Eph 4,22
C.O.Rosenius
Legt von euch ab den alten Menschen ... und zieht an den
neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist. Eph. 4, 22 u.
24.
Worin dieser neue Mensch nach Gott geschaffen ist, oder worin
Gottes Bild eigentlich besteht, scheint nicht so leicht
gesagt zu sein. Aber gepriesen sei Gott! Er hat uns einen
Menschen gegeben, der vollkommen das Bild Gottes hatte, so
daß wir auf Ihn blicken und Ihm nachfolgen sollen, ,,den
Menschen Jesus Christus", ,,der der Glanz Seiner Herrlichkeit
und das Ebenbild Seines Wesens ist." Wollen wir Gottes
Ebenbild schauen und sehen, wie wir sein und werden sollen,
dann brauchen wir nur Jesus anzusehen, nicht so, wie Er
Gottes Sohn und Gottes Lamm, unser Versöhner ist, sondern so,
wie Er als Mensch war. So hat Gott uns in unserem Herrn
Jesus Christus nicht nur das vollkommenste und schönste
Vorbild zu betrachten und ihm nachzufolgen gegeben, sondern
auch das uns liebste Vorbild, indem Er auch unsere
Seligkeitshoffnung, unser Heiland und Fürsprecher bei
dem Vater ist.
Der alte Mensch dagegen, der abgelegt, gekreuzigt und getötet
werden soll, besteht in dem ganzen Verderben, das Adams Fall
mit sich brachte. Da ist z. B. der fleischliche Sinn, der
Feindschaft gegen Gott ist, die tiefe Eigenliebe, der
Eigenwille und Eigensinn, durch den man in allen Dingen sich
selbst sucht, sich selbst meint, für sich selbst besorgt ist;
der unendliche Hochmut, der etwas sein will; die Hoffart,
die gesehen und gehört werden will; der tiefe Unglaube mit
allen seinen Auswüchsen wie Verachtung des Wortes Gottes,
Sicherheit im Wohlergehen und Verzweiflung in den
Widerwärtigkeiten, irdische Sorge, Härte und Gleichgültigkeit
gegen Gott und den Nächsten, Unlust zum Wort und zum Gebet,
böse Gedanken, unreine Lüste und Begierden usw. Ferner
allerlei Ausbruchsünden wie verfängliche Rede, fahrlässiger
Wandel, Heuchelei, Lüge, Unredlichkeit, Leichtfertigkeit,
Unzucht, Geiz, Unbarmherzigkeit, Zorn, Haß und andere Sünden
und Laster, die kaum gezählt werden können. So ist das
scheußliche Bild, das abgelegt, gekreuzigt und getötet werden
soll. Wir würden nicht so sicher, so frei, so frech und mit
uns zufrieden sein, wenn wir uns recht damit beschäftigten.
Wir haben hier die Sache vor Augen; jetzt müssen wir sie
nur noch in der Übung haben. Hierüber ist der Wille und
Ratschluß Gottes, ja, die zärtliche Stimme des Wortes und
des Geistes an die Gläubigen folgenden Inhalts: Weil du von
deinen Sünden freigesprochen bist, so daß du dem entgehst, an
die schwerste Besorgnis zu denken, nämlich dich selbst von
deinen Sünden zu befreien, so nimm denn mit Freuden und mit
Dankbarkeit diese leichtere Fürsorge zu Herzen, nämlich Jesu
Fußstapfen zu folgen, nach dem Bild dessen erneuert zu
werden, der dich geliebt, erkauft und befreit hat, Ihm
ähnlich zu sein und dein ganzes Leben lang das zu hassen, was
Er haßt, und das zu lieben, was Er liebt. Weil du nun von
deinen Sündenschulden frei bist und so der Sorge für sie
entgehst, weil du ein Kind Gottes und Christi Bruder oder
Schwester bist, so sei denn wie Er war und wandelte. Er war
innig mit Seinem Vater vereinigt; Er war voller Liebe zu Gott
und den Menschen; Sein Leben und Seine Speise war, den Willen
Seines Vaters zu tun usw. Sei auch du innig mit deinem
himmlischen Vater vereinigt, gehe fleißig und vertraulich mit
Ihm um, laß es auch deine Speise und dein Leben sein, Seinen
Willen zu tun, deinem Nächsten zu dienen, dein Fleisch zu
töten usw. Weil du der Tempel des Heiligen Geistes bist, so
daß derselbe Geist in dir wie in deinem Heiland wohnt, so
vertreibe Ihn nicht, betrübe Ihn nicht durch Ungehorsam gegen
Seine Warnungen, durch verfängliche Worte oder andere Sünden.
Verdirb und verunreinige den Tempel Gottes nicht durch die
Lüste oder Werke des Fleisches, sondern leide lieber alles,
bevor du deinem Gott zuwiderhandeln würdest. Christus
bekannte die Wahrheit, auch als es Ihn das Leben kostete.
Bekenne auch du Ihn, selbst wenn es dich die Achtung der
Menschen, deinen Ruf, ja, dein Leben und Gut kostet.
Christus war um des Wohlgefallens Seines Vaters willen in
jeder Lage zufrieden; sei auch du in deiner Lage zufrieden
und laß deine Unannehmlichkeiten sich in das Wohlgefallen
Gottes verlieren! Christus hat nie leichtsinnig gescherzt,
sondern Er freute sich mit Gottesfurcht; dich, der du Gottes
Kind und Sein Bruder bist, ziert dieselbe Weise am besten.
,,Wer ist", so dürftest du fragen, ,,dazu fähig? Wenn ich
nur dies alles könnte!" Antwort: Daß du es selbst tun
solltest, war nie gemeint, ebensowenig, daß du sogleich
vollkommen werden würdest; sondern fange an, dich danach
auszustrecken und unter diesem Streben gründlich zu lernen,
daß du es nicht kannst und dann genötigt wirst, nach dem
Herrn zu seufzen und zu rufen, der selbst - und in dieser
Weise - das Werk der Heiligung ausführt. Es ist nicht des
Menschen, sondern des Herrn Werk, aber es wird durch die
Kraft des ermahnenden, warnenden und tröstenden Wortes
ausgeführt. ,,Wir sind nicht einmal tüchtig, etwas zu
denken, als von uns selbst." ,,Gott ist es, der in euch
wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen". Was nun nicht
mit dem Worte sowie durch innere Mahnungen und Beweggründe
ausgerichtet werden kann, das tut der Herr mit der Rute, mit
dem Ofen der Trübsal, ,,wo es sein soll" - denn die Rute der
Züchtigung lehrt uns aufs Wort achten. Und die Gläubigen
sprechen von Herzen: ,,Es ist mir alles gleich; brauche Gott,
welche Weise Du willst, wenn Du nur mein Herz gewinnst".
Denn ,,Eins ist not", und ,,ohne Heiligung wird niemand den
Herrn schauen". Halte aber doch in erster Linie diesen Punkt
rein: ,,Mit Seinem Opfer hat Er in Ewigkeit vollendet, die
geheiligt werden."
Herr Jesu, führe mich, solang ich leb' auf Erden;
Laß mich nicht ohne Dich durch mich geführet werden!
Führ ich mich ohne Dich, so werd' ich leicht verführt;
Wenn Du mich aber führst, tu ich, was mir gebührt.