Kol 3,8
C.Eichhorn
Der Kampf gegen Zorn und Gehässigkeit
Legt ab von euch den Zorn, Grimm, Lästerung! Kol. 3, 8
Das Böse kann nur überwunden werden durch Gutes: die unreine
Lust durch reine Lust am Herrn und durch heilige Freude an
göttlichen Dingen; Geiz und Habsucht durch Geben trotz aller
Einreden des habsüchtigen alten Menschen. So können auch
Zorn, Bitterkeit, Empfindlichkeit, streitsüchtiges Wesen nur
dadurch abgelegt werden, daß wir als begnadigte Gotteskinder
herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut und
Geduld anziehen und uns in diesen Waffenrock hüllen. Aber
sind wir begnadigte, geheiligte und von Gott geliebte
Gotteskinder? Vor allem muß das stolze Herz gebeugt und
erweicht werden durch die unverdiente Barmherzigkeit. Es muß
Jesu Lammessinn in uns kommen, erst dann können wir die
Zorneswallungen, alles gehässige, rachsüchtige Wesen, alle
Bitterkeit und Empfindlichkeit, alle giftigen Worte und
Schimpfreden, die aus dem alten Menschen aufsteigen,
erfolgreich bekämpfen und siegreich überwinden. Von Natur
stehen wir auf dem Grundsatz: "Wie du mir, so ich dir!" Es
schlummert ein reißendes Tier in unserem Busen. Sobald es
gereizt wird, fährt es los. Diese Sinnesart wohnte in Kain.
In seinem Geschlecht hat sich der Geist, der sich nichts
gefallen läßt und jedem trotzt, der es wagt, das stolze Ich
zu beleidigen, immer mehr ausgewachsen. Lamech hat sich in
diesem Trotz verherrlicht und war wie trunken von dem kecken
Mut, der jeden niederschlägt, der die Hand gegen ihn aufhebt
(1. Mose 4, 23.24). Auch David wollte sich rächen an Nabal,
der ihn empfindlich gekränkt hatte. Aber er dankte Gott, daß
er ihm noch rechtzeitig die Abigail entgegengesandt hatte,
die ihm ins Gewissen redete und wehrte, daß er nicht
Blutschuld auf sich lud (1. Sam. 25, 32.33). Solange wir
mit unserem Zürnen, Unversöhnlichkeit, Empfindlichkeit und
Trotz im Recht zu sein glauben, kommen wir nicht davon los.
Es muß uns eine unerträgliche Last sein. Laßt uns an die
Liebe denken, die uns fortgesetzt mit so viel Mängeln und
Fehlern trägt, dann werden wir uns schämen über unsere
Ungeduld und Gereiztheit. Laßt uns auch mit David bei
schwerer Beschimpfung nicht unwillig werden, sondern
sprechen: "Der Herr hat's ihn geheißen" (2. Sam. 16, 10)!
Kränkungen und Zurücksetzungen gehören mit zu unserer
Erziehung. Ein gutes Mittel, den Stachel im Herzen
loszuwerden, ist die Befolgung des Wortes Jesu: "Bittet für
die, die euch beleidigen und verfolgen!" Wenn wir für jemand
beten, schließen wir ihn in unser Herz ein. Endlich stillen
und beruhigen wir unser Herz, indem wir nach Jesu Vorbild
alles dem Herrn anheimstellen (1. Petr. 2, 23). Als Kinder
Gottes wollen wir uns nicht selbst zu unserem Recht
verhelfen; er führt unsere Sache (Klagel. 3, 58). Geben wir
dem Zorn, der Bitterkeit und Unversöhnlichkeit Raum, so
scheiden wir uns selbst von der Liebe Gottes und schneiden
uns die Gnade der göttlichen Vergebung ab. Darum fort
mit aller Lieblosigkeit und Gehässigkeit, aller
leidenschaftlichen Erregung und kränkenden Reden!
C.Eichhorn
Das immerwährende Ablegen
Legt alles ab von euch: den Zorn, Grimm, Bosheit, Lästerung,
schandbare Worte aus eurem Munde! Kol. 3, 8
In der Schule Jesu gibt es nicht bloß zu lernen, sondern auch
zu verlernen, nicht nur anzunehmen, was Gott gefällt, sondern
auch abzulegen, was ihm mißfällt. Legt alles ab, nicht nur
einzelne Untugenden! Alles, was Gott mißfällig ist, nicht
bloß die vorher aufgezählten Fleischessünden einschließlich
der Habsucht. "Wer das Gesetz an einem Punkt übertritt, der
ist's ganz schuldig", sagt die Schrift. Das, was jetzt der
Apostel anführt, sind die Sünden der Lieblosigkeit. Sie
entspringen aus dem Hochmut und dem selbstischen Ich. Es
sind Sünden, die auch bei den Frommen noch häufig vorkommen:
Zorn und Grimm, besser: "leidenschaftliche Erregung". Es muß
der Unwille nicht gerade herausbrechen, es kocht im Innern.
Der Zorn bricht heraus. Der Ingrimm ist die innere Erregung
und Aufwallung. Man hält an sich, aber im Innern brodelt's
wie in einem Vulkan. Mancher entschuldigt sich mit seinem
heftigen Temperament oder auch mit seinen angegriffenen
Nerven. Gewiß begünstigt die Nervosität Ungeduld und
Aufwallung. Aber nicht die Nerven, nicht die angeborene
rasche Art, auch nicht die unausstehlichen Menschen und
Verhältnisse sind schuld. Sie machen nicht böse, sondern
lassen nur das Böse, das in uns ist, heraustreten. Unter
"Bosheit" versteht die Bibel alles gehässige, lieblose Wesen.
Zur Bosheit gehören Trotz und Unversöhnlichkeit, Neid und
Widerspruchsgeist, alles versteckte Übelwollen. Die Bosheit
will dem andern zu fühlen geben, will es ihm eintränken, daß
man etwas gegen ihn hat. Man setzt eine finstere Miene auf
und zeigt ein beleidigtes Gesicht. Aus der Bosheit kommen
dann Schimpfreden und allerlei häßliche Worte. Unter
"Lästerungen" sind nicht Gotteslästerungen, sondern
Schimpfreden zu verstehen, alle verletzenden Scheltworte,
die man im Unwillen dem andern hinwirft. "Schandbare Worte"
sind häßliche, gemeine Ausdrücke. Aus dem Munde der Christen
sollen Worte kommen, die lieblich sind und mit Salz gewürzt
und darum holdselig zu hören, vor allem aber Lob Gottes und
Danksagung. Aus einem Munde sollen nicht kommen Lob und
Verwünschungen, so wenig wie ein Quell Süß- und Bitterwasser
gibt.
Darum sei die Losung: Ablegen! All dieses arge Wesen muß
abgelegt werden; denn es läßt das Leben aus Gott nicht
aufkommen. Es legt sich wie ein Bann auf die Seele. Wir
legen Fehler ab, die uns beschämend und tief schmerzlich
werden. In der Schule Jesu geht es durch immer neue Buße.
Wer über seine Fehler leicht hinweggeht, verfällt immer
wieder in sie. Wer unter ihnen seufzt, wem sie lästig und
unerträglich werden, der legt sie ab. Der Meister nimmt sie
von uns, wenn wir entschlossen sind, sie abzulegen. Er macht
Schluß, wenn wir Schluß machen und im Gebet um völlige
Befreiung von unseren Untugenden ringen.