Kol 3,3
C.Eichhorn
In Christo gestorben
Ihr seid gestorben. So tötet nun eure Glieder, die auf
Erden sind! Kol. 3, 3.5
Die Heiligung ist nach der Schrift nie und nirgends unser
Werk. Sie ist eine Ausgestaltung und Durchführung des
göttlichen Gnadenwerks. - Nicht wir töten den alten
Menschen, er ist vom Herrn Jesu ans Kreuz geschlagen worden.
Wenn wir unter ihm seufzen und ihn loswerden wollen, müssen
wir uns dem für uns gekreuzigten Heiland anvertrauen.
Alsdann bekommen wir teil an seinem Tod, wir sterben mit
ihm. Er macht dem alten Wesen ein Ende. In ihm, dem
Auferstandenen, wird uns ein neues Wesen und Leben zuteil.
So wenig wir die Sünde wegbringen, ebensowenig können wir ein
Neues schaffen. "Wer in Christo ist, der ist eine neue
Kreatur. Das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu
geworden!"
- "Ihr seid gestorben", ruft Paulus den Kolossern zu. "So
tötet nun die Sündenglieder", die dieser unreinen Erde
angehören! Wenn der alte Mensch im Zentrum seines Wesens
den Todesstoß bekommen hat, dann gilt es, die Glieder oder
die Geschäfte des Fleisches zu töten (Röm. 8, 13). Legt ab,
sagt Jakobus, den Überrest der Bosheit (wörtl. Übers. Jak.
1, 21)! Die Hauptmasse ist abgetan, aber schlimme Reste sind
noch vorhanden: der Baum ist gefällt, aber es sind noch
Wurzeln da. Was die Gnade geschaffen hat, soll nun auch zur
tatsächlichen Erscheinung kommen (1. Kor. 5, 7.8). Wir
können erst erfolgreich das Alte bekämpfen, wenn wir durch
Gottes Gnade neue Menschen geworden sind. "Ihr seid
wiedergeboren aus dem lebendigen Worte Gottes. So legt nun
ab alle Bosheit und allen Trug und Heuchelei und Neid und
alles Afterreden!" (1. Petr. 1, 23 - 2, 1). Was hier
Petrus aufzählt, sind schlimme Überreste, die sich gerade bei
Wiedergeborenen noch zeigen. Aber als solche können und
sollen sie damit gründlich aufräumen. Vgl. Kol. 3, 8.
- Nirgends weiß die Bibel etwas von Selbstabtötung und
Selbsterneuerung. Die Stellen, wo es nach Luthers
Übersetzung so aussieht, geben nach genauer Übersetzung
einen andern Sinn. So z. B. heißt es in Kol. 3, 9 nicht:
"Ziehet den alten Menschen mit seinen Werken aus!", sondern:
Nachdem ihr den alten Menschen mit seinen Geschäften
ausgezogen und den neuen angezogen habt, der sich immerfort
erneuert zu einer Erkenntnis, für welche das Bild des, der
ihn geschaffen hat, allein maßgebend und bestimmend ist."
Dann erst fährt der Apostel fort: "So zieht nun an, als die
Auserwählten Gottes, herzliches Erbarmen" usw.! Zieht diese
herrlichen Stücke an, nachdem ihr ein neues Grundwesen in
Christo angezogen habt! Oder Eph. 4, 20-25 lautet genau
übersetzt: "Ihr aber nicht also: Ihr habt Christum gelernt,
wenn ihr anders ihn gehört und in ihm gelehrt wurdet, wie es
der Wahrheit entspricht, daß ihr in Jesu abgelegt habt den
alten Menschen und euch fortgesetzt erneuert und den neuen
Menschen angezogen habt." Nun fährt der Apostel fort: "Darum
legt die Lüge ab und redet die Wahrheit!" Also überall ruht
in der Bibel unser Werk auf Gottes Gnadenwerk.
C.O.Rosenius
Euer Leben ist verborgen mit Christus in Gott. Kol. 3, 3.
Beachte! Unser Leben in Gott ist verborgen verborgen mit
Christus! Christus ist unser Leben, aber Christus ist
verborgen; darum ist unser Leben verborgen. So redet der
Apostel hier, und die Erfahrung aller Heiligen bestätigt es.
Aber wir wollen es nicht für wahr und für richtig gedeutet
halten, sondern wir sagen: Wäre es ein richtiges Leben mit
Christus in Gott, dann würde es nicht so verborgen sein,
sondern würde hervorleuchten und mehr empfunden, gesehen und
gefühlt werden. Wahr ist es, daß, ,,wer da glaubt an den
Sohn Gottes, der hat solches Zeugnis bei sich selbst", wahr
ist, daß ,,der Geist Gottes unserem Geist Zeugnis gibt, daß
wir Gottes Kinder sind." Wahr ist, was der Apostel Johannes
in seinem ersten Brief oft wiederholt: ,,Wir wissen, daß wir
von Gott sind"; ,,wir wissen, daß wir Gottes Kinder sind";
,,wir wissen, daß Gott in uns bleibt." Der Mensch, der sich
einer Bekehrung, einer Erweckung aus dem Sündenschlafe, einer
Arbeit unter dem Gesetz, einer Erlösung in Christus, eines
neuen Lebens mit Christus und eines neuen Wandels nach Ihm
nicht bewußt ist, sondern Wenn auch nicht in ihrem gröberen
Wesen - noch mit der Welt eins ist, betrügt sich selbst, wenn
er meint, trotzdem das verborgene Leben mit Christus in Gott
leben zu können, wenn er diesen Spruch so deutet, als würde
das Leben in Christus keine bestimmten Zeichen mit sich
bringen. Gewiß steht das fest, was die Schrift von den
Früchten des Geistes lehrt, an denen der gute Baum erkannt
werden soll.
