Gal 5,24
C.O.Rosenius
Welche Christus angehören, die kreuzigen ihr Fleisch samt den
Lüsten und Begierden. Gal. 5, 24.
Dies ist ein beängstigendes, ja, erschreckendes Kapitel für
denjenigen, dessen altes Ich nicht gründlich getötet worden
ist, und der noch nicht ganz in Christus eingehüllt ist,
sondern noch daran denkt, dies alles selber tun zu sollen, um
nicht von denen zu reden, die nicht ,,des Geistes Erstlinge"
haben, sondern nur fleischlich gesinnt sind, was ja
Feindschaft gegen Gott und Sein Gesetz ist. Wir dürfen
deshalb nie vergessen, was zum Teil von dem Grund und dem
Anfang zu dieser Tötung des alten Menschen und zur Entstehung
des neuen Menschen schon gesagt worden ist, nämlich, daß wir
zuerst im Gewissen dem Gesetz getötet und in Christus
freigemacht, froh und selig sein und in Ihm sowohl unsere
Gerechtigkeit als auch unsere Heiligung haben müssen. Sieh,
dies ist der Anfang. Vorher, wenn man wohl erweckt, aber
nicht gläubig und freigemacht ist, ist alles vergebens,
schwer, unmöglich, man ist ein ängstlicher Sklave.
So zeigt auch Paulus, daß wir nicht eher Gott Frucht bringen,
nicht eher im neuen Wesen des Geistes dienen können, als bis
wir zuerst dem Gesetz, das uns gefangenhielt, getötet und
ihm abgestorben sind. Aber sieh, wenn ich im Glauben mit
Paulus sprechen kann: ,,Ich bin durch das Gesetz dem Gesetz
gestorben, auf daß ich Gott lebe", ich habe versucht, das
Gesetz zu erfüllen, aber ich bin zuschanden geworden, ich
wurde mehr und mehr verdammt, ratlos, ohnmächtig, hilflos,
verlegen, ,,ich starb"; aber alles, was ich suchte, das fand
ich in einem anderen, in Christus, in Ihm bin ich gerecht,
rein und selig, Er ist meine Gerechtigkeit. Ja, noch mehr:
Ich dachte später, daß es meine Sache sei, mich zu heiligen,
und ich versuchte, viel dafür zu tun; ich sollte glauben, ich
sollte beten, ich sollte streiten, und ich machte dies alles
zu meiner eigenen Sorge, meiner eigenen Arbeit; aber auch
dieses schlug fehl, ich vermochte nichts. Ich konnte nicht
glauben, nicht beten, ja, ich ,,war nicht einmal tüchtig,
etwas zu denken", nicht mehr, als mein Herr für jede Stunde
in mir wirkte. Da merkte ich, daß auch meine Heiligung des
Herrn freie Gnade und Gabe ist, und ich wurde ein Nichts,
,,ich starb". ,,Ich lebe aber; doch nun nicht ich, sondern
Christus lebt in mir. Denn was ich jetzt lebe im Fleisch,
das lebe ich in dem Glauben des Sohnes Gottes, der mich
geliebt und sich selbst für mich dargegeben hat". - Sieh,
wenn Christus in dieser Weise sowohl meine Gerechtigkeit als
auch meine Heiligung wird, und wenn ich in allen Dingen jede
Stunde von Ihm abhänge, dann und erst dann wird es ernst mit
meiner Heiligung und der Tötung meines alten Menschen; dann
werden nicht nur seine Ausbrüche gehemmt, sondern dann wird
das Innerste getötet und das Herz und das Leben selbst
zunichtegemacht, nämlich diese tiefe, unendliche Selbstsucht,
Seibsteinbildung und Eigenliebe.
Unter dem alten Menschen versteht man alles Böse, das uns
von Natur als Erbe von Adam angeboren ist. Zuerst und am
wesentlichsten gehören dazu die ebengenannte Selbstsucht,
die Eigenliebe und Selbsteinbildung. Denn dazu legte die
Schlange einen besonderen Samen ins Herz, als sie zu unseren
ersten Eltern sagte: ,,Ihr werdet sein wie Gott." Aus dieser
Quelle fließt eine gräßliche Sündenflut in alle Kräfte der
Natur; sie zeigt sich in Gesinnung, Begierden, Worten und
Werken, wie z. B. in Hochmut, Gottlosigkeit, Sicherheit,
Unglauben, Ungehorsam und Mutwillen, in Trägheit, Wollust,
Unreinigkeit, Hoffart, Zorn, Ungeduld, Bosheit, Haß, Neid,
Geiz, Falschheit, Lüge, in Verleumdung und noch vielen
anderen Sünden und Untugenden. So sieht der alte Mensch aus.
Der neue Mensch dagegen, der in uns entstehen und wachsen
soll, ist das neue Wesen, das vom Heiligen Geist durch den
Glauben im Herzen geboren wird - er ist eigentlich eine
Teilhaftigkeit der göttlichen Natur - und zeigt sich bei uns
in einem neuen Kindesverhältnis zu Gott, in Kindeszuversicht,
Liebe, Milde, Demut, Gottesfurcht und Abscheu vor der Sünde,
Liebe zum Gesetz Gottes, zur Heiligkeit, zur Gerechtigkeit,
zur Entsagung, zu einem unbefleckten Lebenswandel, zur
Sanftmut, Geduld und Aufrichtigkeit usw., was wir vor allem
in ganzer Vollkommenheit an Christus sehen können, der
,,das Ebenbild des Wesens Gottes" war. Was nun diesen neuen
Menschen in uns betrifft, so ist das Kind zwar klein, das
eben geboren ist, dennoch aber heilig und Gott wohlgefällig,
gleichwie Jesus, als Er in der Krippe lag, auch klein und
unansehnlich, aber doch Gottes Sohn, vom Heiligen Geist
empfangen, teuer und geliebt vor Gott, vor den Engeln und
den Menschen war. Und gleichwie dieses heilige Kind inmitten
eines sündigen Nazareth erzogen wurde und zunahm an Weisheit,
Alter und Gnade bei Gott und den Menschen, ja, endlich unter
vielen Kämpfen, Leiden und Versuchungen dem Ziele Seines
Lebens entgegenging, so soll auch der neue Mensch in uns,
Christus in uns, umgeben von den Überresten des alten Adams,
von den Versuchungen der Welt und der bösen Geister, erzogen
werden und an Gnade zunehmen, bis Christus mehr und mehr in
uns allein wirksam und tätig, mehr und mehr unser Alles in
Allem wird, während der alte Mensch ans Kreuz geheftet und
mehr und mehr abgemattet, erstickt und getötet wird.
Jesu, stärke Deine Kinder
Und mach aus ihnen Überwinder,
Die du erkauft mit Deinem Blut.
Schaffe in uns neues Leben,
Daß wir uns bald zu Dir erheben,
Wenn uns entfallen will der Mut.
Gott Lob, wir sind versöhnt!
Daß uns die Welt noch höhnt,
Währt nicht lange.
In Ewigkeit ist uns bereit
Die Krone der Gerechtigkeit.