jeder Beziehung mit der Stadt Antiochien durch
die Apostel veranlaßt uns, die Frage zu prüfen, wann wir nach
der Schrift die Pflicht haben, die Gemeinschaft mit andern zu
lösen. Die nachfolgenden Beispiele mögen uns darüber Licht
geben. Wir beginnen mit obigen Thessalonicherstellen. Es
können Fälle eintreten, wo die Frage entsteht, wann, wozu
und wieweit wir den Verkehr mit einem Mitchristen abbrechen
sollen. Auf diese Frage antwortet unser Text. In
feierlicher Weise gebietet Paulus in einem bestimmten
Fall jeden brüderlichen, freundschaftlichen Verkehr zu
unterlassen. Dabei zeigt er uns 1. Grund, 2. Zweck,
3. Grenze eines solchen Abbruches jeglicher Gemeinschaft.
1. Paulus hatte vernommen, daß einige Mitglieder der
Christengemeinde unordentlich wandelten, nichts arbeiteten,
sondern Vorwitz trieben (V. 11). Dies veranlaßte ihn zu
einem ernsten und strengen Wort. Im Namen Jesu gebot er
in solchem Fall, sich von den betreffenden zurückzuziehen,
d. h. den unter ihnen üblichen brüderlichen Verkehr zu
unterlassen (V. 6). Der Grund zu einem solchen Abbrechen
der Gemeinschaft lag also hier nicht in einem einzelnen
vorgekommenen Fehltritt, sondern in einem dauernden,
beständigen Verharren in einem unordentlichen, d. h. Anstoß
gebenden Wandel. (Wir wollen die Gegenwartszeitform in dem
Ausdruck ,,der da unordentlich wandelt" beachten. Sie zeigt,
daß der Betreffende dies beständig tut und sich nicht davon
abbringen läßt.) Wo diese Voraussetzung zutrifft, da darf ein
gläubiger Christ nicht den brüderlichen Verkehr beibehalten.
Er würde dadurch sich selbst und der Sache des Herrn schaden.
2. Z i e l u n d Z w e c k solcher Unterlassung der
brüderlichen Gemeinschaft mit einem Mitchristen dürfte nicht
etwa der Wunsch sein, ihm recht weh zu tun, sondern ihn zur
Selbsterkenntnis zu bringen (,,auf daß er schamrot werde", d.
h. in sich gehe und die Schwere seiner Verfehlung erkenne).
Auch bei dem strengsten Verhalten hat der rechte Christ
immer nur das Heil seines Mitbruders im Auge. Bei
seiner Stellungnahme ist alles darauf gerichtet, ihm
zurechtzuhelfen. Darum hat auch das Abbrechen des
brüderlichen Verkehrs:
3. seine G r e n z e . Es darf nicht soweit reichen, daß
man eine feindliche, gehässige Stellung zu ihm einnimmt.
Auch im irrenden Bruder hat man den Mitchristen zu sehen,
dessen Zurechtkommen uns sehr am Herzen liegen soll. Deshalb
soll auch die Bemühung, ihn von seinem Irrweg abzubringen,
nicht so leicht aufgegeben werden (,,sondern ermahnt ihn ...").
So verbindet der Geist Gottes schärfste Strenge gegen die
Sünde mit zarter Liebe gegen den Sünder. Wer nach dieser
Regel des Apostels seine Stellung einnimmt, geht auf
richtiger Bahn.