Daß das geistliche Leben dennoch zu derselben Zeit so
verborgen ist, rührt daher, daß unsere gefallene, blinde
Vernunft sich nie recht auf das Werk des Geistes und dessen
Früchte versteht, sie gibt auf dieselben auch nicht acht,
sondern will das Leben mit den Händen anfassen, es sehen und
empfinden. Zuweilen sind wir mit den Früchten des Geistes,
die die Schrift hervorhebt, nicht zufrieden, sondern wollen
selbst bestimmen, wie das geistliche Leben sich offenbaren
soll. Wenn die Schrift z. B. Liebe, Freude, Friede usw.
als die vornehmsten Früchte des Geistes nennt, sagt doch
mancher: ,,Ja, was ist das? Gewiß entstand eine neue Liebe
in meinem Herzen, als ich die Vergebung aller meiner Sünden
erhielt, gewiß empfing ich eine Freude und einen Frieden mit
Gott, die ich früher nie hatte; aber, was ist das? Diese
Dinge sind bei mir ja so schwach und unbeständig. Ich sollte
doch eine viel größere und beständigere Liebe, Freude,
Friede, Sanftmut usw. haben." Zuweilen trachten wir ja nach
inneren Empfindungen und Gefühlen des eigentlichen Lebens
in uns, und wenn solche nicht da sind, zweifeln wir gleich
an dem Leben.
Unser Leben in Gott ist dann am tiefsten verborgen, wenn Gott
uns nicht nur jegliches Gefühl und jegliche Kraft entzieht,
sondern uns zugleich auch von manchen Sünden und Gebrechen
überfallen läßt oder dem Teufel gestattet, uns aufs
gräßlichste zu sichten und uns mit sündlichen Gedanken,
Lüsten und Begierden zu versuchen und zu plagen, so daß wir
uns zuzeiten auch vergehen - so z.B., wenn Petrus seinen
Herrn verleugnet und lügt, oder wenn Paulus und Barnabas sich
zanken. Seht, wenn uns solches geschieht, dann scheint es
größte Torheit zu glauben, daß der Geist Gottes in uns
wohne. Nein, nicht der Geist Gottes, sondern der Teufel!
Schließlich kommt hinzu, daß Gott allerlei unangenehme
Erfahrungen, Unglücksfälle und Leiden uns treffen, ja, wie
eine Sturzflut uns überschütten läßt, so daß sich auf einmal
alle Kräfte - die Natur, die Menschen und die Geister - gegen
einen frommen Hiob vereinigen, indem die Räuber, der Sturm
und der Blitz ihm alles rauben, was er besitzt, sogar seine
Kinder. Der Teufel plagt seinen Leib, sein Gemahl verhöhnt
seinen Glauben, seine armen Tröster wälzen neue Steine
auf seine Last, sogar sein eigenes Herz ergeht sich in
Lästerungen, so daß er den Tag seiner Geburt verflucht. Ach,
wo ist nun der hochbegnadigte Mann, desgleichen nicht im
Lande war? Wo ist nun die besondere Freundschaft Gottes, die
er besitzen sollte? Das muß wohl unsere Herrlichkeit tief,
tief verbergen heißen!
Von all dem Bösen, das unsere Herrlichkeit, unser Leben mit
Christus bedeckt und verbirgt, ist jedoch nichts mit der
Sünde zu vergleichen. Äußere Leiden sind dagegen goldene
Leiden. Man kann sich bald genug belehren lassen, daß sie
eine väterliche ,,Rute" sind, denn ,,welche der Herr liebhat,
die züchtigt Er". Aber die Sünde, das Toben des Teufels im
Fleische, anhaltende Sündenlüste und das daraus folgende
tote Gefühl und die Vorstellung eines gerechten von Gott
Dahingegebenseins sowie des Verlassenseins vom Heiligen Geist
usw. - das sind die rechten Todesstöße, die uns durch Mark
und Bein dringen und unser Gnadenleben von Grund aus
verbergen. Dann hilft gewöhnlich nichts anderes, als
jeglichen Gedanken an das eigene Gnadenleben aufzugeben und
nur auf den ewigen, unveränderlichen Gott zu blicken, ob Er
nicht retten und der Sache abhelfen kann. Wenn es dann aber
wieder heller wird, kann man wohl zu sehen bekommen, daß
sich mitten in der schwarzen Finsternis nicht nur ein
unveränderliches Vaterherz Gottes und unsere ungeminderte
Gerechtigkeit in Christus, sondern auch ein wahres,
lebendiges, kämpfendes Gnadenleben in unseren Herzen
verbargen. Hier tief zu bedenken und zu wissen, wie Gott die
Seinen wundersam führt und in dieser Weise das Leben unter
dem Tode, die Gerechtigkeit unter der Sünde, die Gnade unter
dem Zorn, ja, den Himmel unter der Hölle verbirgt, das ist
die hohe göttliche Weisheit, die uns vor allem anderen
vonnöten ist, wenn wir mit diesem Herrn aushalten sollen.
Hier übel genennet und wenig erkennet,
Hier heimlich mit Christo im Vater gelebet,
Dort öffentlich mit Ihm im Himmel geschwebet.