Galaterbrief

Gal 6,8 C.Eichhorn Zwei entgegengesetzte Lebensbetätigungen Wer auf das Fleisch sät, wird vom Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, wird vom Geist das ewige Leben ernten. Gal. 6, 8

Es gibt zwei große Grundrichtungen, zwei entgegengesetzte Lebensauffassungen und zweierlei Lebensführung: auf der einen Seite die Pflege der eigenen Interessen, auf der andern Seite die Förderung der Sache Gottes. Die einen führen ein Verleugnungs-, die andern ein Genußleben. Auf das Fleisch säen, heißt nichts anderes, als seinen selbstsüchtigen Zwecken alles dienstbar machen. Nach dem Zusammenhang dieser Stelle handelt es sich speziell um den Gebrauch des Geldes. Wer in dieser Hinsicht auf das Fleisch sät, speichert entweder das Geld für sich auf, oder er verwendet alles für sein Wohlleben. Auf den Geist säen, heißt darauf bedacht sein, daß der Geist Raum bekommt, daß er Eingang findet im eigenen Leben und im Herzen anderer. Wie dort das Fleisch, so ist hier der Geist der Boden, auf dem sich der Mensch bewegt, wo sich seine Lebensarbeit abspielt, und zugleich das Ziel, auf das sie gerichtet ist. Wer sich dieses höchste Ziel setzt, läßt sich's gern etwas kosten an Zeit, an Kraft und an Geld, daß das Evangelium unter die Leute kommt. Er gibt sich selbst diesem großen Zweck hin und unterstützt die Arbeit anderer. Mission und Evangelisation liegen ihm am Herzen.

Ein Leben, das nur im Dienst der Selbstsucht verbraucht wird, das in irdischen Zielen aufgeht, ist ein verlorenes Leben. Je mehr man den fleischlichen Trieben, der Genußsucht und Ehrsucht Nahrung gibt, desto mehr erstarken sie und wachsen sich aus. Und was ist das Ende? Verderben. Das Fleisch kann uns nichts anderes bringen. Denn es ist nichtig, vergänglich wie Gras und des Grases Blume. Wer ihm frönt, der reift dem Verderben entgegen.

Anders, wer auf den Geist sät! Der Geist hat in sich ewiges, unvergängliches Wesen. Wer sich ihm hingibt und alles daransetzt, daß er im eigenen Innern und bei andern durchdringt und das Regiment bekommt, der erntet das ewige Leben von diesem Geist. Er reift dem Himmel entgegen.

So gesehen ist der Mensch im Grunde seines ewigen Glücks oder Unglücks eigener Schmied. Das ewige Leben ist eine Gabe, aber auch ein Lohn. Es fällt zum einen dem in den Schoß, der an den Heiland gläubig wird. Aber es wird zum anderen auch im heißen Kampf errungen. Daher die Aufforderung: "Ergreife das ewige Leben!" Setze alles daran, es festzuhalten und seiner nicht wieder verlustig zu gehen!

Aussaat ist die Lebenszeit, Ernte folget ihr hernach. So wie ich hier ausgestreut, ist der ewige Ertrag. Hab' aufs Fleisch ich hier gesät, wird die Ernt' Verderben sein; nur wer ganz im Geist besteht, geht zum ew'gen Leben ein.





W.MacDonald »Denn wer für sein eigenes Fleisch sät, wird von dem Fleisch Verderben ernten.« Galater 6,8

Niemand kann sündigen und ungestraft davonkommen. Die Konsequenzen der Sünde sind nicht nur unabwendbar, sie sind auch äußerst bitter. Die Sünde mag anfangs wie ein harmloses Kätzchen aussehen, doch am Ende verschlingt sie gnadenlos wie ein reißender Löwe.

Für den vorgeblich bezaubernden Glanz der Sünde wird weit und breit Reklame gemacht. Selten hört man etwas über die andere Seite der Medaille. Wenige hinterlassen eine Beschreibung ihres Niedergangs und des darauffolgenden Elends.

Einer der brillantesten Schriftsteller Irlands tat es. Er hatte begonnen, sich auf widernatürliche Perversionen einzulassen. Eines führte zum anderen, bis er sich in Prozesse verstrickte und schließlich im Gefängnis landete, wo er folgendes schrieb:

»Die Götter hatten mir fast alles gegeben. Ich hatte Genie, einen bekannten Namen, eine hohe gesellschaftliche Stellung, Brillanz und intellektuelle Kühnheit. Ich machte Kunst zu einer Philosophie, und die Philosophie zu einer Kunst. Ich veränderte das Denken der Menschen und die Farbe der Dinge: Es gab nichts, was ich sagte oder tat, das die Menschen nicht zum Staunen brachte ... Ich behandelte Kunst als die höchste Wirklichkeit und das Leben als eine bloße Form von Dichtung: Ich erweckte die Vorstellungskraft meiner Epoche, so daß sie Mythos und Legende um mich wob: Ich faßte alle Systeme in einem Satz zusammen, und alle Existenz in einem Epigramm.

Doch neben diesen Dingen gab es noch anderes in meinem Leben. Ich ließ mich zu langen Perioden sinnlosen und sinnlichen Wohllebens verlocken. Ich vergnügte mich damit, als ' flaneur' , als Dandy, als Modegeck aufzutreten. Ich umgab mich mit schwächeren Naturen und mittelmäßigen Charakteren. Ich wurde der Verschwender meines eigenes Genies, und es verschaffte mir abartige Freude, eine ewige Jugend zu vergeuden. Gelangweilt von den Höhen des Lebens, begab ich mich bewußt in die Tiefe auf der Suche nach neuen Sinnenkitzeln. Was mir das Paradox auf dem Gebiet des Denkens war, das wurde mir die Perversion auf dem Gebiet der Leidenschaft. Begierde wurde schließlich eine Krankheit, oder ein Wahnsinn, oder beides. Ich wurde rücksichtslos gegenüber dem Leben anderer. Ich pflückte mir Vergnügen, wo es mir beliebte, und ging achtlos weiter. Ich vergaß, daß jede kleine Handlung des Alltags Charakter formt und zerstört, und daß deshalb das , was man im geheimen Gemach getan hat, eines Tages laut von den Dächern gerufen wird ... ich endete in furchtbarer Schande.«

Der Essay, in welchem er obiges Bekenntnis niederschrieb, trägt den treffenden Titel: »De profundis« - »Aus den Tiefen« (Psalm 130).