Eph 6,2
C.O.Rosenius
Ehre Vater und Mutter ... auf daß dir's wohlgehe und du
lange lebest auf Erden! Eph. 6, 2 u. 3.
Daß irdisches Wohlergehen mit der Befolgung des vierten
Gebots verknüpft ist, kann teilweise wohl als natürliche
Folge natürlicher Ursachen angesehen werden, ebenso gewiß wie
irdisches Unglück, zeitliche Unruhe und Qual, ja, oftmals ein
früher Tod natürliche Folgen des Ungehorsams gegen dieses
Gebot sind. Wo man nicht gehorchen oder untertänig sein,
sondern jeder herrschen und seinen Willen durchsetzen will,
da muß ja immer Zank und Streit, gegenseitige Feindschaft und
alles daraus folgende Böse entstehen. Laßt uns nur an ein
Haus denken, wo sich Kinder und Diener gegen Eltern und
Hausherren auflehnen und nicht mehr gehorchen wollen, - welch
ein Elend wird daselbst entstehen. Ebenso ist es, wenn in
einem Land sich der Geist der Empörung gegen die Obrigkeit
erhebt. Die Folge davon muß ja sein, daß der eine danach
trachtet, den anderen aus dem Wege zu räumen. Wo man sich
hingegen in bezug auf Eltern und Obrigkeit der Ordnung
des Herrn unterwirft, wo ein jeder nur daran denkt, seine
Pflichten auf dem Platz und in der Stellung, wohin Gott ihn
gesetzt hat, zu erfüllen, da wird auch aller Segen, Friede
und Gedeihen blühen. Wir können also auch einige natürliche
Gründe in dem Umstand sehen, daß irdische Glückseligkeit auf
der Befolgung des vierten Gebots beruht.
Finsterer aber als ein Heide muß ein Mensch sein, der hierin
nichts mehr als nur natürliche Verhältnisse sieht. Es lebt
doch ein Gott unter uns, der den Weg Seiner erschaffenen
Wesen so genau kennt und leitet, daß ohne Seinen Willen nicht
ein Vogel auf die Erde fällt. Wo dieser Gott ein Gebot gab,
an das Er eine bestimmte Verheißung geknüpft hat, die immer
auch eine entsprechende Drohung enthält, da sind nicht mehr
nur natürliche Folgen. Nach dem Beschluß und Urteil Gottes
soll der irdische Segen denen zuteil werden, die Vater
und Mutter recht ehren, dagegen ein besonderer Fluch den
Übertretern dieses Gebotes folgen. Und wer sich ein wenig in
der Welt umsah, hat überzeugende Beispiele und Beweise dafür
gesehen, daß etwas Seltsames, etwas Wundersames, eine
geheimnisvolle Regierung im Schicksal des Menschen
vorherrscht.
Wenn das Wohlergehen eines Menschen im Verhältnis zu seiner
angeborenen Lage oder anderen natürlichen Quellen steht, dann
sieht man nichts Merkwürdiges darin, obwohl dem auch nur
Gottes Fügung zugrunde liegt. Wenn aber z. B. ein weniger
begabtes Menschenkind, das keine natürlichen Gaben besitzt,
womit es sich irdische Glückseligkeit bereiten konnte, nur
durch einen besonderen Segen und eine besondere Führung
Gottes hier im Leben auffallend glücklich wird, während
andererseits begabte Naturen mit allen Fähigkeiten, sich
etwas zu erwerben, entweder von beständigen Unglücksfällen
und Widerwärtigkeiten verfolgt werden oder auch, ohne daß man
solche sehen kann, ihr ganzes Hab und Gut, man weiß nicht
wie, unter den Händen verlieren, dann fängt jedermann an,
etwas Wundersames darin zu sehen und vom Segen oder Fluch
Gottes zu reden. Und wie oft ist es schon offenbar geworden,
daß der Grund zu beiden Fällen allein im Verhalten der so
Betroffenen ihren Eltern gegenüber lag. Es war also eine
Erfüllung der Verheißung des vierten Gebots oder eine
Erfüllung des Urteils Gottes, der unser irdisches Wohlergehen
an das Verhalten den Eltern gegenüber geknüpft hat.
Ein erleuchteter Lehrer äußerte einmal: ,,Still und
geräuschlos geht durch das Schicksal des Menschen ein
unbegreifliches Etwas. Oft scheint es zu verschwinden;
plötzlich aber leuchtet es wieder hervor. Es ist nicht
menschlich, es ist etwas Übernatürliches - es ist der Segen
der Eltern." Ja, wie oft hat man geradezu eine buchstäbliche
Erfüllung der Worte der Schrift gesehen: Ein Auge, das den
Vater verspottet und verachtet, der Mutter zu gehorchen,
das müssen die Raben am Bach aushacken und die jungen Adler
fressen", nämlich, wenn ein aufsässiger Sohn unter die Strafe
harter Gesetze kommt oder auch wegen seiner fortgesetzten
und ausgearteten Bosheit sein Leben auf dem Richtplatz
beschließt. Luther sagt dazu: ,,Das Kind, das der holden
Stimme der Eltern und der Lehrer nicht gehorchen will, soll
dem Henker angehören, der so scharf redet, daß sich das Haupt
vom Rumpfe trennt." Wer nicht Verstand annehmen will, sondern
in frechem Leichtsinn den Rat zärtlich besorgter Eltern,
Lehrer oder anderer im Leben erfahrener Menschen verachtet,
den wird ein allmächtiger Gott wohl zu zügeln verstehen,
allerdings dann in einer wahrscheinlich härteren Weise.
Gott will die Übermacht über den Menschen haben. Nun hat Er
aber die Eltern, Hausherren, Obrigkeit und Lehrer als Seine
Stellvertreter über uns gesetzt. Wollen wir Ihn nicht durch
diese hören, so soll die bittere Not es uns lehren. Es mag
dir gefallen oder nicht, aber Er wird schon Sein Wort in
Erfüllung gehen lassen. Erzeigst du denen Gehorsam und
Ehrfurcht, die Er über dich gesetzt hat, so wird Er dich
reichlich mit allem Guten belohnen. Willst du Ihm aber
hierin nicht gehorchen, so wird Er dich immer irgendwo zu
finden wissen. ,,Weil man aber Gottes Wort und Gebot so gar
verächtlich hält, als hätte es ein Geck geredet", sagt
Luther, ,,so laß auch sehen, ob du der Mann seiest, der es
mit Ihm aufnehmen könnte. Es wäre dir doch besser, Gottes
Huld, Friede und Glück zu haben als Seine Ungnade und
Unglück."
Die Eltern ehre allezeit
Und werde ihre Stütz und Freud',
Daß lange Zeit auf dieser Erd'
Nur Wohlergeh'n zuteil dir werd'.
Gedenke dran!