Kol 1,29
S.Keller
Koloss. 1, 29: «Daran ich auch arbeite und ringe nach
der Wirkung des, der in mir kräftiglich wirket.»
Nach dem Zusammenhang arbeitet Paulus daran, jeden
Neugewonnenen so zu fördern, daß er die christliche
Vollkommenheit erreiche. Nicht Sündlosigkeit, sondern
Vollständigkeit, Ganzheit ist gemeint; nicht ein ideales
Tugendmuster soll jeder erreichen, sondern daß alle Gebete
seines Lebens offen für Jesus werden. Keine einseitige
Übertriebenheit, aber eine allseitige Hingabe an Jesus.
Diesem Ziel zu drängt der Apostel, und zwar wendet er allen
Ernst daran, unter der Einwirkung des Geistes Christi, der
ihn beseelt. Dann ist Christus kein totes Standbild, zu dem
wir streben, sondern er selbst zieht und züchtigt, reinigt
und heiligt die Leute, die sich ihm ergeben. Mir wird in
diesem Zusammenhang klar, daß ich keinen andern Menschen
begeistern kann, sich so völlig hinzugeben, solang es mir
selbst nicht auch ein heiliger Ernst ist, für mein eigenes
Leben. Nur zielbewußtes eigenes Streben kann sich andern
kräftigend mitteilen. Da habe ich viel Lauheit und Untreue
zu beklagen. Oft genug - vielleicht noch am heutigen Tag? -
war mir äußere Arbeit an andern Seelen größer und lebendiger
als das eigene Sichausräumen für Jesus. Andern predigen ist
leichter als sich für sie heiligen lassen!
Herr Jesus, deine Wirkung ist vorhanden; ich habe sie oft
gespürt. Vergib mir, wo ich versagte und meine persönliche
Schlaffheit deine Kraft zuerst an mir und dadurch zugleich an
andern ausschaltete. Hilf, daß es anders werde! Amen.