Kol 1,26
J.Kroeker
Vom Dienst in Vollmacht.
"Das Geheimnis, das verborgen war vor den Zeitaltern und
Geschlechtern, nun aber geoffenbart ist seinen Heiligen,
denen Gott kund tun wollte, welches der Reichtum von
Herrlichkeit in diesem Geheimnis sei unter den Völkern:
Welcher ist Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit."
Kol. 1,26 f.
Das hatte kein Jude bisher zu hoffen gewagt. Diese
unmittelbare Anteilnahme der Nationen an dem Heil in Christo
und an der Gemeinschaft mit Gott überstieg jedes Maß der
Hoffnung, das man bisher an das Kommen des Reiches Gottes
geknüpft hatte. Wohl hatten die Seher Israels auch für die
Nationen Heil von dem Kommen des Messias erwartet. Aber nur
durch Israel. Nun offenbarte der Auferstandene aber die
ganze Fülle seiner Herrlichkeit unter den Nationen auch
ohne Israel. Er machte das Gesegnet-werden der Nationen
nicht abhängig von dem Gesegnet-sein Israels. Während das
jüdische Volk sich dem Kommen des Reiches Gottes verschloss,
entfaltete es seine Kraft und Herrlichkeit in vollem Umfang
unter den Nationen.
"Christus in uns": das war dem Apostel daher auch das
Fundament für die Hoffnung auf die noch kommenden
Herrlichkeiten. Welche Erwartungen man auch für die Zukunft
hegte, die Garantie für die Erfüllung war Christus. Er in
unserer Mitte und in unserem Herzen, das ist Hoffnung auf
Herrlichkeit. Ist der Erbe unter uns, dann muss uns mit Ihm
auch das Erbe im vollen Umfang werden.
Man hat von Paulus den Eindruck, dass ihm auch hier, wie
so oft in seinen Briefen, die Worte fehlen, um den ganzen
Reichtum seines Christusevangeliums zum Ausdruck zu bringen.
Sein Auge sieht auf dem Boden der Nationen Wirkungen
so überwältigend, sein Ohr hört unter den Gemeinden
Lebensäußerungen so voller göttlicher Schönheit, sein Glaube
sieht gegenwärtige und nahende Herrlichkeiten in solch einem
Umfang, dass er alles das zu äußern nicht vermochte. Es
versagt die Vergänglichkeit, um die Unvergänglichkeit voll
reden zu lassen.
Man kann verstehen, wie Paulus sich daher sehnte, mit seinem
Christusevangelium die ganze Welt zu erfüllen. Er kannte das
Sehnen seiner Zeit. Er hörte das Seufzen der Schöpfung. In
dem Gekreuzigten und Auferstandenen war nun die Quelle
erschienen, die all dies Seufzen und Sehnen stillen könnte.
Da brannte seine Seele von dem Verlangen, dass durch sein
Evangelium dieser Christus der Retter, Herr und König aller
werde, die unter der Gewaltherrschaft der Finsternis und des
Todes nach Erlösung seufzen. So hatte Gott, als die Zeit
erfüllet war, für jene alte Welt einen Paulus, und für das
Mittelalter einen Luther und alle diejenigen, die den Geist
einer neuen Zeit in sich trugen. Wird Gott nicht auch für
unsere arme Zeit wieder Persönlichkeiten geben, die mit ihrem
Christusevangelium den sehnenden Völkern zum Programm werden?